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Am 25.11.2024 um 10:01 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


Moin Karl, 

es geht mir nicht um Wortklauberei, sondern philosophisch um das Verständnis von Wissenschaft, um Wissenschafts- und Literaturtheorie im Kontext der Zeit (siehe Betreff). In den Ingenieur- und Naturwissenschaften wird Mathematik in der Regel in Extrakursen gelehrt bspw. in Mathe für Ingenieure oder Physiker. Zu meiner Zeit konnten Physik-Studis  die Kurse auch bei den Mathematikern belegen.

So habe ich das auch gemacht und mich am Beispiel des Mathe-Profs erfreut, der die Ortskurve einer Fliege vom Fenster zur Türklinke in eine Formel packte, Mathe kann durchaus unterhaltsam sein, bisweilen amüsant - jedenfalls solange, bis in der Klausur die Zeit(sic!) nahezu abgelaufen war und von 4 Mammutaufgaben (unterteilt von a bis n) lediglich zwei gelöst waren. Alles schon erlebt. So auch die Tricks der Profs, wenn grosszügig programmierbare Taschenrechner zwar erlaubt waren, diese jedoch schlicht nicht für die Lösung von Aufgaben einzusetzen waren. Damals war noch nix mit Eingaben von Buchstabengleichungen in z.B. HP-70 mit RPN (der mit den einschiebbaren Magnetkärtchen).




Aber grundsätzlich ist Mathematik primär keine Hilfswissenschaft, sie wird lediglich, wie viele andere Wissenschaften auch, sekundär als eine solche häufig benutzt. 


Mit Bezug auf den hohen integralen Anteil von Mathematik in benannten Fächern NT/IT ist die zumeist übliche Benennung von Mathematik als Hilfswissenschaft tatsächlich nicht angebracht. Letztlich spielt die umgangssprachliche Zuschreibung keine Rolle, da für den Laien nicht relevant und Fachleute wissen um die Bedeutung von Mathematik.  Nur eben ist sie nicht „das Maß aller Dinge“, wenngleich hervorragend geeignet, Welt und Kosmos zu vermessen.


Und so komme ich zur Zweckrationalität. Du hattest ingenieurmäßig Geräte und Algorithmen erstellt und dabei auch andere Wissenschaften und Technologien benutzt. Gerätebau oder Reparatur sind zweckgebunden im Wirtschaftssystem hierzulande. Wir hatten hier ja einmal Algorithmen für den Saugroboter behandelt. Ein anderes Beispiel wäre die Wärmepumpe, bei der es sich um angewandte Physik handelt. Technische Informatik und -Thermodynamik gehören in die Ingenieurwissenschaften, Informatik und Physik genügen sich aber bereits selbst, da ihre Zwecke andere sind. 

Selbstgenügsam oder selbstorganisierend (wie Waldemar es sagen könnte). Der Weg zu letztem ist nicht mehr weit, resp. mit KI schon beschritten. Meine Frau hat schon vor vielen Jahren KI gestützte Computerprogramme geschrieben in Zusammenarbeit und der Initiative eines promovierten, habilitierten Kernphysikers der hiesigen TU. Damals ist er von einigen Kollegen hinter vorgehaltener Hand mit einigem Unverständnis und auch Missfallen „gemobbt“ worden (wie man das heute nennt), aber eigentlich war es purer Neid und Unvermögen, seinen revolutionären Ideen zu folgen. Wir saßen Tür an Tür und wenn er Lust auf ein Schwätzchen hatte, klopfte er an die Wand. Dann diskutierten wir über Philosophie und natürlich auch über KI, die damals vornehmlich noch ausschließlich auf Erfahrungs-/Expertenwissen basierte. 


Wenn sich KI künftig selbstorganisierend weiterentwickelt, mit welchen Algorithmen auch immer, könnte es für uns Menschlein eng werden. Denn nicht nur ist Intelligenz das Vermögen zur Lösung von Problemen, sondern potentiell auch zur deren Schaffung.


Aus ist‘s erst mal mit philosophischem Schwätzchen hier, die schnöde Arbeit ruft: „IF I Only Had Time" 


KJ 


PS: more to come