Lieber Ingo,

vielen Dank für diesen interessanten Hinweis! In ihm wird zwar von Information gesprochen, aber nicht von Informationsverarbeitung. Das heißt, von der Arbeit, die darin besteht, aufgenommene Information als solche zu erkennen, sie aufzunehmen und dann in einer „passenden“ Weise in die eigene Menge, in das eigene dynamische System zu integrieren. Diese Arbeitsschritte kosten Energie, Adaptations- und Einarbeitungsenergie.

Wie könnte das in ein Modell Eingang finden?


Hier zunächst ergänzende Gedanken dazu, was eine Ganzheit alias dynamische Menge von anderen Mengen und Elementen abhebt - wie immer in meiner, nun ja,  hermeneutisch angehauchten Sprache geschrieben:

Wenn die Grenze im Handeln beinhaltet ist, was für ein Handeln ist es dann? Es ist bezogenes Handeln im Gegensatz zu unbezogenem Handeln. Im bezogenen, das heißt sinnhaft gemeinsamen Handeln ist eine Orientierung aufeinander und damit auf ein trans-individuelles Gemeinsames beinhaltet. Das Gemeinsame ist der angestrebte Fokus und es sind die Innen-Ausrichtungen der semantischen Achsen. Die Akteure kehren auf diese Weise ihren Rücken zum Außen und schaffen dadurch, in ihr Handeln eingebunden die implizite Grenze als Zeitgrenze nach Außen. Das Innen wird durch tätige Bezogenheit geschaffen, und idese ist Qualitäts-gestützt, indem sie Potenzialen entspringt. Der Sinn als Eigen-Sinn entspringt dem Handeln in seiner Orientierung aufeinander.

Das Jeweilig-Sein in qualitativer und quantitativer Hinsicht zusammen mit der Orientierung hat beides mit dem allem gemeinsamen Im-Raum-Sein und In-der-Zeit-Sein nichts zu tun, weil es beides Spezifizierungen sind, die nicht an Allgemeinem ansetzen oder nur aus Allgemeinem bestehen können. Sie machen aus dem allgemeinen Rohstoff etwas über dieses Hinausgehendes, aus hyle den eidos, aus ousia das besondere Werk.

 

Die allgemeinen Aspekte sind darin nicht verleugnet, aber hinsichtlich der Relevanz treten manche in den Hintergrund. So spielt die Außenräumliche Entfernung keine oder eine geringe Rolle, wenn es um „Ferngespräche“ geht. Das jeweilige Eigen-Sein wird in die Orientierung aufeinander eingebracht und es entsteht ein zeitweiliges, aus diesem Eigen-Sein in seiner getätigten Orientierung bestehendes Innen.

Ob das auch für die Verschränkung von Elementarteilchen gilt, weiß ich nicht.

Die Energie, die in solchem, aus geformtem Tun bestehenden Innen besteht ist nur so lange gegeben, als die tätige Orientierung anhält. Diese ist bei elektromagnetischen Akteuren zwingend vorgegeben, so dass sie nicht verloren gehen kann. Bei anderen Akteuren gibt es diese abschließend-strenge Bahnung nicht, und die Orientierung aufeinander und zueinander kann verloren gehen oder abgeschwächt und zunehmend diffus werden.

Auf das Bild der Bergleute und von allem übertragen, das auf ein gemeinsames Werk hin orientiert ist, wenden die Akteure sinngemäß dem Außen ihren Rücken zu und schaffen so eine Gemeinsamkeit der Orientierung, die das zeitweilige Innen ausmacht, und dieses qua Handeln von einem dem Sinn nach definierten, sich aus diesem Sinn ergebenden, aus ihm in „Abschattung“, qua sinnhafter Negation bestehenden Außen absetzt.

Zur Orientierung im Tun gehören ein „Wahrnehmen“ des Anderen, ein „Ernstnehmen“, ein Berücksichtigen, ein Verinnerlichen – je nicht des „ganzen“ Anderen, sondern der im Augenblick zum Tragen kommenden, situativ relevanten Aspekte.



Zum Thema Verschränkung finde ich Charakteristika, die mir vertraut sind - natürlich ohne die Idee irgendeiner Übertragbarkeit auf den Makrokosmos und Leib-Seele-Thematik - aber überraschend sind die Form-Ähnlichkeiten schon:


Viele Grüße und wie immer Dank für die äußerst anregenden Literaturempfehlungen,

Thomas



Verschränkung

(Zitate der Einfachheit halber aus Wiki, Fettdruck durch mich:)

In einem quantenphysikalisch verschränkten Zustand des Systems besitzen hingegen die Teilsysteme mehrere ihrer möglichen Zustände nebeneinander, wobei jedem dieser Zustände eines Teilsystems ein anderer Zustand der übrigen Teilsysteme zugeordnet ist. Um das Verhalten des Gesamtsystems richtig erklären zu können, muss man alle diese nebeneinander bestehenden Möglichkeiten zusammen betrachten. Dennoch zeigt jedes Teilsystem, wenn eine Messung an ihm durchgeführt wird, immer nur eine dieser Möglichkeiten, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass gerade dieses Ergebnis auftritt, durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung bestimmt ist. Messergebnisse an mehreren verschränkten Teilsystemen sind miteinander korreliert, das heißt, je nach dem Ergebnis der Messung an einem Teilsystem liegt für die möglichen Messergebnisse an den anderen Teilsystemen eine veränderte Wahrscheinlichkeitsverteilung vor. Diese durch Quantenverschränkung erzeugten Korrelationen werden auch als Quantenkorrelationen bezeichnet


