Am 30.05.22 um 14:44 schrieb Claus Zimmermann:
Ich nehme an, es geht um die Situation in der Ukraine.

Der spieltheoretische Ansatz ist anscheinend die Überlegung, wie für alle Beteiligten ein Optimum herauszuholen wäre.
Wir haben es hier aber mit einem Raubüberfall zu tun.

Das kann man so sagen, oder anders.

Wenn man die Interessen des Täters ebenso berücksichtigt wie die des Opfers, könnte man ihn dann nicht zur Wiederholung und andere zur Nachahmung anregen?

Egal wie die zwei Personen oder Instanzen gedacht werden, ob sie gut denken oder nicht so gut oder gar schlecht, ob sie moralisch schlecht sind oder moralisch gut, um was es ihnen geht, ist für die Folgemöglichkeiten egal. Also auch unabhängig von der Opfer-Täter-Bezeichnung. Folgende Möglichkeiten gibt es, schreibe ich mal, und wünsche mir Hinweise auf das was ich vergessen habe und was falsch ist. Ich habe die Probleme der einzelnen Punkte nur ansatzweise und nur mit Beispielen gezeigt:

1. Die Apfelteilung bei Streit wird von einigen als korrekt angesehen. Problem ist, dass es unteilbare Sachen gibt. Das Urteil des Salomon zeigt auf das entsprechende Problem.

Übrigens habe ich ganz klar gezeigt, dass Jürgen Habermas, sich für die Apfelteilung entschied, so wurde er zitiert und kommentiert, nicht von mir. Dass ich dies mit verschiedenen Möglichkeiten formal zeigte, hat wohl noch niemand bemerkt. (https://weltordnung.de/Ersetzungsverfahren.html)

2. Die Abgabe des Apfels an einen der Streitenden wird nach einem externen Zufall (z.B. Münzwurf, Gottesurteil, Zünglein an der Waage) beschlossen, bzw. es wird auf die Streitenden gewirkt, bis sie diesem Zufall zustimmen. Oder es wird die neutralst mögliche Person herangezogen, und die Streitenden einigen sich auf den Spruch. In Rechtssachen gibt es hierzu, wenn ich richtig liege, den Schlichterspruch. Warum nicht einen Seiltänzer als neutrale Person wählen, sie kennt sich mit dem Gleichgewicht aus, z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Philippe_Petit

3. Die Streitenden wirken bis zum Erfolg und Misserfolg oder bis zum Stillstand. Es entsteht oder entscheidet der interne Zufall. Beispiel Verdun: 1000 Tote täglich während etwa einem Jahr.

Eventuell zusätzlich: Jeder wird eingeladen, mit zu machen. Hierfür gibt es schon gefestigte Gruppen, die nur noch einzugreifen brauchen, sich zu expandieren brauchen, Länder und Organisationen. Folge: Zahlenbeispiel 1939-1945: ca. 36000 Tote täglich. Die gefestigten Gruppen werden dann nicht in Frage gestellt. Es muss ja Gute und Böse geben.

4. Es wird gejammert, kritisiert, belehrt, moralisiert, auf ähnliche Fälle verwiesen, skandalisiert, auf Einzelschicksale hingewiesen usw.

5. Einer der Streitenden kapituliert, oder muss es tun, oder er resigniert. Das gibt es nicht nur in der Geschichte, sondern auch in privaten Fällen und Rechtsstreiten (im Extremfall: andere Backe auch noch hin halten). Prager Frühling: weniger als 100 Tote trotz Widerstand. https://de.wikipedia.org/wiki/Prager_Fr%C3%BChling

6. Die Streitenden werden angemahnt, doch mit dem Streiten aufzuhören. Die Widerrede: "Der andere ist der Täter" wird von oben herab abgeschmettert. Dem Kind, das sagt, das andere hätte angefangen, wird gesagt, es wäre keine Zeit zum Streiten vorhanden. Der Streit müsse beigelegt werden.

Wenn man die Interessen des Täters ebenso berücksichtigt wie die des Opfers,
könnte man ihn dann nicht zur Wiederholung und andere zur Nachahmung anregen?

Ja, könnte man!

Viel besser wäre es doch, ihn zu entwaffnen, wie das im Geltungsbereich eines Gewaltmonopols ja auch aus guten Gründen geschieht. Zwischen Staaten gibt es aber kein Gewaltmonopol und dieser Täter ist bis an die Zähne bewaffnet, wenn auch nicht so unbesiegbar wie man dachte.

Voll zutreffend! Und realistisch. Es gibt eben keine Weltregierung, die über den Staaten steht. Weder eine, die das Wissen (inkl. Morallösungen) hat, noch eine, die die Waffen dazu hat. Die "Vereinten Nationen" schrieben nur Ideal-Rechte, das steht selbst in der Präambel. https://weltordnung.de/Zugang-Artikel-Menschenrechte.html.

Staaten werden dort als Gruppen akzeptiert und berücksichtigt. Aber wie Konflikte gelöst werden können, das steht da nicht. Ich kann mich irren, und warte auf Fehlerhinweise.

Zu einer fundierten Einschätzung der Situation fehlt mir der Überblick.

Mir auch.

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Am 30.05.22 um 16:02 schrieb waldemar_hammel:
daher sehe ich das ganze als militärmanöver, als gegenseitige waffenschau, mit echter munition und mit echten menschen zum verheizen ...

Hierzu könnte noch einiges mehr geschrieben werden, das ist schließlich nicht alles, höchstens mit Blick auf die Spieltheorie. Den Satz des Claus würde ich auch hier sagen: Zu einer fundierten Einschätzung der Situation fehlt mir der Überblick.

Joseph Hipp