Am 07.07.2022 um 04:54 schrieb waldemar_hammel:
K. Janssen schrieb:
Für mich gibt es eben nicht nur Materie, und sie ist für mein Dafürhalten auch nicht Ursache für ein Geistiges, wohl aber ihr Träger.


Erstaunlich für mich, da es ja genau auch meiner Vorstellung entspricht: Die gegenständliche Welt ist durchdrungen von Geist, womit ich mich nicht auf einen (wie immer formulierten) Pantheismus beziehe, sondern mich eher an zeitgemäßen Theorien, wie etwa Whiteheads Prozessphilsophie orientiere. Ich hatte in diesem Zusammenhang schon Leó Szilárd, Wigner erwähnt, die mir entsprechende Denkanstöße gegeben haben. Wenn ich hier Henry Stapp anführe, kommt sehr sicher Gegenrede der üblichen Art.



hallo karl,
kurzer einschub,
ich würde oben gesagtes herumdrehen und erweitern als:

"die geistige welt ist durchdrungen und wird erzeugt von den materiellen voraussetzungen (materie + energie = dasselbe)"

Diese Interpretation kommt lediglich meiner Vorstellung von sich gegenseitig durchdringenden „Substanzen“ im Sinne von Verschränkung (entanglement) nahe.

Wenn man den von Dir postulierten Satz näher ansieht und in entsprechend zerlegt (übrigens - wo ist Joseph als Spezialist für solche Angelegenheiten), haben wir folgende Aussagen, die Fragen bzw. Gegenrede nach sich ziehen:

a) Die geistige Welt ist durchdrungen.

Das wirft die Frage auf, von was oder wem durchdrungen?

b) Die geistige Welt wird von materiellen Voraussetzungen (Materie/Energie) erzeugt unter der Annahme Materie und Energie sei dasselbe (materie + energie = dasselbe)

Materie und Energie ist eben nicht dasselbe, sondern es besteht eine axiomatische Beziehung zwischen diesen Größen: E=mc²

Im übertragenen Sinn könnte man sagen, Energie formt Materie mit der Zeit: „alles braucht seine Zeit“ sagt der Volksmund und die Wissenschaftler können es bestätigen, insoweit sie von ca. 4,6 Milliarden Jahre ausgehen, die unsere Erde bis heute zu ihrer derzeitigen Entwicklung benötigte. Und wer wollte ernsthaft davon ausgehen, diese Entwicklung sei abgeschlossen.

Ich bin mir nicht sicher (wie könnte man das auch sein?), ob die Beziehung zwischen materieller und geistiger Welt als hierarchische Struktur gegeben ist bzw. also solche zu sehen ist.

Unbestreitbar sollte folgende Beziehung sein:

Quantenvakuum => Quantenschaum => Subatomare Teilchen => Atome => Moleküle => Strukturen (Zellen, Festkörper, Flüssigkeiten usw.) => kombinierte Strukturen (Körper, Sterne, Planeten usw.) => Höchste Ebene (Gaia, Gott oder vergleichbare Vorstellungen).

Was ist diesbezüglich eine „höchste Ebene“? Wir wissen es nicht und werden es nicht wissen, um Emil Du Bois-Reymond zu bemühen. Wir würden es aber gerne wissen. Und daher schreiben nicht nur wir uns hier die Finger wund, sondern es haben sich neben ernst zu nehmenden – aber dennoch nicht letztbestätigten - Aussagen der Wissenschaft allerlei Theorien und Thesen bis hin zu magisch-animistischen Vorstellungen entwickelt. So beispielsweise die Gaia-Hypothese oder eben die Gottesvorstellung der verschiedenen Religionen.

Die Vorstellung von Gaia (Γαῖα Gaía) der Griechen (Hesiod) als eine Urmutter (der großen Mutter der Natur) als Person gewordene Gottheit, die sich aus dem Chaos (Kosmos) ohne Befruchtung heraus gebildet hat und wiederum zur „Gebärerin“ wird, ist m.E. eine für diese geschichtliche Epoche höchst erstaunliche Annahme und sicher nicht von "Steineklopfern" sondern von großartigen Denkern entwickelt.

Da ergeben sich Parallelen zur christlichen Vorstellung von Jungfrauengeburt und Mensch gewordener Gottheit in Christus. Sollte da nicht ein Zusammenhang bestehen, den man heute mit Plagiatsvorwürfen belegen würde?

Für meine Begriffe ist die Gaia-Hypothese mit ihrer Vorstellung einer prozesshaften, also systemtheoretisch angelegten Entstehung von Leben und Welt eine durchaus bedenkenswerte Alternative zu sonstig überkommenen religiösen Vorstellung oder gar Dogmen.

