Am 11. Juli 2024 22:44:57 MESZ schrieb "Landkammer, Joachim über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:
>Lieber Claus,
>wieso willst du die Einschränkung machen „nur im Sinn von ‚sprachlich verboten‘“? Ich hätte gesagt: wenn das „Tauziehen“ eines von gleich starken Motiven ist, zwischen denen auf rationale Weise entschieden werden muß (und Rationalität kommt ja gerade dann ins Spiel, wenn es keine emotionalen Neigungspräferenzen gibt: der Esel ist ja nie schlauer/logischer/intelligenter als genau dann, wenn er sich ganz präzise überlegt, welchen Heuhaufen von den beiden identischen er jetzt fressen soll!), dann folgt zwingend Indezision, Unbeweglichkeit, Stillstand. Oder mit dem Saugroboter: solange das eine kybernetisch „triviale Maschine“ ist (wie mein billiges Ding), bleibt sie stecken. Und logische Schlüsse SIND „trivial“, weil sie ungeschichtlich sind, also: nicht lernen (nicht auf „Fluktuationen“ regieren, mit Ingo).
Man kann in Kenntnis der Motivlage eines Menschen zwar oft mit an Sicherheit grenzender aber eben nur daran grenzender Wahrscheinlichkeit vermuten, was er tun wird, aber woher soll man es ohne prophetische Fähigkeiten wissen? Die Handlung ist nicht schon in den Umständen enthalten, so wie der Schluss in den Voraussetzungen und Umformungsregeln. Oder?
Nun könnte man aber auf die Idee kommen, dass man doch immer und prinzipiell ausnahmslos dem stärksten Motiv folgt, wenn man als stärkstes Motiv dasjenige bezeichnet, dem man gefolgt ist. Aber wäre das nicht nur ein missverstandener analytischer Satz, eine Worterläuterung im Ton einer Tatsachenfeststellung? Die Handlung zeigt, wie die Motive priorisiert wurden. Das klingt doch schon nicht mehr so, als ob man von ihnen wehrlos über den Tisch gezogen würde. Oder mit gleicher Kraft in entgegengesetzte Richtungen, so dass die Kräfte sich in ihrem Objekt neutralisieren.
Aber es könnte Fälle geben, in denen man nicht weiss, was man will.
>Außerdem aber: ich glaube nicht, daß man das Zenon-Paradox dadurch aus der Welt kriegt, daß man sagt, die Strecke darf nicht halbiert werden.
>Der Witz scheint mir doch zu sein: ich kann folgende „wahren“ Sätze formulieren:
>1) Bevor der Pfeil von Punkt A nach Punkt B kommt, muß er die Hälfte der Strecke überwinden.
>2) Wenn er die Hälfte der Strecke überwunden hat, fehlt ihm noch eine Hälfte. Er ist also noch nicht am Ziel angekommen.
>3) Bevor der die Hälfte der Strecke zurückgelegt hat, muß er das Viertel der Strecke überwinden.
>4) Wenn er das Vierteil überwunden hat, fehlt ihm noch ein Viertel zur Hälfte. Er ist also noch nicht bei der Hälfte angekommen.
>usw. usw. in Zweierpotenzen…
>Also: er bewegt sich gar nicht.
>Die Frage ist: in welchem Satz/Ausdruck/Beschreibungsmodus steckt der Fehler?
Der Haken an dieser Methode ist doch, dass man sich bei jedem Schritt verbietet, bei B anzukommen. Dann sollte man sich über das Ergebnis auch nicht wundern. Endlose Teilungsmöglichkeit bedeutet nicht unendlich viele notwendige Schritte. In einem Schritt, zwei oder drei oder jeder bestimmten Anzahl von Schritten wäre es ja kein Problem.
>
>(Und ich hatte tatsächlich ernsthaft gefragt, wie wir zu Buridan gekommen waren, weil ich es nicht mehr wußte. Hier wird doch nichts „bis ins Grab nachgetragen“, warum so aggressiv?)
Also hörmal, habe ich vielleicht ernsthaft angenommen, dass du mir Verunglimpfung unterstellen würdest?
