Am 18.04.2023 um 15:03 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:Lieber Karl,zu Deinem Satz: Von Bedeutung könnte sein, dass ein Feld – im benannten Fall ein Morpho-Feld – als eine informationstragende Ganzheit betrachtet wird, die sich selbsterzeugend und selbststeuernd evolutionär aus jeweils vorgängigen Feldern entwickelt hat. Diese für eine Spezies gültige Ganzheit (als Teil einer universalen Ganzheit, einem holistisch angelegten Weltgedächtnis) steht für die kumulative Entwicklung resp. Ausformung der jeweilig biologischen Art, eben als Artbildung.gerne folgende Ergänzung:A systemic approach that is semantic would permit a switch from a summative logic of aggregations and local causalities to one in which synergistic emergence comes into view. In developing this thesis, perhaps Bohm's notion of ‘relevation’ would be useful, as it acknowledges the reciprocal nature of roles in generating meaning. (Lit John Wood, March 22, 2023, Review of Semantic Systems Theory, preprint version, qeios.com)
Auch ohne auf die Bohmsche oder Sheldrakesche Ausformung einer Theorie einzugehen, kann man festhalten: Prozesse können in wechselseitiger Bezugnahme konvergieren, und diese Konvergenzen können ihrerseits mit weiteren Prozessen und Konvergenzen konvergieren. Das geschieht je auf Grundlage Struktur-gebender Potentiale, auf die aus dem Strukturiertsein ihrer Produkte zurückgeschlossen werden kann.
Die Gemeinsamkeiten sind integraler Teil der Prozesse, diese schaffen in ihrem Tun einen jeweiligen Gemeinsamkeitsraum, der mit weiteren Gemeinsamkeitsräumen konvergieren kann.Jeweilige Ganzheit wird also erzeugt. Dass es Ganzheit überhaupt geben kann, beruht auf der den Genzheitsbildnern gegebenen Möglichkeit, stimmige Übereinkünfte zu bilden.
Wenn ich den von Dir benannten Zusammenhang zutreffend interpretiere, ist jede Form von Ganzheit eine erzeugte, d.h. durch einen geeigneten kreativen „Dialogprozess“ zwischen Teilelementen kann sich ein kohärentes Gemeinsames entwickeln. Aus pur angehäuften Einzelheiten mit ihren jeweiligen Kausalitäten formt sich entsprechend der „Ganzheitsbildner“ einer Gruppe resp. Spezies ein stimmiger Gemeinsamkeitsraum, der sich wiederum im Dialog mit anderen kumulierend erweitern kann.
Angelehnt an Bohms Vorstellung würde demnach ein ganzheitlich semantisch systemischer Ansatz durch einen Paradigmenwechsel zu schaffen sein, insoweit bisherige Logikmodelle purer Aufsummierung diverser Aggregation mit ihren jeweils lokalen Kausalitäten durch eine Logik ersetzt wird, die Ganzheit als emergenten Prozess versteht, der einen synergistisch geformten „Gemeinsamkeitsraum“ schafft.
Hinsichtlich gesellschaftlicher Kommunikation würde in Art eines kollektiv organisierten Dialogkonzepts die Beschreibung eines Sachverhalts bzw. einer Gegenständlichkeit durch wechselseitigen Dialog zu einer kohärenten Aussage mit validierter Bedeutung führen. Damit würden subjektiv mentale Repräsentationen, die auf spezifisch sensorischer Wahrnehmung resp. auf gehirnbasierten Dissoziationen aufsetzen und damit ggf. zu hypothetisch physischen und gedanklichen Zuständen bzw. zu unhaltbaren Inferenzen führen, zu relativieren, bzw. zu falsifizieren sein.
Das ist nun etwas abstrakt formuliert und daher ist, bezogen auf praktikable Dialogprinzipien gesellschaftlich pluralistischer Gemeinsamkeitsräume, ein praktisches Beispiel von Nutzen. Bohm selbst hat Überlegungen bezüglich misslich kommunikativer Interaktion angestellt und Vorschläge zu deren Überwindung gemacht, die heute mehr denn je zu beachten wären.
Selbstredend finden sich in einer pluralistischen Gesellschaft viele verschiedene Sichtweisen, Denkmodelle und Überzeugungen, so spricht Bohm davon, dass sich diese Gedanken in Summe gegenseitig aufheben. Wenn Menschen hingegen gemeinsam auf kohärente Weise dächten, würden diese Gedanken eine enorme Auswirkung haben. Beispielhaft führt er an, dass die Idee eines Einzelnen, von anderen aufgriffen und ggf. ergänzt, bzw. korrigiert, sich kollektiv zu einer validen Vorstellung konkretisieren würde.
Eine durchaus idealisierte Vorstellung praktizierter Gemeinsamkeit, wie diese sich aber mittlerweile durch weltweit kollaborativ vernetzte Informationssysteme, derzeit vornehmlich durch Wikipedia repräsentiert, abbildet.
Damit ist m.E. auch die Idee von Relevation beschrieben, wobei sich in der Verbindung diverser, durch Worte dargelegte Begrifflichkeiten eben diese relativiert und zu Begriffen von kohärenter Bedeutung erhoben werden, somit also die Voraussetzung für deren grundlegendes Verständnis geschaffen wird.
Soweit nun auch meine Vorstellung bzw. Interpretation eines emergent synergistisch geformten „Gemeinsamkeitsraumes“ und sofern diese zutreffend ist, ergibt sich die Frage, ob dieser jemals mit weiteren - ggf. auch extraterrestrischen - Gemeinsamkeitsräumen konvergieren wird.
Für mein Teil beantworte ich diese Frage mit einem klaren Ja und mehr noch: Diese Konvergenz ist teleologisch angelegt, wie Teilhard de Chardin es formuliert hat.
Bester Gruß an Dich, Thomas und ebenso in die Runde! - Karl