Am 19.06.2022 um 15:40 schrieb waldemar_hammel:

und mit gott hab ich doch frieden geschlossen, indem ich sagte "gott ist UND ist nicht", je nachdem, ob ich in meinen animistischen oder meinem rationalen hirnteil unterwegs bin, damit ist das ganze
"gott oder nicht" weg und erledigt - ich muss nur sauber unterscheiden, ob ich rational oder animistisch argumentieren will, also "prologisch" immer vorausschicken "achtung, rational" oder halt
"achtung emotional/animistisch ("anima" = seele, atem), ein gott in wechselwirkung mit welt = unmöglich, eine emotional erlebte welt ohne gott = ebenfalls unmöglich, wobei der emotional-animistische
layer als basislayer (aller tiere) in uns weit wirkmächtiger ist, als der darüberliegende "hauchdünne" rationale layer, woraus vermutlich die merkwüdige "persistenz" der gott-"idee" im erleben+denken kommt


Also nun wird mir endlich klar, wie das mit Deiner Beziehung zu einem Gott abläuft:
Quasi ein Tag-Nacht-Geschäft; tagsüber, wo Du mit Hunden, Hühnern und Hausratten eine durchaus lebenspraktische Alltagswelt mit Deinem „rationalen Hirnteil“ bewältigst, verlässt Du Dich nicht auf Gott, sondern auf Deine stark ausgeprägte Ratio.
An dunklen, einsamen Abenden bis tief hinein in gedankenschwangere Nächte, überkommt Dich bisweilen dieser „Horror vacui“; diese Empfindung von Leere, Sinn- und Zwecklosigkeit menschlicher Existenz, ja von Existenz schlechthin. Du hörst in die Stille der Nacht, rufst verzweifelt nach Deinem Gott, doch er antwortet nicht. Nichts dringt durch die alten dicken Wände Deines Hauses und Du gehst ins Freie, Dein Blick richtet sich nach oben, kein Gott zu sehen, nur ein hinter Wolkenfetzen fahl glotzender Mond. In den unweiten Wäldern des Hunsrück hörst Du Hirsche röhren; das erinnert Dich an den 42. Psalm „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir“, wunderbar vertont von Mendelssohn Bartholdy (vor etlichen Jahren durfte ich das in einem Chor zur Aufführung bringen). Da kommt dann der Moment, wo Du Dir und Deinen Tieren zurufst: „ achtung emotional/animistisch ("anima" = seele, atem)“ und flugs schaltet Dein Gehirn unweigerlich um auf das animalische Hirnteil. Du befindest Dich nun im „Emotio-Layer-Modus“. Leider bist Du während dieser Phase am Schreiben für philweb blockiert, denn dann könntest Du auch mit mir Frieden hinsichtlich eines gemeinsamen Gottesbilds machen.



weizäckers vorstellung der "ure", "informationsatome" scheitert einfach daran, dass "information" ein funktionenkomplex zwischen "sender u empfänger" ist, eine funktion also und keine "hardware", konkret:
ohne empfänger/detektor keine "informationsbildung" in diesem, deshalb habe ich das im SIN-modell beschrieben:
S physikalisches signal => kann zu information I-nfo werden, wenn es von einem detektor aufgefangen und umgewandelt wird => kann dann zu N nachricht werden, zb in einem I-nfo nachverarbeitenden gehirn,
auch technische detektoren arbeiten so, und immer steht auch hinter ihnen ein I-nfo nachverarbeitendes/interpretierendes hirn (zb eines physikers)

