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Am 16.03.2024 um 10:00 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



philweb dient vornehmlich dem philosophischen Gedankenaustausch, weniger dem Lernen. Und was Ursachen und Wirkungen „eigentlich“ sind, wirst Du bei Metaphysikern und Theologen lesen können, nicht bei aufgeklärten Zeitgenossen.


Umgangssprachlich müssen sich Ursache und Wirkung voneinander unterscheiden lassen, schliesslich handelt es sich (umgangssprachlich) um einen Zusammenhang. Newton führt die Anziehung zwischen Körpern auf Gravitation als Ursache zurück. Lässt sie sich auch unabhängig von dieser Wirkung feststellen und messen, so dass man sagen könnte: wir haben hier eine Gravitation von der und der Stärke und beobachten, dass sie zu der und der Anziehung führt? Falls nicht, wird hier etwas anderes unter Ursache verstanden als ausserhalb der Physik. G könnte z.B. durch eine Formel definiert sein, in der andere messbare Grössen und vielleicht eine Konstante vorkommen.

Mir scheint, dass Du das ironisch meinst; denn Du wirst doch aus der Schule das Newton'schen Gravitationsgesetz kennen oder einmal in ein Lehrbuch geschaut haben? Ich zögere, Dir überhaupt noch zu antworten. Aber sei’s drum! Nach Newton ist die Kraft F jedenfalls allgemein definiert als Bewegungsänderung (Beschleunigung) von Massen. Die Gravitationskraft G folgt speziell seinem Gravitationsgesetz und hat demgemäß eine Bewegungsänderung von Massen zur Folge, die als Wirkung der Ursache Kraft bezeichnet werden kann und je nach beteiligten Massen und Abständen zwischen ihnen verschieden stark sein kann. Kraftdefinition bzw. Trägheitsgesetz, Reaktionsgesetz, Gravitationsgesetz setzen natürlich Raum-, Zeit- und Bewegungsdefinitionen voraus. Alles zusammen lässt dann die Berechnung der Kepler’schen Planetenbahnen wie des Galilei’schen Fallgesetzes zu.

Du wirst Dich vielleicht daran erinnern, dass ich die Weiterführung der Invarianzen von der Newton’schen Mechanik über die Galilei-, Lorentz- und Einstein- bis zur Schleifen-Invarianz erwähnt hatte. Da sich die Newton’sche Mechanik als unzureichend erwiesen hatte, verallgemeinerte Einstein sie zur ART. In ihr wird aus der linearen UWB eine zirkularer Zusammenhang, den Wheeler schnodderig anthropomorph ausdrückte: „Der Raum sagt der Materie, wie sie sich bewegen soll, und die Materie sagt dem Raum, wie er sich krümmen soll.“ In dem Kunstwerk LQG wird aus den Spin-Netzwerken im Quantenschaum der Raum erst hervorgebracht.


Für mein Teil finde gut, dass Du hier die Gesetzmäßigkeit (in) der Natur bestätigst, ansonsten ich an Waldemars Aussage verzweifeln müsste, wo er dieses leugnet:-))


Was nun Erinnerungen an Schulzeiten anbelangt, wird man sich in unserer Altersklasse wohl eher noch an Schülerstreiche oder erste schmachtend heimliche Liebschaften, vielleicht auch an elterliches Missfallen angesichts ungenügender Schulnoten, erinnern;

Allenfalls noch an das Beispiel vom Apfel, der Newton auf den Kopf gefallen ist und ihm dieses Aha-Erlebnis bescherte, das damit zum Glück, seither und bis heute, jenen wenig aufgeklärten, bzw. nicht so sehr an MINT-Fächern interessierten Zeitgenossen die Formel „F=ma“ auf den Lebensweg gegeben werden kann, um sich nicht wundern zu müssen, warum im Herbst überreife Äpfel vom Baum auf den Gartenboden und nicht in den Himmel fallen, wo doch alle rechtschaffene Natur ihre finale Ruhestätte findet (letzteres gilt allerdings nur für wenig aufgeklärte Zeitgenossen!)


Und ist es nicht ein Glück, dass J.A. Wheeler sich der wenig aufgeklärten Zeitgenossen erbarmte und die mathematisch bisweilen anspruchsvollen Zusammenhänge von Einsteins ART, also die Erweiterung von Newtons Gravitationsgesetz und spezieller Relativitätstheorie, auf diese „anthropomorphe“, also auch dem Durchschnittsmenschen in dieser Art verständlichen Weise dargestellt hat?


Oder hätte er doch eher von „Invarianzen von der Newton’schen Mechanik über die Galilei-, Lorentz- und Einstein- bis zur Schleifen-Invarianz“ sprechen sollen, weil er es unter seiner Würde gehalten hätte, sich mit simpler Metaphorik nur wenig aufgeklärten Zeitgenossen verständlich zu machen?

Den Aufgeklärten zum Trost: Wheeler hat natürlich auch wissenschaftlich publiziert und er, der Einstein noch persönlich kannte, zudem auch intellektuell in der Lage war, dessen Postulat in seiner eigentlichen (sic!) Bedeutung zu verstehen, war dennoch bescheiden und Menschenfreund genug, sein enormes Wissen nicht nur aufgeklärten Zeitgenossen vorzuenthalten. Überdies ist er mein Idol bzgl. Information: „it‘s from bit!“

So denke ich, sollte man schon immer zwischen den Welten  des (durchaus auch bildungsnahen) Alltagslebens und jener der Wissenschaft unterscheiden. 


Hier in philweb finden sich keine wenig aufgeklärten, resp. bildungsferne Teilnehmende, denn solche würden hier nicht eingeschrieben sein.


Bester Gruß! - Karl





Das Standardmodell der Elementarteilchen setzt neben der Quantentheorie mit ihrer Eichinvarianz lediglich die Lorentz-Invarianz als Relativitätsprinzip voraus. Die Gravitationstheorie blieb außen vor, was einen kreativen Kopf wie Feynman natürlich wurmte, so dass er die Gravitation anstatt Einstein- Eich-invariant quantisierte, indem er die linearisierte Einstein-Gleichung in eine Gravitonengleichung transformierte. Die mit LIGO (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) registrierten Gravitationswellen lassen sich also auch als Gravitonenstrahlung verstehen. Dabei vermitteln die Gravitonen die Massen-WW in ähnlicher Weise wie die anderen Bosonen die Ladungs-WW. Jenseits des Alltagsaberglaubens handelt es sich bei UWB physikalisch also lediglich um linearisierte Näherungen im WW- bzw. Raum-Zeit-Materie-Gefüge.          


Eine Parallele  in der Umgangssprache wäre vielleicht das Verhältnis zwischen Motiv, soweit man darunter einen Umstand versteht, der jemanden zumindest innerlich bewegt, und Handlung. Wenn es nicht zu einer innerlichen Bewegung führt, ist es keins. Wenn es nicht zu einer Handlung führt, war es nicht das stärkste.

Ja, linear gedacht entsprächen Motive als Gründe für Handlungsänderungen Kräften als Ursachen von Bewegungsänderungen. Menschen handeln in Gesellschaften und kosmische Massen bewegen in Galaxien. Nach Habermas sind Gesellschaften systemisch stabilisierte Handlungszusammenhänge sozial integrierter Gruppen. Entsprechend wären Galaxien systematisch stabilisierte WW-Zusammenhänge gravitativ integrierter Sonnensysteme.

IT








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