Am 17.07.2023 um 09:59 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:Moin Karl,Dir erscheint mein Geschreibe, mir Dein Geschreibe absurd. Ich fasse mich wenigstens kürzer, wobei ich meine Thesen aus der letzten Mail für trivial halte. Für Dich aber sind bloße Aufzählungen von Überschneidungen schon Gleichsetzungen!? Und eingedenk des zeitgerichteten Prozesscharakters der Natur wie des Lebens halte ich die Einsicht, dass wir nur in der Zukunft leben können für ebenso trivial. In Dänemark werden bspw. Wärmepumpen seit den 1980ern, in Schweden seit den 1990er Jahren problemlos verwendet, während hierzulande ein machtpolitischer und populistischer Streit darüber noch immer nicht beigelegt ist. Deutschland ist um Jahrzehnte ins Hintertreffen geraten und hat dem Autowahn folgend sogar eine Autofabrik in einem Trinkwasserschutzgebiet errichten lassen!?
Moin, moin Ingo,
mir erscheinen Deine Beiträge nicht grundsätzlich abwegig, in einigen (vornehmlich naturwissenschaftlichen) Bereichen haben wir m.E. hinreichenden Konsens. Letzterer ist völlig abgängig, wenn es um nichtmaterielle Themen geht, zu denen wir uns hier äußern. Für Dich sind metaphysische Denkmuster grundsätzlich abwegig und warum sollte das nicht so sein können. Es fehlt Dir schlichtweg der Zugang zu diesem Bereich, wo sollte dabei das Problem liegen, sofern Du nicht in diese Richtung denkende Menschen insoweit diskriminieren würdest, als Du sie als Faschisten, Reaktionäre und Konservative kategorisierst. Auf mich bezogen, der ich hier bekanntermaßen als der Metaphysik zugetan gelte, empfinde ich diese Herabwürdigung beleidigend!
Ich weiß nicht, ob es hier in der philweb-Liste noch andere Teilnehmende gibt, die einen Bezug zu Metaphysik haben, man sollte es annehmen dürfen, denn schließlich ist dies ein philosophisch orientiertes Forum.
Philosophie steht als Geisteswissenschaft nun mal über allen Wissenschaften und damit auch über allem naturalistischen Denken, Forschen, (Be-)Rechnen.
Ausschließlich auf pures Zahlenwerk bezogene Menschen (wie Du Dich hier einmal als Abzählender bezeichnet hast) haben schwerlich – wenn überhaupt – einen Zugang zu Mythen, Märchen und Religionen und nicht zuletzt auch zu eigentlicher Philosophie. Zu Ideologien aber sehr wohl, wie man das an Dir unschwer erkennen kann, vornehmlich die Ideologie des Materialismus, eine Sichtweise, die nur erkennbare (abzählbare!) Gegebenheiten und daraus abgeleitete Gesetzmäßigkeiten als ihr reales Lebensumfeld annehmen; insoweit damit lediglich die naturalistische Lebensrealität beschrieben wird, ist diese Beschreibung zutreffend, niemals hingegen, wenn sie die Lebenswirklichkeit als Ganzes darstellen wollte.
Somit wird deutlich, dass Sinnstiftungen und Moralen durchaus notwendig sind, wobei sie selbstredend funktional sein sollten. Lebenswirklichkeit als Ganzes basiert auf der Sinnhaftigkeit des Lebens und dieser Schöpfung, welcher göttlichen Idee, resp. kosmischen Intelligenz diese auch immer entsprungen sein mag. Und so schließt sich ein Kreis um die physikalischen Gegebenheiten und die metaphysischen Phänomene als ein ganzheitlicher Denkansatz, wie dieser im fernöstlichen Denken weitaus näher an Lebenswirklichkeit heran reicht, als im ausschließlich naturalistisch fragmentierten Denken des westlichen Hemisphäre.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: Nun noch zu den Wärmepumpen. So diese in vorbildlich nordischen Ländern längst im Einsatz sind (wobei ich diese dort nicht an jedem Haus entdeckt habe), muss man doch die strukturellen Gegebenheiten vergleichend in Betracht ziehen. Deutschland mit seinen Industrieregionen - wie etwa das Ruhrgebiet - hat weit mehr Mehrfamilienhäuser, die nicht mal so eben mit Wärmepumpen beheizt werden können. Sehr wohl durch Fernwärme-Systeme, die zunehmend aufgebaut werden. Im Bereich von Ein- und kleineren Mehrfamilienhäusern hat man es immer noch mit einem erheblichen Anteil an Bestandsgebäuden zu tun, wo nicht einfach mal eine Wärmepumpe verbaut werden kann, ohne die gesamte Struktur einer herkömmlichen Öl- oder Gasheizung komplett zu erneuern.
Mich stört dieses fachfremde Gerede, wie es aus den Elfenbeintürmen selbsternannter Klimaschützer klingt. Wer Kinder oder Enkel hat, wird diesbezüglich konkrete Überlegungen anstellen, wie man den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten entsprechend von fossiler auf umweltverträgliche Energieversorgung umstellen kann. Dass dieses mit teilweise erheblichem finanziellen Aufwand verbunden ist, den nicht jeder Haushalt aufbringen kann, sollte allen realitätsfremden Klimaaktivisten und vor allen den Sozialisten eigentlich klar vor Augen stehen. Mit scheint, diesen realitätsfernen Anklägern steht der in einer Demokratie unumgängliche – damit bisweilen quälend langwierige – Abstimmungsprozess nicht mit hinreichendem Verständnis vor Augen.
Ja und zum „Autowahn“. Ich gehe davon aus, dass Du als Stadtmensch kein Auto hast, da Du es dort gar nicht brauchst. Dann kann man leicht von Autowahn sprechen. Ich fahre ein E-Auto, das definitiv nicht in der Berliner Grünheide gefertigt wurde. Aufgeladen wird es (indirekt) über die hauseigene PVA, so beteilige ich mich diesbezüglich nicht am fossilen Imperium, das Dir die Sorgenfalten auf die Stirn einbügelt.
Wer führte denn die Regierung in diesem Gebiet, als die Zustimmung zu dieser Autofabrik erfolgte? War die Aussicht auf Arbeitsplätze am Ende entscheidend, oder das Trostpflaster, dass es sich ja um „umweltfreundliche“ E-Autos handelt, die dort gebaut werden? Bei dieser Entscheidungsfindung wird es jede Menge an „machtpolitischem und populistischen Streit“ gegeben haben!
Wieder mal zu länglich geworden, diese Replik! Ich teile die Entschuldigung Goethes am Ende eines länglichen Briefes: „Entschuldige die Länge, zur Kürze fehlte mir die Zeit!“