Das ist nur ein Teil der Story zur Information: Geht man von Information als eine zu sendende resp. empfangende Nachricht aus, ist selbstredend ein Sender und ein Empfänger Voraussetzung für diesen Informationstransfer erforderlich.
Information kann aber von potentieller Art sein. Jedes etwas ("it") in der Natur trägt Information, die für beliebige Wechselwirkung abgerufen werden kann, was aber nicht (zu jedem Zeitpunkt) notwendigerweise geschehen muss. Das führt irgendwie auf Einsteins Frage an Bohr, ob denn der Mond nicht da sei, wenn keiner hinsieht. Eine angemessene Antwort könnte lauten: Irgendwer oder irgendwas schaut immer hin, d.h. alles Existierende und sei es das kleinste It (Ur) ist immer einer Wechselwirkung ausgesetzt, ansonsten es nicht existiert. Somit wäre Deine Aussage von "sender und empfänger" resp. Detektoren bestätigt. Aber wie gesagt, dass ist nur Teil der Story, da beliebige Quantensysteme potentiell existieren, die (in welchem Medium immer) sich im Zustand der Überlagerung befinden und somit nicht per Dekohärenz verkörpert sind. Das führt zur Begrifflichkeit von Potentia und Actus und damit zur (aristotelischen) Unterscheidung (sic!) von Vermögen und Wirklichkeit, zwischen "energaia" und "dynamis". Damit ist jedoch ein Begriffspaar in die Welt gesetzt, das sich seit jeher in unterschiedlichsten Auslegungen - bezogen auf die verschiedenen Weltbilder - darstellt.

Im Zusammenhang dieser Erörterung mag es lediglich das Faktum notwendiger Unterscheidung im Denken zwischen Geist und Materie verdeutlichen, in der Empfindung zwischen Psyche und Physis oder eben auch hinsichtlich des Leib-Seele-Problems.

Meine oben eher amüsante Darstellung radikaler Unterscheidung zwischen rational und „emotional/animistisch“ angelegtem Denken führt sogleich auf den von Thomas zuletzt vorgebrachten Hinweis auf Arbogast Schmitts Buch:

Denken ist Unterscheiden. Eine Kritik an der Gleichsetzung von Denken und Bewusstsein“

Ein für mich eher irritierender Buchtitel, da nach meiner Einschätzung Denken per se nicht mit Bewusstsein gleichgesetzt, sondern allenfalls damit assoziiert werden kann. Nun ist es unmöglich, aus diesem Titel die eigentliche Intention des Verfassers abzuleiten, zudem A. Schmitt mir bisher nicht bekannt war und ich keines seiner Werke kenne. Ein Blick in die Liste seiner Publikationen zeigt ihn mir als ausgewiesenen Kenner der antiken Philosophen insbes. Platon und Aristoteles, was mir den Autor (unbekannterweise) natürlich sympathisch macht.

Wie Rudi Ott ihn rezensiert, bringt das womöglich etwas Hintergrund zur Erörterung dieser Frage bzgl. einer Gleichsetzung von Denken und Bewusstsein:

Wie könnte etwas als etwas gedacht werden, wenn es nicht als ein Eines, mit sich Identisches, von anderem Verschiedenes, als ein Ganzes aus Teilen, als Zahl oder Größe, diskret oder kontinuierlich usw. gedacht würde.“

Das führt mich gedanklich geradewegs wieder zurück auf zuletzt hier angeführten C.F. von Weizsäcker und seine in „Die Einheit der Natur“ (1971) dargelegten Vorstellung, dass Quantenphysik (als der Makrowelt zugrunde liegend) axiomatisch aus der Unterscheidung empirisch entscheidbarer „Ur-Alternativen“, sog. „Ure“ aufzubauen ist. Das ist m.E. das Ausgangskriterium für die (auch von anderen Denkern übernommenen) Aussage, Natur antwortet stets auf die Frage nach ihrem Wesen mit JA oder Nein.

Das ist ein zunächst seltsam anmutender Denkansatz. Ihn nachzuvollziehen, hat natürlich auch zu unterschiedlichsten Interpretationen (bis hin zu blanker Ablehnung) geführt. Das wird auch weiterhin geschehen, da mit Blick auf das Kleinste eben nicht nur der lakonisch ultimative Hinweis resp. Bezug auf die Plancklänge weiterführt, sondern geradewegs die von Rudi Ott oben angeführte Aussage.


Soweit für den Augenblick. Das Thema wird uns sicher noch weiterhin beschäftigen, bzw. ich sollte natürlich noch auf Deine weiteren Argumente eingehen.


Bester Gruß in die Runde! - Karl