>Ciao
>Joachim
>
>Von: Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>
>Gesendet: Donnerstag, 11. Juli 2024 21:12
>An: philweb <philweb@lists.philo.at>
>Cc: Claus Zimmermann <mail@clauszimmermann.de>
>Betreff: [PhilWeb] Re: Der Tod der Wahrheit (hjn)
>
>Stimmt schon, die näherliegende Analogie zu Buridans Esel ist wohl die zu einem inneren Tauziehen, bei dem es zu einem Gleichgewicht der Kräfte kommt. Ich hatte das Verhältnis von logischer Voraussetzung und Schluss ins Spiel gebracht, weil sich der Schluss bei korrekter Anwendung der Regeln wirklich zwingend aus der Voraussetzung ergibt oder besser gesagt schon in ihr enthalten ist. Was bri einem Tauziehen herauskommt, kann man dagegen nicht vorher wissen. Das eine ist ergebnisoffen und tatsächlich empirisch, das andere nicht.
>
>Aber wie gesagt haben Motive natürlich etwas mit unseren Handlungen, zu tun, sonst wären sie ja keine. Dass eine konkrete physikalische Ursache etwas mit einer bestimmten Wirkung zu tun hat, kann man ihr dagegen nicht ansehen, sondern erkennt es durch Beobachtung am regelmässigen Aufeinanderfolgen (z.B. bei klinischen Studien der Wirksamkeit und Unschädlichkeit von Medikamenten) - regelmässig aber nicht im Sinn einer Vorschrift wie in der Logik.
>
>Widerstreitende Motive kann man unter diesen Vorbehalten mit einem inneren Tauziehen vergleichen. Wie beurteilt man dann, welches Motiv das stärkste war?
>Nach Grösse und Entfernung der Heuhaufen? Dann ist es sehr wohl eine empirische Frage, wie sich der Esel verhalten wird.
>Oder danach, was er tut? So drücken wir uns tatsächlich aus: das ausschlaggebende Motiv nennen wir das stärkste. Bei Buridans Esel wäre es die Selbsterhaltung. Und wenn jemand, zwischen zwei Motiven hin- und hergerissen, gar nichts tut (was man sich in einem weniger konstruierten Beispiel vorstellen könnte, wenn er sich damit nicht selbst gefährden würde), würden wir von gleich starken Motiven reden. Dann wäre es allerdings ausgeschlossen, wenn auch nur im Sinn von "sprachlich verboten", dass er sich bei gleich starken widerstreitenden Motiven bewegen würde.
>
>Immerhin können wir uns im Gegensatz zu einem blossen Naturgeschehen etwas vornehmen und uns in Grenzen selbst steuern.
>
>Wie waren wir darauf gekommen? Du hattest beanstandet, dass IT Glauben auf eine Veranlagung zurückgeführt hatte und das für eine Erklärung hielt.
>Ich hatte mich doch schon dafür entschuldigt, auf den Beitrag nur teilweise eingegangen zu sein, weiss aber natürlich, dass einem sowas hier bis ins Grab nachgetragen wird.
>
>Zu Zenos Paradoxon hatte jemand, ich glaube der Kollege RF, mal geschrieben:
>
>>Das Paradox ergibt sich im Wesentlichen aus der Teilbarkeit einer
>>Strecke. Wenn der Pfeil die hälfte der Strecke zurückgelegt hat, dann
>>hat er die andere Hälfte noch vor sich. Wenn er aber die Hälfte dieser
>>Strecke zurücklegt, dann bleibt ihn wieder eine Hälfte und so weiter.
>>Weil man immer kleiner teilen kann, so die Idee, kann er sein Ziel
>>eigentlich niemals erreichen.
>>
>
>Ich hatte mir später dazu notiert:
>
>Wenn man die zweite Hälfte immer nur halbiert, statt sie komplett zurückzulegen - wie soll man denn da jemals ankommen?
>Ich kann darin nichts paradoxes finden. Das Gegenteil wäre es.
