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Am 26.05.2025 um 08:08 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Karl gegenüber hatte ich dazu angemerkt: „Wie hängen Nervensignale und Gedanken zusammen bzw. Physiologie und Phänomenologie? Gedanken können wabern wie Nebel und Wellen oder verdichtet in Bildern und Wörtern erscheinen. Die ihnen zugrundeliegenden Nervennetze könnten ähnlich von Möglichkeitswellen begleitet werden wie die Teilchensysteme in der QM. Aber darüber müssten bspw. Tegmark und Stapp schon gründlich nachgedacht und mathematische Modelle mit Hirnscans abgeglichen haben.“ Vielleicht legen Hirnscans nahe, ob sich um die lineare konisch weitere Zeiten spiralen. Gefühlt leben wir ja ständig überlappend in mehreren Zeiten. Und humoristisch ergänzt könnten sich Rechts- und Linksdrehende natürlich nicht verstehen: 

Rechts- oder linksdrehende Strudel ziehen nicht selten unter Wasser. Zur Zeit etwas „unter Wasser“ - das trifft für mich derzeit zu. 


Alles hat seine Zeit, sagt man. Und so wird es lebensnah auch biblisch (Prediger) überliefert:


 „Geborenwerden hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit; Pflanzen hat seine Zeit, und Gepflanztes ausreißen hat seine Zeit;

Töten hat seine Zeit, und Heilen hat seine Zeit; Zerstören hat seine Zeit, und Bauen hat seine Zeit; Weinen und Lachen hat seine Zeit; Klagen hat seine Zeit, und Tanzen hat seine Zeit; Suchen hat seine Zeit, und Verlieren hat seine Zeit; Aufbewahren und Wegwerfen hat seine Zeit; Zerreißen hat seine Zeit, und Flicken hat seine Zeit;

Lieben hat seine Zeit, und Hassen hat seine Zeit; Krieg hat seine Zeit, und Friede hat seine Zeit. Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit;


Zeit haben, um zu denken, resp. um über „Gott und Welt“ nachzudenken. Doch was nützte vorhandene Zeit, wenn der Antrieb hierzu fehlt? Ist nicht alles diesbezügliche schon unzählige Male gedacht und hinterfragt worden und doch ohne erschöpfende Antwort geblieben: „Warum ist etwas und vielmehr nicht nichts?“. Warum hat Hassen und haben Kriege, warum haben Spiralen der Gewalt ihre Zeit, warum nicht Spiralen menschlicher Vernunft? 


„Kein Baum wächst in den Himmel“ sagt der Volksmund, aber kann man in Anlehnung daran davon ausgehen, dass benannte Spiralen Anfang und Ende, eben ihre jeweilige Zeit haben? 


Metaphysisch durchaus als den Omega-Punkt gesehen, in theologischer wie philosophischer Betrachtung der Endpunkt, das Telos der Evolution, wie Pierre Teilhard de Chardin diesen beschrieb. 

Ein der Selbstorganisation aller Lebensformen innewohnendes Ziel (Entelechie), das diesen Sinn- und Zweckhaftigkeit, die ideale Form verleiht: „Admirabilis transitus a potentia ad actum“, in Leibniz‘scher Auslegung des Begriffs von Entelechie, als eben diesem zielgerichteten Werden aller Dinge. 


Alles Werden hat seine Zeit. Doch was ist diese Zeit?


Kosmisch gesehen ein Werden und Vergehen als unendlich zyklischer Prozess etwa nach dem Modell, wonach das Universum zeitlich (sic!) unbegrenzt sich unendlich wiederholend aus Quantenschaum (Uratom) aufbaut und entropisch wieder in diesen zerfällt. 


Allein schon das spekulative Durchdenken dieses kosmischen Modells lässt den Faktor Zeit aus lebenspraktischer Perspektive zu einem kosmischem Nichts „verdampfen“ und macht deutlich, dass Zeit keine universelle Naturgrösse ist. No Mass - no Time. 


Warum also quälen sich Menschen so sehr mit dieser Zeit, wo sie letztendlich doch nichts anderes ist, als die von einer Uhr quasi als Zeitmesser aufsummierten „Ticks“ eines prozessual entropischen Zerfalls, eben diese irreversibel fortwährende Wechselwirkung makroskopischer Objekte aus deren Superposition (Kohärenz ~ Potentia) mit seiner Umgebung (Dekohärenz ~ actum).


„If I Only Had Time“,  das u.a. von John Rowles in den späten 1960er Jahren gesanglich ausgedrückte Bedauern keine Zeit zu haben, um Träume (potentia) zu verwirklichen (actum).


Alles hat seine Zeit - nun kommt meine Zeit zum Schlafen…


KJ