Hi Karl,
auf Signal bezogen ließe sich Information bspw. wie folgt definieren: „Als Information bezeichnet man das, was an einer Nachricht, auch wenn sie nacheinander verschiedene physikalische Erscheinungsformen annimmt, unverändert bleibt; eine Information kann somit `als Klasse äquivalenter Signale definiert’ werden.“ Mit dieser Definition hat sich Günter Ropohl in seiner „Allgemeinen Technologie“ auf Karl Steinbuch bezogen:
Obwohl sich Ropohl und Janich 1998 und 2001 über ein Verständnis von Information gestritten hatten, scheint mir die Auffassung von Information als Abstraktor zu der Janichs zu passen, nach der Information als Invariante menschlicher Kommunikation verstanden werden sollte. Siehe dazu die Übersicht von Helmut Klemm:
Den Mathematikern sind Abstraktionen ja auch nicht fremd und so wird sich vielleicht einmal ein allgemein akzeptiertes Verständnis von Information ergeben.
IT
Danke für die Literaturhinweise! Ropohls Buch "Eine Systemtheorie
der Technik" habe ich nicht gelesen, der Autor ist mir allerdings
in starker Erinnerung durch seine Arbeiten zur
Technologiefolgenabschätzung, ein Thema, das (als Ing.) ein
Schwerpunkt meines Philosophiestudiums war. Durch Ropohls
interdisziplinären Ansatz in seinem Denken hinsichtlich einer
verantwortbaren Technisierung war er seinerzeit mit Hans Jonas
(Prinzip der Verantwortung) die warnende Stimme vor einer nicht
mehr beherrschbaren Technikentwicklung. Weise Voraussicht, wie wir
heute wissen.
Hans Jonas' "Das Prinzip Verantwortung" geht weniger auf die
fatalen Folgen einer "aus dem Ruder laufenden" Technisierung ein,
sondern sieht vielmehr die Notwendigkeit einer neuen
Verantwortungsethik, gewissermaßen als "Zukunftsethik" und diese
generell bezogen auf ein Bedrohungsszenario durch ungehinderte
Machtentfaltung. Auch das erleben wir derzeit auf dramatische
Weise. Ich würde nicht mit ihm übereinstimmen, wo er sagt,
menschliches Handeln hätte sich völlig geändert, da menschliches
Unvermögen seit Anbeginn der Ontogenese zu beobachten ist.
Allerdings ist (wie er besorgt anführt) die Menschheit erstmals in
der Weltgeschichte in der Lage, sich selbst und die ganze Erde zu
vernichten. Auch darüber schwadroniert man derzeit in diversen
Machtzirkeln. Eigentlich unfassbar und bedrückend. Wenn Jonas
nahezu flehendlich für die Neuausrichtung eines gänzlich anderen
Verantwortungsprinzips eintrat, so sieht man am derzeitigen
Weltgeschehen, wie wenig sich derartige Appelle in Gesellschaft
und Politik eingeprägt haben, wie sich Machthaber schlichtweg
nicht darum scheren.
Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat
jedoch eine Neuausrichtung erfahren, indem jegliche Transzendenz
aus der Welt verbannt wurde. Für weite Teile der
Bevölkerungsschichten verlagert sich damit Verantwortung auf das
eigene Denken und Handeln und ich glaube sagen zu können, dass
dieser Verantwortung weitestgehend nicht entsprochen wird bzw.
garnicht entsprochen werden kann. Das wusste oder ahnte Jonas und
suchte nach einem neuen Absoluten, gewissermaßen als Ersatz für
die verdrängte Transzendenz. Doch wie kann man Absolutes in diese
Lebenswelt bringen wollen, wo irdische Welt per se kein Absolutes
bergen kann? Vermutlich deshalb setzte Jonas dafür die Natur als
Absolutes in ihrer ureigensten Wertigkeit. Dieses "Eigentliche"
sei nicht länger im Ewigen, sondern im Vergänglichen zu sehen, war
seine These.
Das ist ein interessanter Aspekt und für mein Dafürhalten ein
gängiger Weg für all jene, die sich von einem anthropomorphen
Jenseitsbild resp. Gottesvorstellung entfernt haben bzw. auf der
Suche nach alternativen Weltbildern sind.
Die Verantwortung für diese Lebenswelt jedoch, ist allen an's Herz
gelegt, seien es an Religionen oder sekulären Weltbildern
orientierte Menschen.
