Am 08.11.2023 um 14:31 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Ich frage mich, mit welchen Begriffen sonst sollte man die objektiv gültige Tatsache der Existenz von Materie und damit die Benennung selbiger belegen, steht sie doch als Inbegriff von Raum einnehmender Masse. Was ist daran Metapher, was Abstraktion? 

Moin Karl, 

Metapher daran ist der übertragene Sinn vom Stein in der Hand über das Material allgemein auf die Materie schlechthin. Und wie oft haben wir hier nicht schon über das methodisch nachvollziehbare Abstraktionsverfahren bzgl. Aquivalenzrelation geschrieben, wie es in den MINT-Faechern verbreitet ist. Auch in den Ingenieurwissenschaften natürlich. Du bist schlicht ein Ignorant, wenn Du nicht nachzuvollziehen vermagst, was bspw. hinsichtlich der Quantenzahlen von Elementarteilchen als äquivalent und damit als Materie abstrahiert werden kann. Und wieso sind Photonen für Dich geistig, während Du Elektronen/Positronen zur Materie zählst? Beide sind doch ineinander umwandelbar. 

Hinsichtlich des altägyptischen Schöpfungsmythos vom Hervorgehen der Sonne aus dem Urmeer finde ich es bemerkenswert, dass die Menschen aus dem täglichen Wiederkehren der Sonne über dem Wasser des Nils ein erstes Mal vermuteten und mit ihm gleich noch die Erschaffung der Welt mit ihrem ersten Erscheinen gleichsetzten (Quelle: Assmann, „Schöpfungsmythen und Kreativitätskonzepte im Alten Ägypten"). Auf der Erde erschien die Sonne ja tatsächlich ein erstes Mal über dem ersten Wasser, aber lange bevor es Tiere gab, die es sehen konnten. Dass die Sonne nicht aus, sondern über dem Wasser erscheint, sei den Altvorderen nachgesehen. Aber daraus einen Geist über dem Wasser zu machen, ist nicht nur plumper Humbug, sondern vornehmlich herrschaftssichernde Religionspolititk des Patriarchats, die bis heute zunehmend wirkmächtig ist.  

Letzteres trifft auf Dich zu. Nur weil Du Geistiges nicht „sehen“ kannst, schlicht keinen Zugang, keine „Antenne“ dazu hast, bedeutet das noch lange nicht, dass Immaterielles, eben Geist nicht existiert. Könnte es sein, dass Du immer noch – wie frühkindlich – Geist mit Geistern und Gespenstern gleichsetzt?


Naja, Du schreibst sehen und Antenne bloß angeführt; denn wie soll man Abstraktes auch sehen können, ob mit oder ohne Antenne? Spiritistische Sitzungen sind für mich in der Tat Humbug. Auch deren Teilnehmende werfen ihren Kritikern häufig angeblich mangelndes Gespür oder fehlende Antenne vor. Natürlich ist die Sensibilität der Menschen unterschiedlich, sowohl angeboren wie erlernt. Das meint aber bloß ein Mehr oder Weniger und nicht eine andere Qualität. Oder hast Du vielleicht einen Magnetsinn wie die Vögel? Und soll es bei Menschen etwa einen Geistsinn geben? Und grundsätzlich ist es mir zuwider, mit den Religionen künstliche Unterschiede zwischen den Menschen erzeugen zu sollen, anstatt mit den Wissenschaften ihre vielen natürlichen Gemeinsamkeiten hervorzuheben. 

Das dem mit Schreckgefühl verbundene Verständnis von Geistern und Gespenstern, die als Urheber vermutet werden, wenn man bspw. vor einem Schatten oder Rascheln im Wald erschreckt. Das hat evolutionär das Überleben unserer Vorfahren befördert. Denn das Rascheln konnte nicht nur vom Wind, sondern auch von einem nahen Raubtier herrühren. Aber wie könnten konkretes Schreckgefühl und abstrakter Geist zusammenhängen? So wie Emotionen und Kognitionen einander ergänzen? 

Das Wort Geist lässt sich in vielerlei Weise sinnvoll und verständlich verwenden. Aber warum daraus eine allwirksame Substanz machen wollen? Worte und Zahlen sind auch Abstrakta und Menschen vermögen sie einfach zu erzeugen und daraus weitere Abstrakta zu spinnen, was in der Mathematik allerdings nachvollziehbar vorzunehmen ist. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur natürlichen Sprache. Die bleibt in der Regel vage metaphorisch und alle können sich dabei denken, was sie wollen.  

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