Ein Uratom (Friedman) entsteht aus dem Chaos des Quantenschaums; ob zufällig oder teleologisch einer Information folgend bedingt, kann noch bis in unendliche Zeiten diskutiert werden. Was ist Unendlichkeit? Darüber wurde hier erschöpfend diskutiert. Unendlichkeit ist Zeitlosigkeit resp. Masselosigkeit. Es ist einzig Form, die als Information in den masselosen Teilchen (Photonen, Gravitonen?) gespeichert ist. Wenn sich daraus nach obig genanntem Schema wieder neues Leben , ein neuer Kosmos entwickelt, beginnt das Spiel des Lebens als ein offenes, selbstorganisierendes, hinreichend selbstregulierendes System von neuem und endet nach Erreichen eines erneuten Wärmetods (max. Entropie) wieder am Anfang. Es wirkt alles eher als ein Spiel, denn als magisch-animistische Vorstellung. Erde und ihre Biosphäre sind als Lebewesen zu betrachten, dem seine Bewohner (nicht nur die Menschen) erheblich zusetzen können.




dein "die gegenständliche welt ist durchdrungen von geist, und nur der träger des geistigen" ist hingegen die "magisch-animistische umkehrung" der wirklichen verhältnisse
(das materielle ist nicht (nur) der träger, sondern der verursacher/die ursache, des geistigen = neuronale physiologie usw)

Wie soll also Materie Verursacher eines Geistigen (wie auch immer angenommene immaterielle Substanz) sein, wenn am Anfang – nach modernster naturwissenschaftlicher Erkenntnis – nicht Materie sondern masseloses, zeitloses Quantenvakuum vorherrscht?


Mit dieser Frage könnten wir erst mal einen „Break“ machen und darüber nachdenken.


Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! - Karl


PS:


um das zu verdeutlichen ein beispiel:
die rillen einer schallplatte erzeugen zusammen mit dem abtastmechanismus dieser rillen zb beethovens wunderschöne neunte als schall-schwingungen in luft bei luftdruck p und lufttemp t,
niemand würde ernsthaft auf die idee kommen, beethovens neunter nun ein eigenleben zuschreiben zu wollen, mit der schallplatte "nur" als "stumpfsinnigem" träger, denn die sch.platte ist
mit dem abtaster zusammen der verursacher der "geräusche"

Du beschreibst auf geniale Weise, wie Information in Materie gespeichert wird und aus dieser wieder (mit technischen Mitteln) - in diesem Fall als Hörerlebnis - zu entnehmen ist. Es geht eben nicht um die (Re-)Produktion von Geräuschen, sondern um das Speichern und Wiedergeben von (in diesem Fall großartiger) Musik. Das schließt doch an unsere letzte Diskussion über Information an, die über einen Nachrichten/Signalkanal von Sender zu Empfänger transferiert wird. Der Übertragungskanal ist in diesem Fall der Tonträger in Einheit mit einem technischen Gerät, das diesen Ton (kunstvoll komponierte Abfolge von Noten) als - die eigentliche und wesentliche - Information dekodiert und hörbar macht um schließlich vom Empfänger  sinnlich wahrgenommen werden zu können.




das ganze einfacher gesagt, "magische umkehrung" = wenn man semantiken für syntaxen hält - und "das geistige" ist in diesem zusammenhang als semantiken zu sehen, und eben nicht
als syntaxen - materie "kann" eben auch geist ... (wobei das ganze aber "gekoppelt" ist, denn radikal-konstruktivistisch erzeugt natürlich unser eigener geist (autopoietisch) den eindruck,
dass wir "materie" vor uns haben, festes, hartes, usw, während die physik uns nachweist, dass dieses feste, greifbare zudem zu mehr als 99% aus em-feldern = leerem raum besteht, und
wir es nur deshalb greifen und festhalten können, weil wie ebenfalls fast nur aus em-feldern in leerem raum bestehen)

etwas verwegen, diese Darstellung und vermutlich nur für Menschen verständlich, die ihr Mensch-Sein auf radikal-konstruktivistische Sicht reduzieren. Das ist zugegeben meine intellektuelle Schwachstelle, zum Konstruktivismus 8schon gar nicht dem radikalen) habe ich schlichtweg keinen Zugang. Gut, dass wir beide noch beliebig andere Brücken haben, über die wir uns begegnen können!



* und außerdem mal nicht übertreiben, denn: "die gegenständliche welt durchdrungen von geist ( = dem menschengeist?)", das weltall ist völlig "geist-loser/freier" ablauf, es sei denn,
man wollte darin eben doch irgendwie pantheistisches sehen, die welt als "schöpfung" usw

Du bist blind für etwas, das ich partout zu "sehen" glaube. Und ich bin taub für Deine Worte, mit denen Du mir partout Deine Weltsicht weismachen willst. Doch nichts ist umsonst. Dank Dir habe ich in all den Jahren unserer Diskussionen hier viel gelernt - schlichtweg dadurch, dass ich mich gezwungen sah, Deine mir nicht zugänglichen Argumente zu durchdenken und meine ("magisch-animistischen") Vorstellungen zu hinterfragen :-))