Ich ziehe das wieder in den "Physis vs Psyche"
Thread, da wir Mailverteilung doch separat behandeln müssen.
wh: meta-kommunikation:
hallo karl,
"teilnehmend" an der liste sind ja ca 70, aber sie äußern
sich nicht = keine beiträge ...
jetzt lese ich oben verblüfft, dass man sich auch über "ein
zuviel an beiträgen" "beschweren" kann = dass man auch das
moniert/anmerkt ...
Joseph hat sich aber nicht beschwert, er fühlte
sich eher erstickt angesichts unserer länglichen und doch recht
abstrakt geführten Diskussionen zum Informationsbegriff. Nun
gut, das Thema haben wir erst mal hinter uns gebracht.
Vermutlich wird es aber irgendwann wieder auftauchen. Wie eben
auch das Thema bezüglich Geist und Materie uns immer wieder
einholt.
wh: die pantoffel-saugroboter-sache war ja nur ein
spinoff des überaus interessierenden themas "psyche versus
physis" = hardware versus software der welt = materie versus
"information",
wobei eine seite grob gesagt "alles" ist "info", die andere
seite "alles ist materie" meinte = geist gegen matter halt, oder
anders gesagt: wie "emergiert" geist eigentlich aus materie?,
oder ist es etwa genau anders herum, und geist ist
primordial?
und meine ansicht dazu aufs wesentliche heruntergebrochen:
JAEIN, denn
1) entsteht der "geist" ohne jeden zweifel (= beweisbar)
aus neuronaler physiologie und elektromagnetismus der materie
(ist die weg, ist auch der geist weg)
Vordergründig scheint das - bezüglich des
Absterbens von neuronaler Physiologie und Materie - ein gültiges
Argument zu sein. Und es findet sich sogar in theologischen
Kreisen, etwa in Karl Barths Lehre über das Wesen des Todes
(Ganztod-Lehre), wonach (selbstredend) alle geistigen Vorgänge
im Gehirn mit neurologischen Prozessen verbunden sind und mit
deren Absterben der Tod endgültig ist.
Was sollte da auch überleben, sprich in ein (wie immer
angenommenes) Jenseits eingehen!? Sollte es die Seele sein, wäre
zu klären, was sie denn sei. Seele gilt als ein Innerstes, doch
wo befindet sich dieses Innerste in des Menschen Körperlichkeit?
Meine Vorstellung von Seele ist die eines Symbols, welches das
ICH abbildet und sich lebenspraktisch als „persona“
selbstreferent als ureigenstes SELBST wahrnimmt und auch dem
sozialen Umfeld gegenüber zeigt.
Im Tod jedoch wird dieses ICH zum WIR. Das ist
allerdings ein verwegene Annahme von „Unsterblichkeit“, die eben
nicht jeder anzunehmen vermag!
In Platons Sokrates-Dialog mit Simmias drückt sich meine
Vorstellung von Unsterblichkeit aus (sinngemäß zusammengefasst):
Wenn aber der Klang einer Leier gebunden ist an die Schwingung
ihrer Saiten und du Sokrates sagst, die Seele ist wie eine
Melodie, stirbt dann die Melodie nicht mit der Leier?
Sokrates antwortet: Es würde gar keine Leier geben, gäbe es
keine Melodien.
Das führt zu Platons Ideenlehre: Musik als primordiale Idee von
Melodien resp. Harmonien. Harmonien sind hier nicht verstanden
als harmonische Schwingungen, die von den Saiten der Leier
erzeugt werden. Sie sind (wie es im Dialog weiter heißt) etwas
Unsichtbares und Unkörperliches und gar Schönes und Göttliches,
die Leier selbst aber irdisch und dem Sterblichen verwandt .
Auf dieses „Bild“ bezogen, wäre des Menschen Körperlichkeit
einschließlich seines Gehirns mit dem Korpus der Leier und deren
Saiten vergleichbar.
In Schwingung versetzte Saiten könnten im übertragenen Sinne mit
neuronalen Prozessen (bewusst wie unbewusst) im Gehirn
vergleichbar sein. Diese Prozesse werden nicht ausschließlich
durch bewusst sinnliche Sensorik (Hören, Sehen etc.), sondern
auch durch unterbewusste Beobachtung resp. Wahrnehmung
(Spiegelneuronen) ausgelöst. Was sowohl bewusst wie unbewusst
apperzipiert wird, unterliegt aber einer evolutionär sehr
sinnvoll angelegten neuronalen Selektion (Metakognition). Diese
wirkt wie Ockhams Rasiermesser, um das Gehirn nicht mit
unnötigem Ballast zu füllen. Auf die noch wenig erforschten
metakognitiven Prozesse des Gehirns will ich aber nicht hinaus,
vielmehr auf die mentale Befähigung, durch Aufmerksamkeit in
Resonanz mit dem Gehirn/ZNS anderer Menschen (aber auch Tieren)
und nicht zuletzt mit übernatürlichen Wesenheiten zu kommen.
Vornehmlich zeigt sich das bei sehr eng emotional verbundenen
Menschen, wie etwas das Mutter-Kind-Verhältnis. Eine Mutter
„spürt“, wenn es ihrem Kind (wo immer es sich aufhält) nicht gut
geht. Hier muss ich hoffentlich keine Quellen angeben, sondern
lediglich meine eigene (als Elternteil) diesbezügliche Erfahrung
glaubhaft versichern. Wer es nicht glaubt, dessen „Saiten“ sind
hierauf bezogen nicht gestimmt, also nicht im Einklang mit der
Harmonie seines engsten sozialen Umfeldes.
Und so komme ich nicht umhin, wiederholt zu erwähnen, dass
Meditation, autogenes Training oder das Gebet der Christen
nichts anderes ist, als in Resonanz zu treten mit der eigenen
Wesenheit, gleichwohl der anderer Lebewesen und letztlich auch
jener der göttlichen. Diese Zusammenhänge sind mittlerweile in
das Wissensgebiet der Psychologie und zu Teilen in die
Neurowissenschaft eingedrungen, nicht jedoch in das der
klassischen Naturwissenschaft, was schlichtweg nicht in deren
Kategorie fällt, d.h. unter diesem Aspekt nicht diskutiert
werden kann und sich damit ein diesbezüglicher Disput erübrigt.
Bezogen auf Dein „aufs wesentliche heruntergebrochen: JAEIN“
möchte ich Martin Buber anführen, der diesen lebenspraktischen
Ratschlag in seinen Erzählungen der Chassidim gab (sinngemäß:)
Du solltest zwei Taschen haben, in jeder ein Zettel. Auf dem
einen steht geschrieben : nur Staub der Erde bin ich
(Hammelkörner sic!), auf dem anderen: aber Gottes Odem atmet in
mir.
Wenn du hochmütig bist, dich erhaben über Mensch und Tier
fühlst, dann hole den Zettel der „Staubgeburt“ aus der Tasche.
Liegst du aber im Staub niedergestreckt, ohne Lebensmut, ohne
Perspektive, dann nehme den anderen Zettel: Gottes Odem atmet in
mir.
„Geist“ entsteht keinesfalls aus „neuronaler physiologie und
elektromagnetismus der materie“, letztere sind lediglich jeweils
prozessuales Trägermedium für mentale Vorgänge, die ihrerseits
eindeutig immateriell und den oben benannten Harmonien (bzw. in
Resonanz mit diesen sein) entsprechen. Ohne Harmonien braucht es
keine Leier - ohne Geist braucht es kein Gehirn. Das Geheimnis
des Lebens ist die Synthese beider Substanzen.
Soweit für den Augenblick – more to come.
Bester Gruß! - Karl