Am 29.11.2024 um 10:01 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Am 29.11.2024 um 00:29 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:Ingo T. kann nicht verstehen, wie ich als naturwissenschaftlich ausgebildeter Mensch sich in metaphysischen Themen verlieren kann, Ich bedauere ihn, weil er nicht über die Hilfswissenschaft Mathematik hinaus denken will, bzw. alles Denkbare auf Mathematik bezieht, die obendrein noch als Geisteswissenschaft deklariert. Langsam wird‘s hier schön bunt oder gar absurd?Hi KJ,ich beziehe nicht alles Denkbare auf Mathematik. Das scheint mir eines Deiner Vorurteile über mich zu sein; denn schrieb ich nicht von sprachlichem Menschengeist und mathematischem Universalgeist? Obendrein kann Mathematik als Kunstsprache und insofern auch als Geisteswissenschaft verstanden werden. Grundsätzlich hat sich die Mathematik schon vor über hundert Jahren verselbstständigt, aber Konservative halten gerne an Vergangenem fest.Dann ging es um Entanglement. Dazu hatte ich auf Prof. Zeilingers diesbezügliches Experiment der Quanten-Teleportation hingewiesen. Wenn Quanten teleportiert werden, wird selbstredend Information übertragen und man, wie ich, Gehirnakrivitäten als quentenmechanische Prozesse ansieht (in Anlehnung an Penrose/Hameroff), kann angenommen, resp. vermutet werden, dass mit Teleportation von Quantensystemen auch mentale Zustände transponiert werden können. Natürlich ist das alles noch hochspekulativ. Doch sollen wir hier lediglich historische Philosophie abhandeln oder dürfen wir auf der Basis neuester Forschung auch in die Zukunft denken? Ingo (iT) träumt sogar vom Sonnenzeitalter!Du hattest geschrieben: „Für mich ist Gedankenübertragung nichts anderes als Quanten-Teleportation; Ebenso die sog. Morphische Resonanz n. Sheldrake.“ Daraufhin hielt ich es für ein Mysterium, „wie ein ingenieurwissenschaftlich und philosophisch gebildeter Zeitgenosse hier in der Runde so einen Unsinn schreiben kann. Welche Vorurteile mögen bei Karl warum eine Rolle spielen?“ Zu Deinen Vorurteilen hast Du Dich nicht geäußert.Hältst Du das Quantenbewusstsein wirklich für plausibler als das Sonnenzeitalter? Letzteres ist bereits technisch möglich, wird jedoch von der Übermacht des fossilen Imperiums und den Mrd. Fossiljunkies noch lange verhindert werden. Demgegenüber ist die Teleportation mentaler Zustände SciFi und makroskopisch ernstgenommen habe ich sie mit Bertlmanns Socken parodiert. Weder die Socken selbst noch ihre mentalen Zustände sind teleportierbar.
Gegen SciFi habe ich nichts, ebenso wenig gegen Zukunftsphilosophie. Sie sollte aber nicht als esoterischer Dogmatismus daherkommen wie in: „Für mich ist Gedankenübertragung nichts anderes als Quanten-Teleportation.“ Dabei ist bereits die ernsthafte Annahme von Gedankenübertragung bloße Spekulation. Ich kenne auch das Gerede davon, dass beim Klingen der Ohren wohl jemand an einen denke. Das ist Wunschdenken sich langweilender oder allein fühlender Menschen.
Mit Esoterik in heute üblicher Begrifflichkeit und Praxis habe ich definitiv nichts im Sinn. Erstaunlich ist doch, dass Menschen scharenweise die immer häufiger von Naturaposteln (somit Anti-Fossiljunkies“) betriebenen Strassenmärkte, Vorträge zu nachhaltiger Lebensführung usw. fluten.
Auf vielen Weihnachtsmärkten werden nun wieder Buden angefüllt mit Räucherstäbchen, Heilsteinen, Amuletten, ätherischen Heil-Ölen aufgebaut sein. Es liegen Flyer auf, wo Vorträge zur Lebenshilfe, basierend auf ayurvedischen Weisheiten zu satten Preisen feilgeboten werden und gerade dort findet man die Bücher über Quantenbewusstsein, Quantenheilung, Quanten und nochmal Quanten, Waldemars heilende Hammelkörnchen finden sich noch nicht im Angebot.
