Am 18.04.2025 um 03:18 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Am 17.04.2025 um 08:08 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Ich sprach nicht von Gottesgesellschaft, wie Du es mir unterstellt hast, sondern von Gottesstaat. Was könnte ich damit hierzulande gemeint haben? Der hiesige Staat versteht sich als Verfassungsstaat und in der Verfassung steht, dass sich das deutsche Volk angeblich auch vor „Gott" diese Verfassung gegeben hat. Zudem wird im GG der Kirche ein eigenes Kirchenrecht zugestanden, der Staat zieht für die Kirchen die Steuer ein, finanziert aus Steuergeldern konfessionelle Institutionen, legt per Gesetz für alle die konfessionellen Feiertage fest — und regelmäßig legen die meisten Regierungsmitglieder ihren Amtseid auch auf „Gott" ab. Das also meine ich mit Gottesstaat und auch Du könntest es Dir so gedacht haben. Warum gibt es hierzulande keine strikte Trennung von Staat und Kirche? Wäre das der Fall, wäre meine Behauptung widerlegt.   

So also nochmal zu Deiner absurden Behauptung, dieses Land sei ein Gottesstaat. Mit dieser Begrifflichkeit verbindet man Staatsformen in Ländern, wo alle Staatsgewalt einzig in den Händen religiös legitimierter Herrschender liegt. Dementsprechende Beispiele derartiger Herrschaftsformen muss ich hier nicht explizit angeben, da solche hinreichend und offensichtlich bekannt sind.

Wenn Du das politische System in Deutschland mit eindeutig demokratischer Gesellschaftsordnung als Gottesstaat im Sinne einer Theokratie definierst, kann man dieses nur noch als absichtlich provozierend vorgebrachte Diskreditierung unserer Staatsform werten.

ich habe das politische System in Deutschland nicht als Gottesstaat im Sinne einer Theokratie definiert. Lies doch einfach mal, was ich geschrieben habe. Wie das Beispiel Deutschland zeigt, gibt es auch demo- und nicht nur autokratische Gottesstaaten.  

Du hast demnach unmissverständlich geschrieben: „Dass wir in einem Gottesstaat leben, lässt sich vielfach belegen…“

Worauf ich geantwortet habe: Mit dieser Begrifflichkeit verbindet man Staatsformen in Ländern, wo alle Staatsgewalt einzig in den Händen religiös legitimierter Herrschender liegt. Und von „Gottesgesellschaft“ habe ich definitiv nicht geschrieben.

Moin Karl, 

insichtlich der Gottesgesellschaft hatte ich Dich so verstanden, weil Du geschrieben hattest: „Zudem beteiligen sich nur noch 5% der Bevölkerung aktiv an religiösen Zusammenkünften wie Kirchgang etc.“ Darin sehe ich einen Gesellschaftsbezug, während ich an den Verfassungsstaat gedacht hatte.  

Das müsste allenfalls im Delirium geschehen sein, eine Form geistiger Verwirrtheit, nobel ausgedrückt Irrationalität, die Du per se Andersdenkenden, d.h. nicht Deinem Weltbild Folgenden, zuschreibst. Da haben wir erstaunliche Gemeinsamkeit, nur eben aus entgegengesetzten Positionen. 

Und wieder reagierst Du emotional. Wobei Du als entgegengesetzte Positionen ansiehst, was ich als verschiedene Definitionen auffasse. Für Dich sind Gottesstaaten ausschließlich autokratisch, für mich auch demokratisch.

Weder Du noch ich rücken auch nur ein Jota von unseren jeweiligen Denkmustern und -fixierungen ab. Du wirfst mir (zurecht) überzogene Selbstbewusstheit, resp. Selbstherrlichkeit vor und ich sehe gar nicht ein, warum ich im Disput mit Dir davon abrücken sollte. 