>
>Claus
>
>Am 11. Juli 2024 09:04:44 MESZ schrieb "Landkammer, Joachim über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>:
>Zu Buridans Esel vielleicht noch: ich hab den Status dieses Gedankenexperiments immer analog zu Zenons Paradoxien verstanden. Natürlich wird der gute alte common sense immer sagen: Achilles überholt die Schildkröte sofort, aber wenn man fragt warum, wie muß ich das begrifflich beschreiben, was ist genau falsch an den Begriffen, mit denen ich „beweisen“ kann, daß er sie nie überholt, das ist dann ja vielleicht doch eine (philosophische) Herausforderung. Beim Esel wird man sich dann eben vorstellen müssen, daß er tatsächlich ganz genau in der Mitte zwischen zwei exakt identischen „Attraktoren“ steht (es gibt doch bestimmte physikalisch Gegenstände, die man gleichermaßen in einem gut austarierten magnetischen Kraftfeld „schweben“ lassen kann, oder?), und dann wird man in der Tat sagen müssen: wenn es wirklich keinerlei Veranlassung für eine Präferenz gibt (bzw. wenn jede etwaige Präferenz sofort annulliert wird durch die identisch-konträre Gegen-Präferenz), dann verhungert der Esel. Er ist zur absoluten Stasis verdammt, er weiß nicht, was er tun soll, also kann er auch nichts tun, und wird nichts tun.
>Das hat mit experimenteller Überprüfung und Empirie nichts zu tun, weil natürlich ein solcher absoluter Gleichgewichtszustand nicht herzustellen ist (der ist nur „denkbar“), und weil natürlich gerade der Schluß schon wegen der Energie-Entropie nicht stimmt: ein „verhungernder“ Esel wird per Eigengewicht aus dem Balance-Zustand fallen, d.h. er wird dadurch einem der beiden Heuhaufen näher kommen als dem anderen, und sofort wieder „wissen“, was (und daß) er fressen muß… Aber im perfekten Gleichgewichtszustand ist er „gelähmt“.
>Und vielleicht ist das ein Sinnbild für alle „Entscheidungen“: die fallen nie durch genaues Abwägen zwischen wirklich exakt austarierten, identisch und balanciert zu wertenden Alternativen, sondern sie „fallen“ eben, weil man IN sie „fällt“, nur durch Übermüdung, Energieverlust, Zufall. Das stabile Magnetfeld des Ja/Nein-Gleichgewichts läßt uns plötzlich irgendwann los und wir taumeln halt in eine der beiden Richtungen (und sagen dann großmäulig, wir „hätten entschieden“…).
>Aber wofür war das jetzt nochmal ein Argument?
>J. Landkammer
>
>
>Von: Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>
>Gesendet: Mittwoch, 10. Juli 2024 03:32
>An: philweb <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>
>Cc: Claus Zimmermann <mail@clauszimmermann.de<
mailto:mail@clauszimmermann.de>>
>Betreff: [PhilWeb] Re: Der Tod der Wahrheit (hjn)
>
>
>
>Am 9. Juli 2024 18:17:26 MESZ schrieb "Landkammer, Joachim über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>:
>>Lieber Herr Tessmann,
>>darf ich zunächst mal rein „philologisch“ etwas pingelig sein/werden? Irgendwas stimmt mit dem englischen Zitat nicht, der Satz, der mit „To distinguish“ beginnt, funktioniert grammatikalisch doch nicht ganz, oder? Ich hab das bißchen recherchiert, finde aber bis jetzt nur, daß der Text offenbar aus Justin L. Barretts Aufsatz „Exploring Religion`s Basement: The Cognitive Sciene of Religion“ stammt, den man (u.a.?) im „Handbook of the Psychology of Religion and Spirituality“, und zwar leider in dessen ZWEITER Auflage (ich finde nur die erste von 2006, in der der Aufsatz nicht drin ist) von 2013. Dort aber (und ich habe nur eine blöde Google-Books-Vorschau) geht dieser Satz aber etwas anders weiter, v.a.: Barrett nennt dort seine HADD-Benennung selbst „clumsy“ (plump, unbeholfen, ungeschickt, tollpatschig), was ja diese Experten-Fachsprachen-Aura, mit der Sie diese Kategorien hier präsentieren, etwas relativieren dürfte.