Wenn Du nun glaubst, diese Eso-Junkies würden mit Lastenrädern dort hinfahren, würdest Du bitter enttäuscht sein, sie kommen -wie gesagt- scharenweise in ihren SUVs, familien - aber garantiert nicht umweltfreundlich.
Daher meine Einschätzung: Diese Eso-Grünlinge sind die neuen Pfaffen - Wasser predigen, selbst Wein saufen. Das ist realer Zeitgeist!
Esoterik in seiner genuinen Bedeutung hat absolut nichts zu tun mit diesem dem Zeitgeist frönenden Religionsersatz der kommenden Jünger des Sonnenzeitalters, die mich eher an die Zeugen Jehovas mit ihren auf diese Lebenswelt projizierten Bibelfantasien vom Schlaraffenland auf Erden: Auf sonnigen Wiesen weiden Schafe und teilen sich mit den Wölfen das frische Gras. Entspannte Atmosphäre, Chillen und Kiffen, nennt man das heute, schlichtweg das Paradies auf Erden - Sonnenzeitalter eben. Fragt sich tatsächlich, wer von uns beiden der Träumer ist.
Tatsächliche Esoterik, wollte man diese beispielsweise an genuiner Ayurveda, als der Lehre vom Leben (Ayu) und Wissen (Veda) erläutern, bezieht sich auf historisch bewährte Methoden von Lebensführung und Heilweisen.
Ein gänzlich anderes ist es, den Zeitgeist betreffend, dass man bei objektiv näherer Betrachtung unschwer erkennen kann, wie es diesen Sonnenzeitalter-Junkies nur um sich selbst geht: Selbstfindung, das „Höhere Selbst“ in sich erkennen, wahre Selbstheilung durch Erweiterung des Quantenbewusstseins, Rettung des Lebens und der Welt über den Geist und die eigene Seele usf..
Du weisst sicher selbst, welche Klientel, resp. wes Geistes Kinder sich in dieser Öko-Szene tummeln. Glaubst Du im Ernst, mich diesen Eso-Sekten zuordnen zu können? Im Gegenteil, ich hatte Dich als Grünling eher dort verortet.
Wenn ich geschrieben habe, dass ich neuronale Prozesse als quantenmechanische Effekte annehme, durch welche die Elektrochemie im Gehirn entsprechend beeinflusst wird, widerspricht das nicht den bislang geklärten Vorgängen im Gehirn, womach ein Feuerwerk von elektrochemischen Prozessen abläuft, Chemische Botenstoffe ihre Wirkung entfalten und Synapsen Signale übertragen. All diese bekannten Mechanismen können jedoch nicht das Phänomen von Bewusstseinsbildung erklären.
Ob man nun diese Prozesse als quantenmechanisch ablaufend (Kohärenz/Dekohärenz) nach der Hameroff/Penrose-These ansieht oder etwa jener von F. Crick/c. Koch, oder von Edelman/Tononi oder eben die auf einem Computermodell basierende These von Stanislas Dehene, das bleibt aus der Perspektive aussenstehend Beobachtender eine Frage der persönlichen Einstellung und des entsprechenden Bildungsgrads. Vor allem bleibt es bis zur endgültigen Klärung spekulativ und das hatte ich definitiv erwähnt. Natürlich entspricht die gewählte Diktion meiner Sympathie für den benannten Denkansatz (Penrose/Hameroff) kann aber selbstredend keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben.
Das wissen (nicht nur) wir beide ganz genau und insofern kann man über Methoden, den Stand diesbezüglicher Forschung diskutieren, ohne den spekulativen Bereich despektierlich als esoterischen Humbug zu verunglimpfen. Der philosophische Denkansatz steht immer über dem empirisch angelegten Denkmuster, kann demnach nicht in der Sprache des letzteren formuliert werden.
KJ