Genügt unser beider Denkmuster hinsichtlich des Gottesstaates nicht dem Schema: Definition, Satz, Beweis? Deine Definition ist durch den Bezug auf Autokratie nur enger. In der Mathematik wird das Schema seit Jahrtausenden verwendet, warum nicht auch in der Philosophie?     

Wie sehr und immer ich Thomas‘ Appell zur Suche nach Kongruenz, nach Kompromiss, nach Konsens schätze und seine Beiträge hier so sehr begrüße, Dir gegenüber halte ich es jüdisch: „Auge um Auge…“ 

Ja, warum siehst Du Definitionen als Positionen an? Weil mit ihnen Absichten verfolgt werden? Das wäre ein Fall für die Ideologiekritik. Weil sie unsinnig sind? Das wäre ein Fall für Angemessenheit hinsichtlich Anwendbarkeit. Anwendbar sind unser beider Definitionen.      

Du wirfst mir Irrationalität, Emotionalität, Vorurteilsbehaftung, Naivität hinsichtlich meiner metaphysischen, resp. religiösen Weltsicht vor, ohne diese Vorhaltungen jeweils tiefergehend argumentativ zu begründen. Nicht minder sehe ich bei Dir ein sehr eingeschränktes positivistisches Weltbild, verbunden mit gesellschaftspolitischem „Schubladendenken“, also eben auch vorurteilsbehaftete hyperliberale Sozialphantasterei und Umwelthystherie, so als hättest Du in Deinem bisherigen Leben von Luft und Liebe gelebt; Als hättest Du dieser Erde keine Ressourcen geraubt, wie die von Dir verachteten Zeitgenossen des „fossilen Imperiums“.

Und wieder reagierst Du emotional.   

Diesbezüglich hatte ich mich des öfteren geäußert und beispielhaft geschildert, wie ich meine Lebensführung und die meiner Familie auf eine möglichst umweltschonende Art umgestellt habe und mir deshalb erlaubt habe, darauf hinzuweisen, dass es zu zunächst in der Verantwortung des Einzelnen liegt, Ernst zu machen mit Umweltschutz und nachhaltiger Lebensführung. Von Dir habe ich hierzu kein persönlich gehaltenes Beispiel vernommen, ausser eben Dein Appell an das quasi virtuelle Kollektv eines „fossilen Imperiums“. So wäre meine Frage: Heizt Du Dein Haus oder Deine Wohnung mit getrocknetem Kuhmist oder lässt Du vom fossilem Imperium heizen? Verrichtest Du Deine Besorgungen und sonstigen Terminverpflichtungen ausschließlich zu Fuß, mit dem Fahr-/Lastenrad oder doch mit  Bus, U-/Straßenbahn? Wie sind letztere Verkehrsmittel betrieben? 

Und wieder reagierst Du emotional. Um ein rationales Beispiel zu nennen, wiederhole ich:  Bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung kommt es nicht darauf an, dass eine Politikerin vorbildlich langsamer fährt, sondern dass es ein Gesetz für alle zur Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. 

Einfach nur lächerlich, sich rückblickend bis in die Gegenwart über Nutzung fossiler Energie zu echauffieren, wohlwissend, dass der Umbruch zum Gebrauch nachhaltiger Energie eine gigantische technologische und logistische Herausforderung ist, die zudem mit hohem finanziellen Aufwand verbunden ist. Daher war meine Frage, was die von Dir präferierte rot-grüne Regierung all die vergangenen Jahre signifikant hierzu geleistet und was Dich veranlasst hat, proaktiv schon mal die künftigen Polit-Protagonisten Merz-/Söder-/Klingbeil als Ignoranten zu diskreditieren. 