>>Mich würde jedenfalls zunächst der Originaltext in vollständiger und richtiger Gestalt von Barrett interessieren, haben Sie da ein pdf oder was frei Herunterladbares für mich? Davon unabhängig (und vielleicht daher etwas voreilig) würde ich allerdings vermuten, daß Religionspsychologie uns hier (wie bei anderen genuin „philosophischen“ Problemen, Sie kennen die Geschichte des philosophischen Psychologie-Bashings spätestens seit Husserl) kaum weiterhilft, weil sie ja immer dazu tendiert, zu jeder menschlichen Handlungs- und Verhaltensweise flugs ein entsprechendes Syndrom, eine Tendenz, eine menschlich/allzumenschliche Neigung auszumachen, und damit die Sache für „erklärt“ zu erklären: für die Liebe gibt’s die Libido, für den Haß den Todestrieb, für Diebstahl und Neid das Besitzsyndrom, für das Niesen den Niesreiz, für jede optische Täuschung die entsprechenden „Eigen“-Aktivitäten des Auges, das sich zurecht“sieht“, was gar nicht da ist. Und jetzt eben auch eine „Agency Detection Device“ für die Annahme übernatürlicher Einwirkungen. Alles sehr schön – nur: so what? Welchen Status haben solche Erklärungen? Was „erklären“ sie wirklich? Haben sie nicht genau zuallererst die pseudo-epistemologische Funktion, die Sie am Ende selbst andeuten, wenn Sie rhetorisch fragen: „können wir es nicht dabei belassen“? Genau darum scheint es tatsächlich zu gehen: wir haben ein „Device“ identifiziert, hervorragend, fertig, dabei „belassen“ wir es jetzt. Psychologismen sind eben, hier wie anderswo, nichts anders als pseudo-erklärende Stop-Argumente, reduktionistische Schubladen-Verschließ-Einfälle: rein damit mit der Frage, und zumachen. Nächstes Problem her, nächstes Paper für die „Psychological Experimental Research Review“ fertigmachen…
>
>
>Zum Nutzen und den Grenzen psychologischer Handlungserklärungen fällt mir folgendes ein:
>
>Natürlich kann man die Handlungen eines Menschen nicht verstehen, ohne seine Situation zu kennen. Soweit es sich um seine seelische Verfassung handelt (Wünsche, Vorlieben, Abneigungen etc.) ist die Psychologie zuständig und kann durchaus einen Beitrag zum Verständnis der Handlungen leisten.
>
>Aber bedeutet das, dass wir die Handlung kennen, wenn wir die seelische Verfassung kennen (und die äussere Situation auch), weil erstere in letzterem schon enthalten ist?
>
>Nehmen wir Buridans Esel: zwei genau gleiche Heuhaufen in genau gleicher Entfernung und das arme Tier muss verhungern, so die theoretische Annahme.
>Das könnte man ja im Experiment überprüfen und ich würde wetten, dass kein Esel in dieser Situation verhungern und kein Mensch in ihr je verdursten würde.
>
>Der Grund der Annahme ist meiner Meinung nach die Verwechslung psychologischer Motive mit logischen Voraussetzungen. Der Schluss ist mit den Voraussetzungen und Umformungsregeln ja tatsächlich gegeben und es gibt keine Ausnahmen, sondern nur Fehler.
>
>Jetzt habe ich mich nur mit einem Aspekt des Beitrags beschäftigt und war damit schon ausgelastet.
>
>mit besten Grüssen an den verlorenen PhilWeb-Sohn (ein bisschen Bibelanspielung passt ja zum Thema)
>
>Claus
>
>Wenn der feine Herr gesiezt werden will, machen wir das auch.
