Am 19.04.23 um 14:03 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb:


Am 19.04.2023 um 01:50 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Soweit nun auch meine Vorstellung bzw. Interpretation eines emergent synergistisch geformten „Gemeinsamkeitsraumes“ und sofern diese zutreffend ist, ergibt sich die Frage, ob dieser jemals mit weiteren - ggf. auch extraterrestrischen - Gemeinsamkeitsräumen konvergieren wird. 

Für mein Teil beantworte ich diese Frage mit einem klaren Ja  und mehr noch: Diese Konvergenz ist teleologisch angelegt, wie Teilhard de Chardin es formuliert hat.


Moin Karl, 

jetzt outest Du Dich auch noch als Jünger eines Jesuiten!? Diese Eiferer habe ich aus dem wissenschaftsgeschichtlichen Seminar zur Aufklärung als geradezu verhasst in Erinnerung behalten. Hoffentlich beeinträchtigt das nicht meine zumeist heitere Gelassenheit. So wie die Klassiker vom göttlichen Äther phantasiert de Chardin ja von einer Noosphäre. Wie gut, dass es GHOSTBUSTERS gibt, wie bspw. Dawkins. Gegen seinen GOTTESWAHN hat Sheldrake seinen WISSENSCHAFTSWAHN in Stellung gebracht. Wie sollten die beiden in einem emergent synergistisch geformten „Gemeinsamkeitsraum“ sogar noch mit Aliens konvergieren können? Das könnte Stoff für Romanciers, aber schwerlich für Philosophen sein.


Warum sollte ich ein Jünger des Teilhard de Chardin sein, wo ich ihn schlichtweg nur im Zusammenhang mit Konvergenz genannt habe. Und Jesuiten als verhasste Eiferer zu sehen, könnte allenfalls auf Deine Jüngerschaft bei den Skeptikern mit deren Leitfigur Richard Dawkins schließen lassen. Als pure Mechanisten scheinen sie sich geradewegs selbst, von unseligen Geistern getrieben, auf alles mit Ingrimm zu stürzen, was nicht anfassbar, nicht zähl- und berechenbar, schlicht mit eingeschränkter Perspektive nicht zu sehen ist.

Was die Jesuiten anbelangt, waren diese - selbst von der Amtskirche kritisch gesehen oder sogar geschmäht und verfolgt – herausragende Beförderer des europäischen Bildungswesens. Durch ihre interdisziplinäre Ausbildung insbes. auch in Mathematik, Logik, Physik, Philosophie aber natürlich auch Theologie, standen sie oft im Disput mit den kanonischen Auslegungen der Bibel. In dieser Hinsicht könnte man sie geradewegs ebenso als Skeptiker dieser Epoche bezeichnen.

Nun hat es schlichtweg keinen Sinn, sich mit Leuten Deiner Weltsicht über derartige Themen auszutauschen und so ist es überhaupt schwierig hier Themen zu erörtern bzw. zu diskutieren, die naturgemäß immer auch in den Bereich der Metaphysik oder gar der Religion hineinreichen. Aber – wie oft schon gesagt – schreibe ich hier in philweb nicht nur im Dialog mit einzelnen Teilnehmenden, sondern auch für die Gemeinschaft des Forums; ansonsten wir uns gleich nur jeweils in Privatmails austauschen könnten/sollten.

Um nochmal zur Konvergenz zu kommen, in diesem Fall auf Teilhards Punkt Omega (als Zentrum kosmischer Konvergenz), möchte ich für jene hier im Forum, die sich nicht an Religion stören, seine Kernaussage zitieren:

„Wenn der Punkt Omega nicht von Natur erhaben wäre über Zeit und Raum, die er in sich sammelt, so wäre er nicht Omega. Eigengesetzlichkeit, allgegenwärtiges Wirken, Irreversibilität und schließlich Transzendenz: das sind die vier Attribute von Omega. […] Omega, das ewig Eine ... Der „Punkt Omega“ ist Ziel, Richtung und Motor der Evolution. (Teilhard de Chardin: „Der Mensch im Kosmos“)

Und ebenso nochmal zu den Jesuiten: Auch heute noch führen Jesuiten Bildungseinrichtungen, aus denen Absolventen kommen, die auf ihre interdisziplinäre Ausbildung aufbauen können und damit nach wie vor eine Stütze der Gesellschaft sind.

Das Heil des Lebens liegt nicht unbedingt nur im gelebten Atheismus, zudem wir dieser dann unheilvoll, wenn dessen Anhänger - ganz in Art von Eiferern - sich anmaßen, in überheblicher Art Andersdenkende herabzuwürdigen.


KJ


PS: Grundsätzlich ist nachfolgender Aussage nichts entgegen zu setzen.

Doch warum sollte das Prinzip von systemisch synergistischer Emergenz  durch das der Stochastik  ersetzt sein, wo alles (kosmische) Leben zwar aus einem Zufall, nämlich einer winzigen Symmetriebrechung erwächst, sich aber dann als prozessuale Kausalrelata von Ereignissen durchaus zielgerichtet weiterentwickelt?



Ich hatte die Mathematik bereits als Geist des Universums überhöht und so könnte sie auch für die Noosphäre herhalten, allerdings so wenig teleologisch wie emergent synergistisch, vielmehr stochastisch und synergetisch synergistisch. In der Mathematik haben wir immerhin eine Gemeinsamkeit, an der sich sogar Aliens beteiligen könnten. In mechanistischen Formalismen sind gemäß Prinzip der kleinsten Wirkung Ziel- und Wirkursachen als äquivalent nachweisbar. Aber wie weit gilt das (mathematisch und nicht nur metaphorisch) darüber hinaus? Und warum sollte es darüber hinaus gelten? Damit das bloß menschliche Handlungsschema mehr als nur metaphorisch der Noosphäre übergestülpt werden kann? 

IT



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