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Am 16.04.2025 um 18:18 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:




Dir fällt es offensichtlich schwer, rational zu bleiben, da Du immer wieder unnötig emotional reagierst. Vielleicht erinnerst Du Dich daran, dass hjn uns einstmals empfahl, die Argumente des Kontrahenten zunächst stärker zu machen, um sie dann um so wirksamer kritisieren zu können. Ich sprach nicht von Gottesgesellschaft, wie Du es mir unterstellt hast, sondern von Gottesstaat. Was könnte ich damit hierzulande gemeint haben? Der hiesige Staat versteht sich als Verfassungsstaat und in der Verfassung steht, dass sich das deutsche Volk angeblich auch vor „Gott" diese Verfassung gegeben hat. Zudem wird im GG der Kirche ein eigenes Kirchenrecht zugestanden, der Staat zieht für die Kirchen die Steuer ein, finanziert aus Steuergeldern konfessionelle Institutionen, legt per Gesetz für alle die konfessionellen Feiertage fest — und regelmäßig legen die meisten Regierungsmitglieder ihren Amtseid auch auf „Gott" ab. Das also meine ich mit Gottesstaat und auch Du könntest es Dir so gedacht haben. Warum gibt es hierzulande keine strikte Trennung von Staat und Kirche? Wäre das der Fall, wäre meine Behauptung widerlegt.   

So also nochmal zu Deiner absurden Behauptung, dieses Land sei ein Gottesstaat. Mit dieser Begrifflichkeit verbindet man Staatsformen in Ländern, wo alle Staatsgewalt einzig in den Händen religiös legitimierter Herrschender liegt. Dementsprechende Beispiele derartiger Herrschaftsformen muss ich hier nicht explizit angeben, da solche hinreichend und offensichtlich bekannt sind. 


Wenn Du das politische System in Deutschland mit eindeutig demokratischer Gesellschaftsordnung als Gottesstaat im Sinne einer Theokratie definierst, kann man dieses nur noch als absichtlich provozierend vorgebrachte Diskreditierung unserer Staatsform werten. 


Deine unverkennbare Frustration über den jüngsten Wahlausgang, der Dir zufolge Deiner Präferenz für die Grünen-Partei auch eine persönliche emotionale Krise eingebracht hat, ist durchaus verständlich. Hier jedoch den zuletzt gewählten Parteien das Vermögen und insbesondere den Willen zu umweltverträglicher Politik abzusprechen, ist nichts anderes als reaktionäre Polemik.


Was hat denn die rot-grüne Politik bislang konkret hinsichtlich ihrer selbstgesteckten Klima-Ziele erreicht? Umweltverbände fordern Klimaschutzvorhaben ein, die längst angegangen werden sollten. Nun fordert u.a. Grünen-Boss Banaszak diese Massnahmen ein, die seine eigene Partei zuzeiten eigener Regierungsbeteiligung, sowohl auf Länder- wie auf Bundesebene nicht durchzusetzen vermochte. 


Realpolitik lässt offensichtlich unrealistische Ziele in der Klima- und Umweltpolitik am gesellschaftlichen Alltagsgeschehen scheitern. Verantwortliches Handeln hinsichtlich umweltverträglicher Nachhaltigkeit kann seitens der Politik nur in gewissen Grenzen initiiert und gefördert werden. Ohne persönliche Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft wird hinreichender Umweltschutz nicht gelingen. Das setzt  die Förderung von Umweltbewusstheit voraus, die in allen Bildungsstätten, an Arbeitsplätzen, in den öffentlich rechtlichen Einrichtungen erfolgen muss. 


Vor allem jedoch ist dabei Vorbildfunktion gefragt; Eine durch die Welt reisende Politikerin, die sich ihrem moral-feministischen Appell folgend eher als grüne Ikone der Kalokagathia präsentiert, scheint mir dem geforderten Vorbild von nachhaltiger Verantwortung nicht gerecht zu werden. Wie war das noch mit dem Appell mittelalterlicher Pfaffen: Wasser predigen und selbst den Wein saufen? 


Grüne Doktrin als neue Religion und von von deren Protagonisten die Welt erklärt zu bekommen, gar noch mittels der Mathematik als Hilfswissenschaft? Welch unrealistisches Ansinnen! Kein Wunder, dass sich da am anderen Ende des politischen Spektrums eine dumpfe Gegenwehr auftut, deren intellektuelles Vermögen ebenso nicht hinreicht, die Lebenswelt als solche in ihrer wirklichen Bedeutung, ihrer geistigen Potentialität zu begreifen. Ideologen allenthalben, armselige Gestalten, gefangen in ihren zur Ideologie verkommenen Idealen.


KJ