Am 16. Juli 2025 09:09:05 MESZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:
Am 15.07.2025 um 18:30 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
"Reicht es am Ende hin, die alltäglichen Erklärungsmuster, wie sie sich in Medien des ÖR oder sog. sozialen Netzen zuhauf finden, zu verstehen, geschweige denn zu verinnerlichen? Oder gleichen diese Muster doch wieder nur den althergebrachten, immer perrenierend vorgetragenen Erklärungen, Narrativen oder Sermons und es gibt kein wirklich Neues, kein Aufbrechen in ein „Sonnenzeitalter“ und sollte Nietzsche dann recht behalten mit der „Wiederkehr des Immergleichen“? Immerwährender Tanz um goldene Kälber." (Karl Janssen)
War Nietzsches Vorstellung oder Intuition nicht, man solle so leben, als ob jeder Moment für immer wäre, also nicht spurlos verschwunden, wenn durchlebt? Deshalb wollte er vermutlich ein Superheld werden.
Deshalb hob Nietzsche gegen seinen Wiederkunftsgedanken hervor: „Ich bekenne, dass der tiefste Einwand gegen die ewige Wiederkunft, mein eigentlich abgründlicher Gedanke, immer Mutter und Schwester sind.“ Seiner Freundin Salome gemäß hat Nietzsche die alte indische Lehre der ewigen Wiedergeburt geradezu umgekehrt: Nicht Befreiung von dem Wiederkunftszwange, sondern freudige Bekehrung zu ihm, ist das Ziel höchsten sittlichen Strebens, nicht Nirvana, sondern Sansara der Name für das höchste Ideal. Salome zufolge wollte Nietzsche den Gedanken naturwissenschaftlich fundieren und sich sogar einem einschlägigen Studium unterziehen.
Im Anschluss an Darwin lässt sich der evolutionäre Optimierungsalgorithmus stichwortartig zusammenfassen: Stoffwechsel, Selbstreproduktion und Mutation haben notwendig Selektion zur Folge. Und ähnlich nüchtern neutral kann auch Nietzsches aristokratischer Radikalismus charakterisiert werden: Der Wille zur Macht, die ewige Wiederkunft des Gleichen und der dionysische Rausch werden auf den Übermenschen hinauslaufen. Ebenso wie alle anderen Lebensformen ist auch der gegenwärtige Mensch nur eine Übergangsform in der Evolution des Lebens und der Naturgeschichte des Universums.
Nietzsche reiht sich zwanglos ins Sonnenzeitalter ein, wenn er im Ecce Homo hervorhebt: „Mit der Morgenröte nahm ich zuerst den Kampf gegen die Entselbstungs-Moral auf." Er empört sich darüber, dass die Menschheit bisher in den schrecklichsten Händen war, „dass sie von den Schlechtweggekommenen, den Arglistig-Rachsüchtigen, den sogenannten Heiligen, diesen Weltverleumdern und Menschenschändern, regiert worden ist." Und er fragt sich erregt: „Welchen Sinn haben jene Lügenbegriffe, die Hülfsbegriffe der Moral, ”Seele“, ”Geist“, ”freier Wille“, ”Gott“, wenn nicht den, die Menschheit physiologisch zu ruinieren. Wäre doch nur allen Menschen die Goldschmiedekunst und -Kennerschaft des Wortes eigen!“
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