Am 24.03.2023 um 22:19 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Ich sollte doch wirklich hier nicht noch einmal darlegen müssen, dass „Meta“, vom Griechischen abgeleitet, für ein „danach“ steht, und somit - auf Philosophie bezogen - eben die hinter bzw. jenseits der erkennbaren, messbaren Natur aufscheinenden Phänomene als Metaphysik benennt und behandelt.



Moin Karl, 

wir hatten uns ja zunächst auf Aristoteles und seine Metaphysik bezogen. Ich hatte dann mit dem „nachmetaphysischen Zeitalter“ ironisch auf Habermas verwiesen, der ja gegen den metaphysischen Naturalismus die Lebenswelt Husserls ins Spiel brachte. Den Lebensweltbezug haben die meth. Konstr. allerdings wesentlich genauer einzulösen vermocht und mit Janich bis in die kulturalistische Wende geführt.    

Demgegenüber wird Dir womöglich die wieder an Aristoteles anknüpfende Metaphysik des Hans Wehrli zusagen, der „die Chiralität als Grundprinzip der Physik“ ansieht. Ich hatte sein Buch vor einigen Jahren einmal überflogen, da die Chiralität oder Händigkeit ja in der Natur wie im Menschen eine interessante Rolle spielt. Ein Prinziptheoretiker war ja auch Einstein und insofern mathematischer Metaphysiker. Jetzt wäre die Händigkeit noch mit dem Handschlag zusammenzubringen. 

Was ich mit nachmetaphysisch meine, ist das Überwinden der literarischen Philosophie, die dem Wortaberglauben frönt und sich in Begriffsgymnastik übt. Ich hadere schon mit dem Strukturrealismus, da verwerfe ich den Begriffsrealismus allemal. Eine literarisch phantasierende Philosophie, die ihren Bezug zum Alltag wie der Wissenschaft verliert, langweilt mich. Da greife ich lieber gleich zur Literatur.   

Da selbstredend viele dieser Phänomene nach wie vor nicht erklärbar sind, befinden wir uns keinesfalls in einem „nachmetaphysischen Zeitalter“, sondern es gilt uneingeschränkt, die weiterhin hinter der derzeit bekannten Faktizität der Physik verborgenen Rätsel zu entschlüsseln, so z.B. das Phänomen der gravitativen Wechselwirkung im Kontext der Quantentheorie. 



Die in der Physik verborgenen Rätsel werden mathematisch oder experimentell gelöst werden und so sehe ich das auch für die Philosophie, wenn sie um mathematische und empirische Verfahren bereichert wird. Die Umgangssprache ist reich an Scheinproblemen, von denen sich Philosophen nicht mehr in die Irre führen lassen sollten. 

Im Streit um die Abkehr von der Metaphysik zwischen Habermas und Henrich ging es um ein Verständnis von Philosophie als „umfassende Erklärung des Wirklichen im Ganzen“. Wie aber soll ein unverständliches Anliegen beantwortet werden können? Und was ist von Henrichs „Suche nach der Begründung von schlechtweg grundlegenden Annahmen“ zu halten? Ohne bewiesene Mathematik und funktionierende Technik in der Lebenspraxis bleibt die Philosophie mit ihrem Gerede oder Geschreibe lebensfern abgehoben. Immerhin räumt Henrich Selbstkonsistenz ein: „Das Letzte ist nicht nur allein in Gedanken zu fassen. Es ist auch mit den Gedanken, die es fassen, selbst wesentlich verbunden.“ 

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