Am 18.11.2024 um 14:41 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Am 17.11.2024 um 03:32 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:Ein Hoch auf die Mathematik und deren Versteher! Und wenn auch die Natur in der Sprache der Mathematik verfasst ist, bietet sie in ihrer von allen ihren Geschöpfen wahrgenommenen Ganzheit weit mehr, als die Zahlenspiele von Erbsenzählern.
Hi KJ,
hältst Du den herausragenden Universalgelehrten Cardano etwa für einen Erbsenzähler? Das detaillierte Nachvollziehen seiner Zahlen- und Wahrscheinlichkeitsrechnungen bis hin zu Schrödingers Quantisierung als Eigenwertproblem wäre einen interessanten Essay wert.
Mag sein, dass ich mal von Cardano gehört oder gelesen habe, erinnern kann ich es nicht mehr. Sein Wirken ist ja nun schon einige Zeit her (erstaunlich, wie oft man den Zeitbegriff benutzt); So habe ich mir jetzt den korrespondierenden Wikipedia-Eintrag angesehen und las dort von einer bewundernswerten Vita. Diesen herausragenden Menschen auch nur in die Nähe von Erbsenzählern zu bringen, wäre sehr wohl unredlich (milde ausgedrückt), zumal ich meinerseits diesen Begriff durchaus negativ besetzt habe.
Es gibt ja auch die positive Seite dieser Wesensart, denn wer wollte bestreiten, dass Exaktheit, Prinzipientreue oder Gewissenhaftigkeit und Ethik fundamentale Elemente unserer Gesellschaft sind. Natürlich stehen diese einer unbegrenzt neoliberalen Gesinnung, die man zum gesellschaftlichen Ideal erheben will, entgegen.
Die umgangssprachliche Diktion von Erbsenzählerei ist zumeist abwertend im Sinne von übersteigerter Genauigkeit, Kleinlichkeit oder auch Geiz. Ich bezog mich hinsichtlich Erbsenzählerei auf einen Deiner Beiträge, wo vom „Schmutz der angewandten vs. der reinen Mathematik“ die Rede war.
Hast Du nicht auch ein ingenieurwissenschaftliches Fachgebiet studiert? Dann solltest Du doch um den Wert der angewandten Mathematik wissen! Jedes auf pragmatische Nutzung zugeschnittene Integral ist für diesen Berufszweig hilfreicher, als eine unendliche Schar von Integralen.
In diesem Zusammenhang wird interessant sein, welche Rolle die KI in den angewandten Wissenschaften spielen wird. Dazu werden wir wohl noch öfter hier schreiben.
Also nochmal kurz gefasst: Mich hat Dein (auf mich arrogant wirkender) Hinweis auf die reine Mathematik genervt, zumal dieses Wissensgebiet umfassend erfasst und erklärt ist, nicht jedoch die Möglichkeiten der angewandten Mathematik, insbes. in Bezug auf vornehmlich rechnergesteuerte, selbstlernende Algorithmen.
So empfand ich Josephs Frage durchaus angebracht, ob denn diesbezüglich außerhalb der „absoluten Reinheit“ alles Schmutz sei. Dieses Deiner Interpretation folgend und dem scheinbar untrüglichen Eindruck, Mathematik sei für Dich das Wichtigste.
Meiner Ansicht nach ist sie das sicher nicht, zu lebensnah sind Deine Exkursionen in die LG-Politik oder auch in lebensfrohe Bereiche, wie etwa die Pornographie (Dein Plädoyer für die Freigabe im Schulunterricht). Hier geht es Dir offensichtlich nicht mehr um die absolute Reinheit. Nebenbei bemerkt, mir auch nicht, denn alles andere wäre pure Heuchelei oder schlichtweg lebensfremd.
Aber nun nochmal in‘s Reich der Mathematik. Ihre Bedeutung als Hilfswissenschaft ist das eine, ganzheitliches Herangehen an die Fragen von Mensch (als geistiges Wesen) und Natur, sowie die sie übersteigenden Phänomene, wie es in den Geisteswissenschaften betrieben wird, ist ein ganz anderes, eben allumfassende Wissenschaft.
Deshalb schrieb ich: Ein Hoch auf die Mathematik. Doch diese als das absolute Maß der Dinge hochzuhalten, dafür reicht sie als Hilfswissenschaft nicht hin. Auch nicht die sog. reine Mathematik, denn was soll in diesem Kontext ein „Reinsein“ bedeuten. Jungfräulich etwa, wie die göttliche Mutter? Sollten wir das wirklich in diesem Forum diskutieren oder doch eher beides schlichtweg als Abstraktum beiseite legen?
KJ