Verschränkte Zustände sind häufig. Ein verschränkter Zustand entsteht jedes Mal, wenn zwei Teilsysteme miteinander wechselwirken (z. B. miteinander kollidieren) und es danach verschiedene, aber aufeinander abgestimmte Möglichkeiten gibt, wie sie sich weiter verhalten (z. B., in welche Richtung sie nach dem Zusammenstoßen weiterfliegen). Alle diese Möglichkeiten haben nach der Quantenmechanik eine gewisse Wahrscheinlichkeit, mit der sie in entsprechend aufeinander abgestimmter Weise im Zustand des Gesamtsystems bis zum Moment der quantenmechanischen Messungvertreten sein müssen.
Die Verschränkung wird beendetsobald man eines der Teilsysteme auf einen bestimmten seiner Zustände festlegt. Dann geht sofort auch ein anderes Teilsystem, das durch die Verschränkung mit dem ersten Teilsystem verknüpft war, in denjenigen Zustand über, der dem durch die Beobachtung festgestellten Zustand des ersten Teilsystems zugeordnet war. Der Zustand des Gesamtsystems zeigt dann keine Verschränkung mehr, denn beide Teilsysteme für sich betrachtet sind nun in einem je eigenen bestimmten Zustand.

Die durch Verschränkung verursachten Korrelationen sind mittlerweile durch viele Experimente nachgewiesen. Sie sind unabhängig davon, wie weit die Orte, an denen die Messungen an den Teilsystemen vorgenommen werden, voneinander entfernt sind und in welchem zeitlichen Abstand die Messungen erfolgen. Das gilt auch dann, wenn die Messungen so weit voneinander entfernt sind und so schnell nacheinander (oder sogar gleichzeitig) durchgeführt werden, dass das Messergebnis an einem Teilchen den Zustand des anderen auf keinem physikalischen Weg beeinflusst haben kann.


Wenn das zusammengesetzte System in diesem Zustand ist, haben weder..noch … einen bestimmten Zustand, sondern ihre Zustände sind überlagert und die Systeme sind in diesem Sinne verschränkt.


—> „überlagert“:  hier keine Interaktion, kein Einwirken aufeinander, sondern ein statisches Zugleich-Sein gedacht. Dies deshalb, weil ein Aufeinander-Einwirken  nicht im Außenraum- und der Außenzeit-Sinnfestzustellen sind.


Am 01.12.2024 um 18:18 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


Am 30.11.2024 um 13:13 schrieb Ingo Tessmann <tessmann@tu-harburg.de>:

Du endest mit dem „Rätsel der Paradoxie von Ganzheit und Teil“, aber warum sollte rätselhaft erscheinen, was im Lebensvollzug selbstverständlich ist? Könnte es sich um ein typisch philosophisches Scheinproblem handeln, das entsteht, weil Organismen wie Maschinen angesehen werden, die gebaut, zerlegt und wieder zusammengesetzt werden können? Mit Organismen gelingt das nicht, ebenso wenig wie mit verschränkten Quantenzuständen und statistischen Gesamtheiten. Deshalb sehe ich Möglichkeitswellen als neutrale und ahnungsweise wie mathematisch präzisierbare Wahrscheinlichkeitsdichten sowohl für Maschinen als auch für Organismen als geeignet an. 

Moin Thomas,

ergänzend dazu ist mir die Arbeit "Synergy as the Failure of Distributivity“ by Ivan Sevostianov and Ofer Feinerman aufgefallen, in der die Autoren eine nichtdistributive Mengenlehre verwenden, um das Hervorgehen von Ganzheit aus Teilen zu formalisieren: "The concept of emergence, or synergy in its simplest form, is widely used but lacks a rigorous definition. Our work connects information and set theory to uncover the mathematical nature of synergy as the failure of distributivity. It resolves the persistent self-contradiction of information decomposition theory and reinstates it as a primary route toward a rigorous definition of emergence. Our results suggest that non-distributive variants of set theory may be used to describe emergent physical systems.“ 

https://www.mdpi.com/1099-4300/26/11/916

"We follow H. K. Ting to establish a rigorous relation between information and set theories and highlight a fundamental distinction between them: random variables, unlike sets, do not adhere to the union/intersection distributivity axiom. This leads us to study a distributivity-free variant of set theory as a possible self-consistent theory of information atoms.“ Den Mathematikern mag eine unorthodoxe Mengenlehre gefallen, als Physiker liegt mir zur Lösung des „Rätsels der Paradoxie von Ganzheit und Teil“ die Synergetik näher, in der per „Versklavungungstheorem“ aus unzähligen Teilen dynamisch Ganzes hervorgeht.   

Im Gegensatz zu den verborgenen Zusammenhängen im Gehirn, lassen sich neuronale Netze angenähert reengineeren: „What can we learn if we invest heavily in reverse engineering a single neural network?“ 


Womöglich „Toy Models of Superposition“ für das Quantencomputing:


IT


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