Lieber Ingo,

Danke für Deinen Hinweis, und Du hast völlig Recht: grundsätzlich gäbe es ohne ein „Außen“ nichts, was sich davon als „Innen“ abheben könnte. Und um Deinen Gedanken aufzugreifen: Die von Dir beschriebene Stochastik stabilisiert ein Innen dadurch, dass es „keine und schon garkeine spezifische Antwort weiß“, dadurch, dass es nichts passend Widersprechendes, sondern nur sinnloses Gemurmel und Rauschen dagegensetzen kann. Damit erhöht es die Chancen des sich Abhebenden, zu überleben, es stabilisiert es, weil es ihm erleichtert, sich aus einem nur schwach oder garnicht strukturierten  Umfeld als Eigen abzuheben und sich zu behaupten.

Das „Außen“ enthält aber auch andere „Innen“, gedacht als ebenfalls, aber anders strukturiert. Von hier aus können nicht nur allgemein auflösende (entropische), sondern spezifisch verändernde Interaktionen erfolgen. Für Lebewesen sind mögliche Partner, allfällige Konkurrenten, Parasiten, Viren und Bakterien ein Beispiel, wobei die bakteriophagen Viren ja auch Bakterien entern können.

Das ist dann – um zur Veranschaulichung eine anthropomorphe Bildersprache zu nutzen, nicht der allgemeine Gevatter Tod, oder ein allgemeines Lebensprinzip, sondern noch obendrauf ein spezifisch belebender, inspirierender oder mindernder bis tötender spezieller Engel, Begleiter, Teufel oder Tod….

Aber das ist Dir sicher wieder zu stark bebildert..:-))

Noch ein Letztes, Dir bestens vertraut aus der Mathematik, z. B. der Topologie: wenn etwas unanschaulich wird, ist es dennoch unter Umständen ein legitimer Insasse eines (in sich stimmig und als homogen gegeben gedachten) Denkraums. Und dieser wird von verschiedenen Ausgangspunkten aus bedacht, wobei einer der mathematisch-abstrakte und ein anderer der philosophisch-abstrakte und gleichfalls der religiös-unanschaulich-abstrakte ist. In meinen Augen sind alle unbestreitbar legitim…. Auch die Physik verlässt in ihren Überlegungen ebenfalls den Raum des Anschaulichen, nicht zuletzt unter Zuhilfenahme der Mathematik.

Viele Grüße und Danke insbesondere für den Hinweis auf Stabilisierung – das hatte ich bisher nicht bedacht,

Thomas


Am 20.04.2025 um 10:10 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 20.04.2025 um 08:35 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Das zeitlich zyklische ist auf diese zusätzliche Innenschaffung durch räumliche Abgrenzung nicht angewiesen. Sehr wohl aber „schützt“ die räumliche Abgrenzung vor Stochastik im Sinn hereinbrechender anderer Zustände und Zyklen, während die „ungeschützt“ rein zeitliche Innen-Definition allen Einflüssen, die in ihrem Vorherbestimmen „starker“ als sie selbst sind mit zu schwachen oder fehlenden Widerstand, dann also widerstandslos ausgesetzt ist.

Moin Thomas, 

grundsätzlich schließt Stochastik ja Zufall und Determinismus als Grenzfälle ein. Könnte es gedanklich also nicht auch so sein, dass es gerade die allgegenwärtigen Fluktuationen sind, die das konstante Spiralen stabilisieren? Physiologisch sind ja etwa bei den Sinnesempfindungen und den Hirnaktivitäten das Zittern und Rauschen als stabilisierend nachgewiesen worden. 

IT


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