>
>>Die armen Philosophen aber, die keine solchen Schubladen (und keine solchen Paper-verschlingende Fachzeitschriften) haben und die es mit ihrer verbohrten Sturheit eben „dabei nicht belassen“ wollen, bestehen bockig darauf, daß mit all diesen angeblichen, experimentalpsychologisch so wunderbar „aufgedeckten“ und „nachgewiesenen“ menschlichen Wahrnehmungs/Denk/Spekulier-Leistungen ja die Frage nach deren WAHRHEIT nicht „geklärt“ ist, die Frage nach dem „Wesen“ von (etwa) Liebe, Haß, Tod, Besitz, Wirklichkeit und „Mehr-als-Wirklichkeit“. Mit dem Versuch eines (ebenfalls very clumsy) Gleichnisses: natürlich „tendieren“ wir dazu, uns Bilder zu machen, auch dort, wo es gar keine gibt, also z.B. sah man einstmals ein erkennbares Gesicht auf dem Mond. Man konnte von einem Mann im Mond reden, weil man ihn „sah“. Und da konnten die Psychologen nun lange darüber reden, daß das nur eine allzumenschliche anthropomorphe Einbildung ist, tatsächlich nicht mehr daran geglaubt hat man trotzdem erst, als man eben hingefahren ist und gesehen hat: da ist ja tatsächlich niemand, nur Krater und Geröll. Erst dann, erst mit diesem (negativen) Faktizitäts-Beweis, wird die Illusion wirklich dementiert, völlig unabhängig davon, wie wissenschaftlich-exakt man ihr Zustandekommen erklärt hat. Und beim Gottesglauben steht eben diese endgültige Widerlegung noch aus: wir haben eben noch nicht „überall nachgesehen“ (und können das vielleicht ja auch nicht), darum wird dieser Glaube von all diesen psychologischen Erklärungen seiner Existenz überhaupt nicht tangiert. Es geht um die Existenz Gottes, nicht die des Gottesglaubens.
>>Aber wie gesagt: gern les ich mir auch erst mal diesen Religionspsychologen-Aufsatz durch…
>>J. Landkammer
>>
>>Von: Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>
>>Gesendet: Dienstag, 9. Juli 2024 10:10
>>An: philweb <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>
>>Cc: Ingo Tessmann <tessmann@tu-harburg.de<
mailto:tessmann@tu-harburg.de>>
>>Betreff: [PhilWeb] Re: Der Tod der Wahrheit (hjn)
>>
>>Moin Joachim,
>>
>>gegen das „Wunderargument“ in der quantitativen Experimentalwissenschaft spricht der meth. Konstr., in dem die Formalismen und Experimente als mathematische bzw. technische Transformationen auf das menschliche Maß verstanden werden. Indem bspw. physikalische Theorien hinreichend invariant formuliert werden, gelten sie in weiten Skalenbereichen (Eichinvarianzen) und Bezugssystemen (relativistischen Invarianzen), auch hier gegenwärtig auf der Erde im Labor.
>>
>>Der Wunderglaube mag Jahrtausende alt sein, verstanden aber wurde er erst im Zuge von Evolutionstheorie und Kognitionsforschung als "Hypersensitive Agency Detection Device" (HADD), auf die ich am 21.5.24 hinwies: "The special cultural elaborations that we call ‘religion’ are the upshot of an ordinary, pan-human information-processing tendency that can be seen in many different domains of cultural expression. To distinguish this tendency to find intentional agency around us from other treatments of ‘anthropomorphism’ and to remain neutral with regard to whether the bias is best characterized as a tendency to pick out human-like agency or intentional agency generally, Barrett dubbed the cognitive system responsible for detection intentional agency the Hypersensitive Agency Detection Device.“
>>
>>Dabei unterläuft die Selbststabilisierung zwischen HADD und IREM (Interactive Religious Experience Model) die logische Zirkularität; denn "instead of saying that agency-intuitions are major causes of religious belief in general, IREM says that general belief in supernatural agents causes people to seek situations that trigger agency-intuitions and other experiences.“
>>
>>Im SciLog
>>
>>https://scilogs.spektrum.de/die-sankore-schriften/hyperactive-agency-detection-device-hadd/
>>
>>wird eine Abstufung der Religiosität damgemäß als Merkmals-Ausprägung gesehen: „Religiosität ist für mich nur eine Ausprägung des Merkmals Hyperactive Agency Detection Device (HADD). Genauso wenig wie “klein” ein Merkmal, sondern nur eine Ausprägung des kontinuierlichen physischen Merkmals Körpergröße ist.
