Lieber Waldemar,

dieser und Ihr Sie selbst und Ihre Geschichte wiedergebende Bericht gehen unter die Haut. Ihr Misstrauen ist auf Grund Ihrer eigenen und ihrer ebenfalls eigenen, darin aber beruflichen Erfahrung nur allzu angebracht.

In der Psychotherapie wird das Wort Potenzial immer mit gütig-kreativem Beiklang genutzt. Die Wirklichkeit zeigt, dass es auch das Vermögen ist, Schreckliches zu tun…

Und Potenzial ist eben Potenzial: möglich, aber man weiss es nicht, es kann kommen, oder nicht, es kann aus einem erkennbaren Anlass folgen, oder ohne iregendwie erkennbare Veranlassung zum Ausbruch kommen.

Im Potenzial steckt Zeitlichkeit (wieder nicht als neutral-süsslicher Begriff, sondern in all ihren Dimensionen, auch der des Schreckens), Vorgriff auf nach der Vergangenheit Erwartetes, wobei der Weg in die Zukunft keineswegs klar in fortzuschreibenden Kausalketten festgelegt ist, sondern sich im Nebel des Ungewissen verliert.

Die grausamen Menschen, die - neben den Junkies etc. - in der Forensik anzutreffen sind haben wohl z. T. das, was im englischen callous disease heißt - eine absolute Gefühlskälte, die ihnen einen ganz anderen Gefühlszugang zu Schrecklichkeiten ermöglicht, etwa Spaß am Quälen.

Eine britische Psychologin befasst sich mit dieser Monströsität, Jennifer Allen - ein aktueller Beitrag von ihr lautet z. B.

Antisocial behaviour and substance use from adolescence to early adulthood: A systematic review and meta-analysis

https://www.crd.york.ac.uk/prospero/display_record.php?ID=CRD42024608343

Menschen, die dieses Zusammenspiel von Leib und Seele leben sind in ihrem Verhalten in Grundzügen vorhersehbar, aber eben nicht für den Augenblick. Die grundsätzliche Art ist in sich kohärent und damit vorwegzunehmen, aber der Innen-Außen-Dialog in ihnen ist es für den Augenblick nicht zu beurteilen, und das macht sie unberechenbar und noch mehr schrecklich als sie ohnehin schon sind….

Liebe Grüße 

Thomas Fröhlich

 



Am 03.12.2024 um 12:59 schrieb waldemar hammel über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:




Am 03.12.2024 um 00:07 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
 ich habe in ca 20 jahren meiner tätigkeit nicht einen einzigen for.patienten erlebt, der es nach seiner entlassung "draußen" geschafft hätte, straffrei zu leben!)

Diese Thematik rührt bis in die Problematik des sog. Freien Willens hinein und sonstigen Fragen der Zurechnungsfähigkeit hinein. Hierzu hatte Claus öfter Beiträge verfasst, die diesen Sachverhalt erläutert haben. Vielleicht kann er nochmal dazu Stellung nehmen, sofern er hier noch mitliest und sich beteiligen will.

man muss sich beim betrachten glaube ich von der vorstellung lösen, es gäbe ein richtiges (angepasstes) leben, und im gegensatz dazu ein falsches, böses, nicht-freiwilliges, denn:

unter for."patienten" findet man zb nicht mehr nachvollziehbar-traumatiserte, in kindheit vorgeschädigte, unfall-hirngeschädigte, usw, als unter der straffreien normalbevölkerung, und for.patienten pflegen ihre taten
ganz natürlich zu dissimulieren, indem sie auf kindheitsprobleme usw (und jeden anderen strohhalm)  hinweisen, und sich damit ent-schulden wollen, besonders, wenn eine therapie ihnen das einredet
("jaaaa, sie hatten eine böse mutter, und damit ist ja alles klar")

damals habe ich die beklopptesten therapeutische begründungen gehört und gelesen, zb ein patient hatte sich in mehreren jahren 4 kinder von spielplätzen geholt und simpel nur einfach totgemetzgert, therapeutische
entlastung war: der pat war eine misslungene privatabtreibung, daher versuchte er als erwachsener seiner lange verstorbenen mutter tote kinder "vor die füße zu legen", entweder um seine abtreibemutter zu beschämen,
oder um seine eigene misslungene abtreibung symbolisch im nachhinein doch noch mit gezeigten toten kindern zum erfolg zu machen -schwurbelschwurbel - jedenfalls wurde pat entlassen, und machte schlicht weiter, brachte erneut im alten modus 2 weitere spielplatz-kinderchen um, woraufhin er erneut bei uns "einfuhr" - interessant war, dass er selbst niemals eine begründung oder schutzbehauptungen für sein kindermorden abgab, er wusste selbst nicht warum, und das kam glaubhaft rüber

for.pat. morden usw nicht unter zwang, sondern frei-willig = freier wille und meist lustbetont !, was auch aus ihren nachträglichen lapidaren (bis lächerlichen) begründungen für ihr tun sichtbar wird, zb das schon einmal genannte "och, menschen wachsen doch immer nach wie gras"

wh.

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