Am 25.08.2024 um 21:43 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
> Bekanntlich ist Sprechen bzw. Schreiben auch Handeln,Das wird so dahergesagt, so einfach ist das nicht, vielleicht ist es falsch. Auch ein Gerät kann schreiben, sogar ein Vervielfältigungsgerät, ein Drucker, das Tonbandgerät des Dr. Mabuse hinter der Gardine konnte sprechen und wirken.
Hi JH,
falsch ist es nicht, da ich 'auch' geschrieben habe. Es kommt auf die Quantitäten an.
Korrekt.
Wie verteilen sich Handlungen, Wiederholungen, Manipulationen, Reproduktionen und Variationen (durch Chatbots) über das Sprechen und Schreiben seit Beginn der Verbreitung von Schriften durch die Druckerpresse?
Das ist eine gute Frage. Es geht von vornherein um die Wahl der
Beschreibungsart (Beschreibung ganz allgemein, nicht mit der
Unterscheidung, die schon unterscheidet zwischen Umgangssprache
und etwa formalen Sprachen usw.), sondern um die Wahl, mit der die
Person zwischen Handeln und Geschehen unterscheidet. (Die erste
Wahl, dann kommt die zweite Wahl, usw. Ob eine Sache zuerst mit
einer Unterscheidung A-B verzweigt wird, und dann mit einer
Unterscheidung C-D, ergibt eine ganz andere Sache für das Denken
als wenn das umgekehrt geschieht. Vom formalen "Beschreiben" her
gibt es keinen Unterschied, nur in der aufgezeichneten Grafik.)
Wenn eine Person sofort Geschehen und Handeln trennt, ist sie
einerseits gezwungen im ersten Abzweig kausal zu denken, im
zweiten "menschlich", oder mit Immanuel Kant, der in diesem Fall
vielleicht geschrieben hätte "mit dem Willen". Wenn die Trennung
nicht anfänglich geschieht, wird der Unterschied zwischen
Geschehen und Handeln auf einen späteren Zeitpunkt des Bedenkens
verschoben, dann ist am Anfang ein Handeln auch ein Geschehen und
umgekehrt. Arthur Schopenhauer hatte sich erlaubt, umgekehrt in
etwa zu schreiben: "Ein Stein hat einen Willen, nämlich mir auf
den Kopf zu fallen", damit gab er dem Kant einen Hieb und übernahm
das Ganze in sein System. Das Wort "Anthropomorphisierung" ist
hier nicht besonders wichtig. Das Gegenteil nämlich dass das
Geschehen oft beim Handeln gedacht wird, liegt vor, etwa wenn
jemand sagt: "Ich konnte nicht anders."
Deine Vorsicht mit dem "auch" war in der Tat berechtigt. Es ginge
also darum, entweder vollständig kausal zu denken oder vollständig
"handelstheoretisch" oder "handlungstheoretisch", hast du ein
besseres Wort dafür? "Zwecksetzungsautonom" ist überladen. Im
einen Fall ist das sich bewegende Teil kausal zu denken oder eben
so, als würde es diese Bewegung ausführen. Der Satz "Der Pfeil
fliegt." ist schon zweideutig. Denke hier nicht an
"analytisches/synthetische Urteil", das wäre eine Übersetzung des
Satzes in eine andere Sprache. Ein Physiker denkt den Satz so
nicht, sondern er hat die Formeln dann zur Hand.
> Sprachforschende werden darüber Untersuchungen angestellt haben.
Kaum, weil sie sich meist in ihrem Abzweig denken, sich sozusagen
überwiegend um Information, Kommunikation usw. kümmern, und nicht
um Kausalität.
> Mir sind allerdings keine bekannt, Dir vielleicht?
Nein.
> Primär sind jedenfalls die originären Sprachhandlungen.
"Sprachhandlung" zu denken, ist schon das Kombinieren von
"kausal" und "handlungstheoretisch", und das ist vermutlich ein
Vermischen. Nicht unbedingt ein Irrdenken, denn man vieles mit
vielem anderen kombinieren, das Kombinieren steht dem
Unterscheiden gegenüber, es ist von vornherein beliebig erlaubt.
Nur geht es nicht einmal mit unterschiedlichen Stoffen immer
einfach. Denke hier an Lösung vs. Vermischung. Du als Spezialist
des Unterscheidens von Schwafeln und gutem Denken (oder
Mathematik, weil das von dir mit gutem Denken gleichgesetzt
scheint) hast damit sicher kein Problem.
> Dann kommt das verbreitete (manipulierte) Nachplappern, die
vielen technischen Reproduktionen und neuerdings die
Chatbot-Variationen.
Korrekt. (Jedoch wird der Manipulierte kausal gedacht, er wird in
dem Moment kausal, als Automat gedacht)
> Aber beziehen sich letztlich nicht alle auf die originären
Sprachhandlungen?
Auch korrekt, denn nach diesen "irrtümlich so bezeichneten Geschehnissen" braucht im Nachhinein nur die Kausalität gedacht zu werden.
Es geht auch weiter zurück als zu den "originären" Sätzen,
nämlich zu den Motiven, und auch auf diese kann die Kausalität
gedacht werden, es sei denn es geht zur platonischen Idee zurück,
dann wird etwa "das Böse" zur Ursache, nicht Vorsache, weil ja
dann die nicht mehr weiter gedacht werden darf oder braucht. Als
Nicht-Platonist genügen mir die Vorsachen und die Daneben-Sachen.