Und wieder reagierst Du emotional. Wobei auch Du wieder ignorant reagierst hinsichtlich meines Beispiels Geschwindigkeitsbegrenzung — oder verstehst Du nicht, was ich damit meine? Und hinsichtlich der rot-grünen Regierung: meinst Du die unter Schröder oder die Ampel? Was die künftigen Polit-Protagonisten Merz-/Söder-/Klingbeil vorhaben, steht im Koalitionsvertrag. Den hatte ich mit Verweis auf Erhard als Rückfall in die 50er Jahre bezeichnet. Du magst es als diskreditierend auffassen, für mich ist der Slogan „Wohlstand für alle“ verantwortungslos, da er weiter Verschwendung proklamiert. Meine Frage nach dem Verantwortungsverständnis der Grünen bzw. Schwarz/Roten hattest Du ignoriert.             

Aber nun lass‘ uns bloss nicht weiter in politischen Disput abdriften, sonst können wir dieses philweb wirklich dichtmachen. Zudem Du ja Thomas gegenüber betont hast, dieses Forum sei dem philosophischen und nicht dem psychologischen Diskurs gewidmet, dabei ignorierend, dass Philosophie die „Mutter der Wissenschaft“ ist (Schma Waldemar!) somit Aspekte der Psychologie mit einschliesst, insbes. auch jenes Anliegen von R. Tausch, im partnerschaftlich kommunikativen Umgang miteinander auf gegenseitige Wertschätzung und Empathie zu achten.

Die Mathematik ist seit 6000 Jahren die Mutter aller Wissenschaften, siehe dazu: Hans Wußing, „6000 Jahre Mathematik. Eine kulturgeschichtliche Zeitreise.“ In der Wissenschaft kommt es hauptsächlich auf Rationalität an, weniger auf Emotionen. Also Wertschätzung ja, Empathie nein. Das sieht Thomas ja anders und in der Medizin als Heilkunst kommt es natürlich auch auf Empathie an. Ich halte ja die Unterscheidung von literarischer und wissenschaftlicher Philosophie für sinnvoll.      

Empathie in robustem Ausdruck entspricht durchaus einer Gefühlsaufwallung, warum sollte diese nur in Therapiezirkeln auftreten, bzw. bedacht werden können?
Dass solches „Arousal“ Dir in dieser Runde unwillkommen ist, sofern Dir ein Thema nicht zusagt, bzw. Deiner gesellschaftspolitischen Attitüde entgegen steht, ist sehr verständlich. Doch bekanntlich unterscheidet man in der Psychologie sehr deutlich zwischen Verständnis und Akzeptanz.

Gegen die Unterscheidung habe ich nichts, aber in der wissenschaftlichen Philosophie reicht Verständnis durch Nachvollziehbarkeit hin. Um zuzuspitzen: Wem rational argumentativ nichts einfällt, der reagiert emotional aufbrausend. Deine Mail wäre wesentlich kürzer ausgefallen, wenn Du nüchtern rational geblieben wärst.   

it: „Auf jeden Fall wäre das ein Anfang auch fürs Philosophieren; denn agreement sollte Nachvollziehbarkeit voraussetzen“ […] „Welch große Worte“

Nachvollziehbarkeit einer Aussage setzt grundsätzlich hinreichende Perzeption und Inferenz voraus, der ggf. Verständnis oder Akzeptanz folgen können.

Methodisch konstruktives Vorgehen ermöglicht beides. Literarisches Philosophieren lässt keine hinreichende Perzeption und Inferenz zu. 

Verständnis für ein nicht eingängiges , resp. nicht genehmes Themenfeld aufzubringen, ist  möglich, unmöglich hingegen Akzeptanz im Sinne von Anerkennung oder Hinnahme. Dieser Zusammenhang macht es bisweilen so schwer und manchmal unmöglich, hier einen Diskurs konsensual zu halten.

„A wonderful agreement of human beings about the known parts of the Universe“, hatte ich als große Worte bezeichnet. Inwieweit bestünde Einigkeit zwischen uns hinsichtlich der bekannten Teile des Universums? Das Philosophieren begänne dann mit dem Fragen nach Bekanntheit und Teilbarkeit … 

IT