Am 22.10.22 um 16:51 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb:
Ich denke nicht, dass dies der von dir gedachten Bedeutung entspricht.

In letzter Hinsicht schon, da die Dissonanzen eine gesellschaftliche Unordnung in der Form darstellt, dass die obere Elite trotz einer gemeinsamen Sprache nur oberflächlich eine gemeinsame Sprache verwendet. Die Dissonanzen also die hier im Sozialen, also dem menschlichen Verhalten untereinander entstehen, tragen zu einer Unordnung bei. Die Gesellschaft funktioniert als ganzes nicht mehr. (Hat sie vielleicht nie, aber These es gibt schlimmere und bessere Zustände der gesamtgesellschaftlichen Kommunikation)

Heute tweetete ich:

Vermutlich der Hauptirrtum zwischen Laien und Wissenschaftlern. Der Wissenschaftler sagt, dass alles hinterfragt werden kann und der Laie macht daraus, das ja nichts gewiss ist, ohne zu begreifen, dass auch die Hinterfragung Argumente und Beweise bedarf. https://twitter.com/ArnoldSchiller/status/1583836983016579072

Ich habe für mich das Wortpaar "soziale Dissonanz" gewählt, weil ich keinen besseren Begriff für diese verschiedenen Phänomene habe. Sie gehen ja weit über die verwendete Sprache hinaus und betreffen unterschiedlichste Sozialisationen und Verhältnisse. Wenn arme Menschen sich über die Sparvorschläge aus dem Parlament aufregen, dann hat dies direkt mit ihrem Lebensumfeld zu tun. Wer sein Kind von 285€ monatlich kleiden, pflegen, ernähren und bilden muss, der kann sparen. Wenn dann noch das Bundesminiterium für Ernährung und Landwirtschaft sagt, dass Hartz-IV Empfänger falsch einkaufen, dann geht das Klientel von #IchbinArmutsbetroffen natürlich an die Decke.

Wenn eine Forscherin zu Essstörungen auf @realsci_de wundert, dass jedes fünfte Kind unter Essstörungen leidet, dann verblüfft, obwohl die Gruppe nicht deckungsgleich ist, das eher weniger, wenn man weiß das jede fünfte Kind nur 285€ im Monat zur Verfügung hat.

Im Grunde verwende ich das Adjektiv in dem Sinne wie es Luhmann auch in  "
soziales System“ verwendet. Und ween wir das jetzt unter kybernetischen Regelkreisläufen betrachten, dann liegt die Dissonanz in diesem System halt darin vor, dass sich die Lebenswelten soweit voneinander trennen, dass gleiche Begriffe etwas komplett unterschiedliches bedeuten, selbst bei der Verwendung der gleichen Muttersprache und die Kommunikation gar nicht mehr gelingt.

Diese Entkoppelung dieser verschiedensten Lebenswelten, dass irgendwelche Schwurbler scheinbar wissenschaftlich argumentieren, aber sich einfach nur der wissenschaftlichen Sprache bedienen, ohne dabei auch nur annähernd wissenschaftliche Standards einzuhalten oder wie Professor Humbug äh Homburg aus ihrer ursprünglichen wissenschaftlichen Herkunft total abdrehen, dass einem vernünftigen Menschen schlecht werden muss.

Ich weiß nicht unter welcher Begrifflichkeit ich diese verschiedenen in der Gesellschaft zu beobachtenden Phänomen bezeichnen soll. Als ich 2017 für mich den Begriff "soziale Dissonanz" fand, war ich mit diesem sprachlichen Ausdruck zufrieden, weil er zumindest für mich diese unterschiedlichen Aspekte der Gesellschaft, die ich schon seit längeren beobachte, zufriedenstellend traf.

Viele Grüße,

Arnold