Am 23.04.24 um 23:42 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:

Würde ich Deinen Regeln von Konversation folgen müssen, könnte ich in meiner mir eigenen Art der Wort- und Satzgestaltung nicht mehr hier mitmachen. Die Zeit, wo ich mich dem schulischen Diktat von lehrenden Germanisten unterordnen musste, ist glücklicherweise vorbei. Dir mag es neben dem strengen Blick auf solche Strukturen vor allem um Vermittlung gehen und darum, dass man die Meinung eines anderen hinzunehmen hat:

JH: „Wenn A dem B sagt, dass es kein X gibt, dann kann B das erst mal nur zur Kenntnis nehmen….“

Zur Kenntnis nehmen ist selbstredend Voraussetzung für einen irgendwie gearteten Dialog. Diesen jedoch im Sinne einer gemeinsamen Auseinandersetzung hinsichtlich einer getätigten Aussage weiterzuführen, bedingt doch geradewegs die Fortsetzung eines Diskurses. Und soweit es sich nicht um eine axiomatisch gesicherte Aussage handelt, steht alle weitere Thematik für eine Diskussion offen.

KJ ging nach dem vorhin Geschriebenen zur Sache über, um die es vorher ging, also um die Frage nach der Existenz von Naturgesetzen. Der Übergang geht "nach meinen Regeln" zu schnell. Nun muss ich zugeben, dass auch ich "nach meinen Regeln", wenn sie denn vorliegen würden, ein Übergang für mich auch "schnell" nicht zu schaffen wäre. So könnte auch ich "nicht mehr mitmachen", weil mir "meine Regeln" eben in Gänze nicht vorliegen. Also Stück für Stück:

> Würde ich Deinen Regeln von Konversation folgen müssen, könnte ich in meiner mir eigenen Art der Wort- und Satzgestaltung nicht mehr hier mitmachen.

Das glaube ich dir.

> Die Zeit, wo ich mich dem schulischen Diktat von lehrenden Germanisten unterordnen musste, ist glücklicherweise vorbei.

Diesen Satz würde jeder angehende Politiker sagen, Nietzsche wies ungefähr darauf hin, dass sie diesen im Hinterkopf haben: "Nun habe ich genügend gelernt, und will das in die Praxis umsetzen." Und "Lange Rede kurzer Sinn, nun will ich die Macht haben und mein Wissen umsetzen, nicht theoretisieren, mein Programm ist bekannt."

Dieser Satz sagt in etwa: "Nun bin ich aus der Lehre heraus, zumindest aus der Lehre der Germanisten. Nun bin ich frei und kann sagen was ich will, und brauche nicht mehr an das "Diktat" der Germanisten zu denken."

Hier denke ich schon fast an die Diktatur der Germanisten. So hast du sicher nicht gedacht, das glaube ich dir.

Zurück zum Anfang: Es sind nicht "meine Regeln". Es ist eine allgemeine Regel, und zwar die Regel, die du selbst schriebst, nämlich nach der das was der andere sagt, ernst zu nehmen ist. Egal wie extrem der erste Satz desjenigen ist, der dir entgegen kommt, egal wie bekannt oder unbekannt dir das Wort ist, das dir zukommt, es geht nur, dieses so zu verstehen, wie der andere es versteht. Es geht nicht, den anderen sofort als psychisch krank einzustufen, als Ideologen, als Kind oder alten Mann. Es geht nicht, seine Äußerungen auf seine Vergangenheit zu beziehen. Hier geht es auch um die Person, die spricht, nicht oder nicht nur um die Exegese ihrer Äußerungen und die Entgegnung dieser. Das sind zwei verschiedene Vorgehensweisen. Sicher könnte auch ich schreiben: "Hier habe ich ein Kind vor mir, und ich bin nicht bereit, mich an Kindesdenken anzupassen, das was ich sagen müsste, habe ich schon so oft gesagt, es langweilt mich. Dort habe ich einen psychisch Kranken vor mir, der gehört irgendwo hin, und weiter weg einen mit einer schweren Vergangenheit. Und weiter weg sehe ich einen Ideologen, und mit Ideologen spreche ich nicht. Und mit einem Belehrenden kann ich auch nichts anfangen, ich habe genug gelernt. Ich will nur noch Meinungen austauschen. So wie Schopenhauer es schrieb: Die einen tauschen Gedanken aus, die anderen Karten."

Das Gespräch ging bei dir und mir jetzt vom Betreff ab, und ich kann auch schon allein deswegen schreiben, dass ich deswegen und wegen dem vorhin Geschriebenen schreiben könnte, dass auch ich "nicht mehr hier mitmachen" könnte. Ich breche hier nur ab, weil andere Sachen sich aufdrängen. Mir ist bewusst, dass ich nur auf einen kleinen Teil dessen eingehen konnte, den du schriebst, den ich aber ernst nahm so wie ich dich ernst nehme. Jedoch auch ich kann je nach Sache "passen", also "nicht auf sie eingehen", nicht "entgegnen können", dann kann ich das sagen. Dann brauche ich nicht den Eigentor-Satz des Wittgenstein nicht.

JH