Lieber Ingo,

Genau solche "methodisch zu unterscheidende Flächen, wie bspw. nach van der Waals, durch Lösungskontakt, Orbitalen, Elektronendichten, Dichtefunktionalen" und ihre Kräfte meinte ich.

Dabei müssen wir uns aber auch im Makromolekularen, mikro- dann auch makrokosmischen Bereich von dem freimachen, was uns unsere Anschauung, also der Sehsinn als Bild aufdrängen: Das ist das Bild eines räumlich fixierten, stillgestellten Gegenstandes, der dann über eine ebenfalls nur in Raumbildern gesehene Oberfläche zum „Außen“ vorweist.

Was wir als Gegenstände denken umschließt und erschließt in Wirklichkeit, das heißt dem Wirken nach Räume, die wiederum als Felder imaginiert oder beschrieben werden können. Was in diesem Feld-erschließenden Wirken geschieht, nimmt dann sehr wohl von etwas kompakt und punktförmig zu Denkendem Ausgang, aber dieser Ausgang, diese Quelle ist nicht die konkrete Verwirklichung, sondern eben ihr Ermöglichungsgrund, ihr Samen, ihr Quellpunkt, ihr Potenzial, wie immer man das nennen will.

Herkömmliche Objekte sind ihrem Wirken nach Quellen ihres Wirkens, Quellpunkte, Samen, Potenziale….

Das glit auch für das, was wir als Oberflächen sehen und ansehen: ihre Flächenhaftigkeit ändert nichts daran, dass sie Quellpunkt von Verwirklichungen sind.

Eine Verwirklichung des Potenzials eines Quellpunktes kann von außen, aus der Distanz gesehen werden wie eine Blüte, die dem Samen entwächst. In ihrem Sein als Ermöglichen und Wirken lebt sie ein eigenständiges Zusammenhängen, das ein Unterschieden-Sein handelnd impliziert. Das heißt, das Differenzieren, die Schaffung einer trennenden Zone ist außer bei Lebewesen nicht ausdrücklich und als zusätzlicher, eigenständiger Vorgang verwirklicht, sondern im So-Sein beinhaltet.

Dieses im Handeln beinhaltete Unterscheiden hat Spencer-Brown in Laws of Forms thematisiert. Um es zu verdeutlichen, kann man an die Stelle eines sich allmählich ins Diffuse auflösenden Feldes auch eines vorstellen, das aus einer ursprungsgleich aus der Quelle entspringenden Eigen-als-Anders-Sein und damit aus einer differenzierenden „Schicht“ besteht, die Kontakte in das so anschaulich gemachte, handlungserfüllte „Innen“ vermittelt.

Dieses Bild der aus einem Ermöglichungsgrund aufkeimenden Verwirklichung, veranschaulicht als „zentralen“ Quellpunkt und Raum-umschließende, ein Innen von einem Außen differenzierende Halbschale entspricht weder der Korpuskel, noch der Wellenvorstellung. Der Welle fehlt die in ihrem Handeln implizierte sinnhafte Grenzziehung, dem Korpuskel das Bild der erschließenden Dynamik. Auch wenn wir uns das Korpuskel als Fläche vorstellen, hilft das dem Dilemma nicht ab. Auch die anschauliche (und räumlich messbare) Fläche wird in unserem Zugang als Quellpunkt und Potenzial angesehen, und erschließt genauso, wie es ein tatsächlich räumlich kompaktes Korpuskel täte einen Wirkraum.

So viel in Kürze.

Die Befassung mit Wirkflächen war übrigens Thema meiner Zeit in der Biophysik-Abteilung des Heidelberger MPI für med. Forschung, in Gestalt der Untersuchung von Enzymen, Substraten und Inhibitoren, und der Auswirkung dieser Dynamik auf zelluläres und organismisches Geschehen. Aber das ist lange her….

 

Viele Grüße in die Runde,

Thomas


Am 08.10.2024 um 16:16 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 08.10.2024 um 08:21 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Auch Moleküle haben viele Oberflächen, die jeweilige Aspekte liefern. Jeder Aspekt triggert eine Schale im Gegenüber. Auch sie sind daher Schalenensembles, die zu Interaktionen angeregt und sich auf diese Aspekt-spezifischen Interaktionen einlassen können.

Moin Thomas, 

hinsichtlich der Moleküloberflächen könnte die Metaphorik verlassen werden. Aber was meinst Du mit „viele Oberflächen“? Teilflächen oder methodisch zu unterscheidende Flächen, wie bspw. nach van der Waals, durch Lösungskontakt, Orbitalen, Elektronendichten, Dichtefunktionalen oder etwa geometrisch algebraisch nachgebildeten? Und was wäre jeweils unter den getriggerten Schalen zu verstehen? Überlappen sich nicht schlicht dynamisch die Elektronendichten, aus denen schwellenwertabhängig Flächen gebildet werden können?   

Ein benannter, fixierter Ort ist ein herausgelöster Zustand, der getrennt von der Dynamik-spendenden Dynamic-Coherence-Providing potentia betrachtet wird. Empirisch ist das Mitbedenken des Seitens und hier, aber nur, wenn eine sequentielle Kontinuität vorliegt as Bild einer Welle. Auch sie ist zu isoliert gesehen, denn real sind nur Interaktionen in wechselseitigem Einvernehmen und danach erfolgender gemeinsamer Ausrichtung der Schalen. 

Ja, „alles ist mit einem Male“. Widerspricht das nicht jeglichem isolierendem Zugang, so dass darüber nur geschwiegen werden könnte und lediglich „ganzheitliches" Erleben oder Simulieren möglich bliebe? 

IT
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