>>
>>stark ausgeprägtes HADD: Religiosität
>>mittel ausgeprägtes HADD: Agnostizismus
>>schwach ausgeprägtes HADD: Atheismus“
>>
>>Warum es dabei nicht einfach belassen?
>>
>>IT
>>
>>
>>
>>Am 09.07.2024 um 08:39 schrieb Landkammer, Joachim über PhilWeb <philweb@lists.philo.at<
mailto:philweb@lists.philo.at>>:
>>
>>Habe jetzt wiedermal die letzten Posts hier mitgelesen (nicht ohne ein gewisses Deja-vu-„feeling“: echt jetzt, nach so vielen Jahren ist die Liste hier immer noch am Streiten über Religion? oder nur: wieder mal?), vielleicht kurz von meiner Seite - out of the blue - Folgendes, was mir dazu spontan einfällt:
>>Das Kürzel „wh“ steht ja auch für „Wiederholung“, und man wird dem Kollegen Waldemar Hammel ja kein allzu großes Unrecht tun (außer dem Spiel mit seinem Namenskürzel: pardon!), wenn man darauf hinweist, daß seine Religionskritik keinen großen Anspruch auf Originalität, Neuheit, Überraschung machen kann/will; nicht zufällig geht es ja auch immer noch um Voltaire… Vielleicht wird aber gerade aus der Wiederholbarkeit UND augenscheinlichen Hilflosigkeit/Irrelevanz/Wirkungslosigkeit dieser jahrhundertealten Argumente selbst ein Argument: daß nämlich diese Argumente an glaubensfesten Personen so (fast) folgenlos abprallen, IST doch selbst vielleicht zumindest ein Indiz, ein Plausibilitätsbeweis, daß da am Glauben etwas „dran“ ist, das man nicht einfach weg-pathologisieren kann (wie das natürlich Religionskritiker gerade deswegen, als letzte ad-hominem-Strategie dann gern tun). Es gibt ja in der Wissenschaftstheorie das von „Realisten“ verwendete sog. „Wunderargument“: gegen eine nur nominalistische und konstruktivistische Konzeption von (physikalischen) Modellen wird eingewandt (wenn ich das richtig verstehe), daß es ja, wenn alles nur ausgedachte Konstruktion ist, dann nur „ein Wunder“ wäre, wenn alles das, was man mit diesen Modellen de facto machen kann (Prognosen, Anwendungen, Technik) so schön funktioniert, wie es eben tatsächlich funktioniert. Dieses „Wunderargument“ könnte man jetzt umdrehen und genauso FÜR die Religion in Anspruch nehmen: es würde ja, so könnte man sagen, nichts als ein Wunder sein, wenn angesichts und trotz dieser nachhaltigen, seit Jahrhunderten sich über die Religion von allen möglichen Seiten (Wissenschaft, Ideologie, Kunst, Moral) ergießenden Kritik und Distanzierung ihre relativ unbekümmerte Persistenz, Kontinuität und Widerstandskraft, ihr „Durchhalten“ (das ja auch massenhafte Kirchenaustritte offenbar fast problemlos überlebt) nicht auf einem „da ist doch etwas“, eben einem tatsächlichen faktischen „Sein“ beruhen würde, wie KJ sagt. Gerade wer also an Wunder nicht „glauben“ will, müßte doch dann zugestehen, daß der Glaube auf einem unbezweifelbaren, durch irgendwelche (wie gesagt: seit Jahrhunderten wiedergekäuten) „Argumente“ unanfechtbaren Fundament beruht. Daß das etwas mit Zirkularitäten und Paradoxien zu tun hat, wie jetzt JH vermutet, würde das nur bestärken: denn Zirkularitäten gibt es ja nicht deswegen, weil sie so leicht zu widerlegen sind (etwa dadurch, daß man darauf deutet und sagt: „das ist aber jetzt zirkulär“), sondern weil sie es eben NICHT sind. Sie sind eben „Gewißheiten“, die nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer mit logischen Mitteln (und „Aufklärung“) nicht belangbaren Elemente perennieren. Seit mehr als zwei Jahrtausenden.
>>J. Landkammer
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