Zum Informationsbegriff fand ich im von Dir verlinkten Uni-Skript
diesen Passus als wesentliche Definition:
„Information“ wird damit als Selektionsleistung im Vorfeld des
Sender-Kanal-Empfänger-Systems verstanden."
Das ist genau der Punkt, auf den ich zu Waldemars S-I-N Modell
eingegangen bin.
Weiterhin heißt es im Skript:
"Der Begriff bezieht sich also nicht mehr auf die einzelne
Nachricht, die übertragen wird, sondern auf einen binären
Entscheidungsprozess, durch den sie aus einem Reservoir von
möglichen Nachrichten hervorgegangen ist. Bei der Auswahl aus zwei
möglichen Nachrichten ist beispielsweise nur eine Entscheidung zu
treffen – das entspricht einem Informationsgehalt von 1 Bit; bei
16 Möglichkeiten sind 4 Entscheidungen erforderlich – das ergibt 4
Bit. „Information“ ist aus dieser Sicht, so definiert Weaver, ein
„Maß für die Freiheit der Wahl“ und damit von der Anzahl der
Wahlmöglichkeiten – und dem Grad der Unsicherheit – abhängig.
Weaver: „Vermehrte Unsicherheit bedeutet vermehrte Information.“"
Vermehrte Unsicherheit => vermehrte Information => vermehrte
Entropie. Um von hoher zu geringer Entropie also von Unwissenheit
zu Wissen zu gelangen, bedarf es einer Information, die Wissen
erweitert (also Neues vermittelt). Dieses Neue (Erkenntnis über
diese Welt) muss stets wieder aufs Neue erfragt werden. Wohl kaum
wird es (wirklich) gebildete Menschen geben, die von sich
behaupten, die Welt in all ihren (spezifisch maßstäblichen)
Facetten erfasst zu haben.
Information ist nicht gleich Information. Diese Feststellung
ergibt sich aus der vielfältigen Auslegung dieses Begriffes. In
ihr liegt das "große Elend", wie Helmut Klemm sein Skript
überschreibt: "Das Informationszeitalter kann sich nicht einigen
über den Begriff Information".
Bester Gruß! - Karl
PS: Waldemar, wenn Du grad mitliest - ich hänge das hier noch
eben an - ist schon wieder spät geworden:
Du schreibst "Hirne sind ebenso wie ihre physiologie rein
materiell..."
Da zeigt sich sofort Deine Denkweise, nämlich die materielle! Im englischen Sprachgebrauch wird immer unterschieden zwischen Brain und Mind und das ist dann auch der entscheidende Unterschied: "mind is separate, yet inseparable from, the brain. The mind uses the brain, and the brain responds to the mind. The mind also changes the brain" (Erläuterung engl. Neurowissenschaftler).
Im Deutschen würde man sagen Gehirn und Geist - nur wer von
Geist nichts wissen will, hat da ein Verständnisproblem, oder
nicht?
Dann noch zur (Heisenbergschen) Unschärfe, derenthalben Du keine
klare Antwort der Natur zu erhalten glaubst. Ich mache es mir
einfach und verweise auf Phil Ball (englischer
Wissenschaftspublizist - der besonders QM sehr anschaulich
vermitteln kann - Du wirst es nicht brauchen, womöglich finden
weitere Teilnehmende hier aber Interesse daran).
Ph. Ball schreibt: "physicists, starting with Dieter Zeh in the
1970s and Wojciech Zurek in the 1980s, have developed a decent
understanding of the quantum–classical divide: the reason
particles can exist in superpositions of many possible states, but
cats are only ever dead or alive. Classical physics is now seen as
emerging from underlying quantum laws because of ‘decoherence’.
That is, brushes with the environment cause quantum superpositions
to lose coherence as information about them leaks out — and the
bigger the system, the faster it happens."
Also Unschärfe (Superposition) ja, aber am Ende (nach Kollaps der
Wellenfunktion resp. Density Matrix der Katze) ist die "Katze in
der Kiste tot oder lebendig" und die Frage nach ihrem leiblichen
Befinden hat die entsprechende Antwort ("Messprozess" nach Öffnen
der Kiste): JA oder NEIN. In der realen Lebenswelt befinden sich
die Dinge des Alltags nicht in Superposition sondern sind nach
Dekohärenz (sog. Quanten-Darwinismus) konkret mess-/fühlbare
Materie. So verstehe ich jedenfalls die mich umgebende, tragende
Natur.