Ich hatte den Beitrag schon mal geschickt, ist aber nicht angekommen.



Von:
Claus Zimmermann <mail@clauszimmermann.de>

Gesendet: 21. Februar 2025 20:38:56 MEZ
An:
philweb <philweb@lists.philo.at>

Betreff:
Re: [PhilWeb]  Re: Vorurteile und Kritik




Am 21. Februar 2025 18:18:06 MEZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:


Am 20.02.2025 um 22:34 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Aber wie wäre es mit der Formulierung, dass Kant Hume unter der Meta-Annahme der Vernunftsphilosophie von der angenommenen Vernünftigkeit der Kausalitätsananahme bzw. von der angenommenen Unvernünftigkeit des Skeptizismus kritisierte?

Der Satz übersteigt meine Fähigkeiten.


Tag Ingo, ich habe die Diskussion ehrlich gesagt nicht so genau verfolgt und halte mich deshalb raus, möchte Joseph nur darin recht geben, dass dein oben zitierter Satz für einen Normalsterblichen wenn überhaupt nur mit einigem Interpretationsaufwand zu verstehen ist.
Versuchen wir es mal.

Unter einer Meta-Annahme würde ich eine Annahme über Annahmen verstehen.

Die Vernunftphilosophie Kants nimmt also an, dass die Kausalitätsannahme vernünftig ist.
Sagt er nicht, dass sie eine unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, Erfahrungen der Vergangenheit auf Gegenwart und Zukunft anzuwenden? Oder vielleicht gar nicht Voraussetzung dafür, sondern ein- und dasselbe. Dieses Denken ermöglicht es, aus Erfahrung zu lernen und sich in der Welt zurechtzufinden. "Hochstilisiert", wie du gern sagst, wird es zur Erfahrungswissenschaft. Man kann es als vernünftig bezeichnen und es steckt uns in den Knochen wie anderen Tieren auch, die nicht immer mit dem Kopf durch die gleiche Mauer wollen. Ich würde lieber von Lebenstüchtigkeit reden.

So kann man auch annehmen, dass ein skeptizistischer Rundum- und Totalzweifel ("Was weiss ich, ob die Sonne morgen wieder aufgeht?") unvernünftig ist.

Und Kant kritisiert an Hume vielleicht, dass er beides nicht sieht.

Ich hoffe, das einigermassen richtig interpretiert zu haben

Claus


Hi JH,

das halte ich für ein Ausweichmanöver. Wie soll denn jemand nicht nur umgangssprachlich, sondern philosophisch reflektierend von Vernünftigkeit schreiben, wenn er keiner Vernunftsphilosophie folgt?
Die obigen Ausführungen könnten auch mit Meta-Annahmen und Annahmen formuliert werden.

Mache es!

Das scheint mir überflüssig, da es mir ja auf Worte nicht wesentlich ankommt. Ich folge lieber Lorenzen, der knapp hundert Orthoworte einführt, mit denen er dann vernünftiges Argumentieren beginnt. Wobei vernünftig bei ihm nachvollziehbar begründet meint. Du scheinst mir demgegenüber mit Deinem beschränkten Wortschatz lediglich auf Geschichten aus zu sein und stets nur im eigenen Saft zu schmoren.
Romantiker und Dialektiker sahen das so, nicht aber die ihn weiter führenden Lorenzen und von Weizsäcker, die gleichermaßen der Vernunft durch 'calculemus‘ und 'distinguamus‘ folgten. Ich habe die beiden bisher aber nur ansatzweise zusammengedacht. Unter Analytikern sind Kants synthetische Urteile a priori Stein des Anstoßes geblieben, obwohl der Nachweis, dass die Mathematik analytisch sei, ja scheiterte, was Kant in seiner Antinomie der Unendlichkeit bereits vorweggenommen hatte. Zugleich ist die Mathematik natürlich nicht synthetisch bzw. empirisch, vielmehr synthetisch a priori; jedenfalls soweit sie methodisch konstruierbar ist. Gleiches gilt bei Lorenzen für die der Physik vorausgehenden Protophysik. Und Janich nahm im Rahmen seines methodischen Kulturalismus sogar das Alibiprinzip als synthetisches a priori der Lebenswelt an; denn „das Alibiprinzip, wonach eine Person wohl zu zwei verschiedenen Zeiten am selben Ort, nicht aber an zwei verschiedenen Orten zur selben Zeit sein kann, ist ein empirisch nicht revidierbares, sondern apriorisches Wissen aus dem Bereich der Lebenswelt.“
Der letzte große Absatz kann ich ein wenig nachvollziehen (denken), aber nicht genügend, um auch nur ansatzweise etwas dazu zu schreiben. Ich kann auch nicht mehr das Wort "empirisch" in grundlegenden Fragen benutzen, vergleichsweise mit "nicht empirisch" habe ich kein Problem. Schon das Hinzufügen eines dialektisch opponierten Wortes (Wörter in der Einzahl) macht mir Schwierigkeiten. Ich denke schließlich überwiegend mit "innerhalb/außerhalb der Person". Wenn eine weitere "Innensache" von innen bewirkt wird, ist da keine Ähnlichkeit mit dem, wenn etwas von außen kommt, ist es dann nicht auch empirisch? Es kann sein, dass wenn man diese grundlegenden Fragen annimmt, und nicht sofort abwehrt und dann nicht in Versuchung kommt, schnell mit einem zusätzlichen Wort meinen, eine Antwort zu haben. Mir fliegen diese Wörter zu, aus allen Richtungen, wie die Vögel im Hitchcock-Film. Und jeder hat ein anderes Wort für die dialektisch opponierte Sache, und dazu eine jeweils andere Definition, wenn überhaupt, denn meist begnügen sich die Personen mit Begriffen: Viel Begnügen, viel Vergnügen!

Mit „nicht empirisch“ hast Du kein Problem? Weil Verneinungen unendlich vieldeutig sind? Da halte ich mich lieber an den bejahenden Gebrauch von empirisch in den Realwissenschaften, anstatt mich in vagen Phantasien zu verlieren.

IT