Die Gegenüberstellung „Physis versus Psyche“
lässt sogleich an den klassischen Dualismus im Sinne Descartes
denken und darüber hinaus selbstredend an die nach wie vor
schwelenden Auseinandersetzungen hinsichtlich des
Leib-Seele-Problems.
Handelt es sich dabei um die versuchte Lösung eines Grundsatz- oder Scheinproblems?
Womöglich könnte zur Klärung dieser Frage die im
Wissenschaftsbereich eingeführte Begrifflichkeit von
„Psychophysik“ beitragen. Jedenfalls gälte es, die Empfindung
von Dualität aufzuheben, die durch die subjektiv vom
„Alltagsverstand“ (Hausverstand) getrennt erfassten Bereiche des
Seins verursacht wird, nämlich die unabweisbare individuelle
Bewusstwerdung der eigenen Körperlichkeit als Physis und die
der mentalen Konstitution als Psyche.
Dieses unzweifelhaft bestehende „funktionelle
Verhältnis zwischen Körper und Seele“ als eine Art
„mathematisches Funktionsverhältnis“ zweier Veränderlichen einer
Gleichung anzusehen, entspricht der Einführung einer quasi
„mathematischen Metaphorik“, wie Fechner diese vornahm. Fraglich
bleibt dabei, ob die damit erfolgte Positionierung des
psychophysischen Parallelismus gegenüber Dualismus und
Materialismus als konsensfähige Erklärung der benannten
Problematik (sei sie denn fundamental oder scheinbar)
hinreichend ist.
Von Fechner zu Ernst Mach ist diesbezüglich nur ein kleiner
Schritt, insoweit letzterer Fechners grundsätzliche Arbeit des
(unter einem Doppelaspekt angelegten) psychophysischen
Parallelismus explizit für den Bereich der „Leib-Seele-Theorie“
erweiterte und diese als „neutralen Monismus“ in die
Wissenschaftsphilosophie einführte. Wo Fechner das „Physische“
ebenso beseelt (womöglich in Anlehnung an Spinoza, Goethe) und
damit gewissermaßen auch als psychisch annahm, gibt es bei Mach
nur ein neutrales „Eines“, also weder explizit physische oder
psychische Entitäten. Jeweilige Wirklichkeit setzt sich bei ihm
aus Elementen einer einzigen zusammenhängenden Masse zusammen.
Wen mag es wundern, wenn sich aus derartig fundamentalen
Aussagen nicht unzählige Interpretationen, Thesen und Hypothesen
und nicht zuletzt ideologische Vereinnahmungen ableiten.
Letztere sind es, die mich im Zusammenhang mit Ernst Mach
irritieren, wie ich das zuletzt hier auf die Frage nach meiner
ablehnenden Haltung ihm gegenüber schrieb:
wh: „woher deine, karl, abneigung dagegen, wäre
vermutlich sehr interessant zu wissen, auch für Dich selbst!“
kj: Auch für mich selbst - das trifft den Kern und
zeigt, wie genau wir uns hier mittlerweile kennen. Mach‘sche
Mechanik, schrieb ich, ist natürlich ein großes Werk, wer wollte
das bestreiten. Vermutlich ist gar nicht Mach selbst, sondern
seine Jünger, die mich bisweilen heftigst irritieren. War und
ist’s nicht so mit diesem Christus? Haben nicht seine Jünger und
sonstige „Stellvertreter“ das eigentliche Werk (Bergpredigt) in
ihrem Sinne (um)interpretiert? Zweifelsfrei geht dieser
Vergleich zu weit, entspringt nur meiner subjektiven Einstellung
(sollte es eher als diffuses Ressentiment benennen). So gelobe
ich, Deinem Rat zu folgen und mich etwas wohlwollender meinen
diesbezüglichen Bücherressourcen zuwenden.
Und tatsächlich habe ich es so unternommen. Auf die (natürlich
zu erwartende) Einlassung Waldemars bzgl. Jesus, dem Christus,
möchte ich bewusst nicht eingehen; vielmehr nun auf Mach. Dieses
im Kontext meiner Hinwendung zum Themenkomplex des
psychophysischen Parallelismus und hoffentlich ohne
festgefahrenes Ressentiment ihm gegenüber, vor allem aber in
Erwartung von Beiträgen hier, die in Summe ein Stück weiter zum
Verständnis der geschilderten Zusammenhänge führen können.
Soweit für den Augenblick.
Mit besten Grüßen! - Karl