Am 10.12.2025 um 11:11 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Inspiriert durch Wittgenstein haben der Philosoph Covoni und der Physiker Rovelli einen "Tractatus Quanticum“ verfasst: …
Zum Ende des Jahres hin bin ich hier offensichtlich zum Alleinunterhalter bzw. -langweiler geworden. Dabei endet das Quantenjahr nicht nur mit dem "Tractatus Quanticum“, sondern auch mit einer viel interessanteren Arbeit zum Ursprung der molekularen Händigkeit in Lebewesen — als makroskopischem Quanteneffekt: "Chirality-Induced Orbital Selectivity through Linear-Orbital Coupling“ aus dem Institut für Theoretische Physik der Uni Ulm. Darin wird gezeigt, wie die Händigkeit der Biomoleküle aus dem spinabhängigen Elekronentransport in ihnen hervorgehen und die Quanten-Biophysik zur Grundlage der Biologie werden könnte.
An den frühen Nachweis eines makroskopischen Quanteneffekts hatte ja schon das Nobelkomitee in diesem Jahr erinnert, in dem es die Urheber der Quantenelektronik ehrte. Das Abenteuer begann um 1980 mit Arbeiten von Antony Leggett, der 1978 vorgeschlagen hatte, die Anwendbarkeit der Quantentheorie auf die makroskopische Phasendifferenz in einem Josephson-Kontakt zu untersuchen: "Influence of Dissipation on Quantum Tunneling in Macroscopic Systems“. Dabei stehen Teilchenzahl (Cooper-Paare) und Phase in einem ähnlichen Unschärfeverhältnis wie Ort und Impuls eines Teilchens, woraus sich eine interessante Analogie zwischen elektrischen und mechanischen Größen ergibt. Es entsprechen sich Ort und Phase, Masse und Kapazität, Impuls und Ladung, Kraft und Strom zwischen mechanischen Teilchengrößen im Potential und elektrischen Größen im Josephson-Kontakt.
Quanten- und Lebenswelt überlappen sich in den Lebens- und Technikgrundlagen gleichermaßen. Aber wie sieht es mit den Horizonterweiterungen ins Weltall aus? Welche Quantenprozesse bei der Entstehung des Universums eine Rolle spielten, ist trotz vielversprechender Ansätze eine noch offene Frage. Der Ansatz Valenkins nimmt 1984 ein Quantentunneln buchstäblich aus dem Nichts an: CREATION OF UNIVERSES FROM NOTHING. Um Mikro- und Makrokosmos zu überlappen, wächst das sphärische Universum aus der fluktuierenden Vakuum-Energiedichte kontinuierlich auf die Größe an, die mindestens erforderlich ist, um den Einstein-Gleichungen zu gehorchen. Eine Entstehung aus dem „Nichts“ ist das natürlich nicht, aber warum wird es so umschrieben?
Ebenso wie die Händigkeit aus der Perspektive der Lebewesen aus dem „Nichts" zu kommen scheint, ist es die Gravitation, wenn sie aus der 5. Dimension wirkend angenommen oder ein Universum, das aus den Vakuumfluktuationen heraus zu verstehen versucht wird. Das „Nichts“ oder die „Leere“ kann dabei als abstrahiert bezüglich äquivalenter Gefäße, Schalen oder Formen gedacht werden, die leer sind bzw. in denen nichts ist. Hinsichtlich der makroskopischen Form in der Quantenkosmologie können die Einstein-Gleichungen herhalten, bzgl. derer die aus den Vakuumfluktuationen herausgetunnelten Quanten aus dem „Nichts“ zu kommen scheinen.
IT