Hallo Claus,

offen gestanden, vermag ich nicht auf Anhieb zu kapieren, auf was Du – bezogen auf den herausgeschnittenen Passus meiner Ausführung – hinaus willst. Nebenbei gesagt, finde ich überhaupt nichts dabei, wenn Du in dieser Art auf einen Beitrag von mir eingehst.
Offenbar geht es Dir um Eigenschaften als „Mannigfaltigkeiten“ einer Gesamtheit, also hier beispielsweise Einzelnoten, die in geeigneter Anordnung eine Melodie (als Gesamt-Komposition) abbilden oder – sofern auf einem Instrument gespielt – diese hörbar machen. Dieses Beispiel könnte verdeutlichen, dass mit einzelnen Noten – ohne entsprechend rhythmische resp. harmonische Aneinanderreihung – keinesfalls der Eindruck von Musik als Klangfolge vermittelt werden kann. 
Vermutlich hab ich's nicht begriffen, was Du damit meinst. Also Mozart oder Beethoven etwa, jeder dieser Komponisten konnte sich sehr sicher aus einem Notenbild unmittelbar das damit gezeichnete Gesamtklangbild vergegenwärtigen. Das kann musikalischen Laien nicht gelingen.
Wenn ich ein mir unbekanntes Stück vom Notenblatt auf der Geige spiele, muss ich mir die Noten „stückweise“ aus dem Blatt heraus lesen und dann Ton für Ton streichen. Bei einem bekannten Stück hingegen sehe ich die Noten quasi ganzheitlich und spiele sie fast unbewusst „herunter“ und damit bin ich viel eher „ganzheitlich“ bzw. geschlossen unterwegs, als wenn ich Note für Note aneinander gereiht fideln muss.
Nehme ich Dein Beispiel von Baum, Wurzeln und Ästen, versuche ich auch an einem praktischen Beispiel zu verstehen, was Du damit gemeint haben könntest. Ab und zu zeichne ich etwas und das könnte nun so ein Baum sein, um den herum sich irgend etwas gruppiert. Ich bemerke dann immer wieder, dass ich mich mit Einzelheiten (hier also Wurzeln, Stamm, Zweigen, Blättern) schwer tue, sie zu malen, wenn ich mich darauf als Einzelheit konzentriere, weitaus weniger hingegen, wenn ich den Baum als Ganzes im Kopf habe und diesen auch erst mal so skizziert zeichne, um danach erst die Einzelheiten zu „verfeinern“. 
Ich merke aber, dass ich immer noch nicht begriffen habe, auf was Du mit diesen Beispielen als Verhältnis von Einzelheit zur Gesamtheit hinauswillst. Mich jedenfalls bringen diese Überlegungen zu der Annahme, dass man ein Musikstück oder einen Baum als Gesamtheit eher ein seiner Wesenheit wahrnehmen und beschreiben kann, als in der Summe seiner Teile.
Dann komme ich nochmal auf mein abstrakt formuliertes Beispiel zu sprechen. Aus lebenspraktischer, also Alltagssicht nehmen wir einen Baum in seiner Ganzheit wahr, ohne uns dabei bewusst zu sein bzw. zu werden, dass es sich dabei eigentlich um quantenmechanische „Wellenberge“ handelt, die neurobiologisch in unser Gehirn/ZNS „eingekoppelt“ werden und dort „informationstechnisch“ verarbeitet, als geschlossenes Bild eines Baumes aufscheint. Es ist somit Schein und nicht materielle, sondern konstruierte Wirklichkeit.
Ob ich das nun verständlich und obendrein zutreffend formulieren konnte und überhaupt Dein Anliegen verstanden habe?
Melde Dich einfach wieder, wenn noch Fragen sind.

Bester Gruß! - Karl 

Am 15.03.2023 um 19:48 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 15. März 2023 02:56:30 MEZ schrieb "Karl Janssen über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:



So erweisen sich aus meso-/makroskopischer, also lebenspraktischer Sicht heraus, neurobiologisch rezipierte und verarbeitete mikroskopische Wellenpakete als deutlich erkennbare, konkrete materielle Objekte, wie man diese im alltäglichen Leben wahrnimmt.


Ich weiss, es gehört sich nicht, Karl, aber ich schneide trotzdem nur diesen Satz aus deiner mail heraus, vernachlässige noch den naturwissenschaftlichen Inhalt und beschränke mich auf den Zusammenhang zwischen Alltagserfahrung und Begriffsbildung, wie ich ihn sehe. Ich missbrauche den Satz nur als Aufhänger, was natürlich nicht gerade höflich ist.

Ausdrücke, die "Mannigfaltigkeiten" bezeichnen (der Gegensatz dazu wäre, was nicht beschrieben, sondern nur gezeigt werden kann wie z.B. eine Farbe -oder auch eine zwar aus Tönen zusammengesetzte Melodie, die aber dann zu einer Einheit wird- und dann entweder verstanden wird oder nicht) sind Abkürzungen für eine Mehrzahl von Zuschreibungen. Statt "Ding mit Stamm, Wurzeln, Zweigen und Blättern" sagt man z.B. der Einfachheit halber "Baum". So auch bei "Stamm", "Wurzel" etc. Dann gibt es Eigenschaften, die ein Baum haben muss, um einer zu sein und andere, die ihn zwar nicht zum Baum, aber zu diesem speziellen Exemplar machen wie z.B. die Grösse, die Form der Blätter etc. Wir sind zwar grundsätzlich in der Bildung dieser abkürzenden Ausdrücke frei, aber es dürfte kein Zufall sein, dass wir keine spezielle Abkürzung für "Ding mit Stamm, Rädern und Flügeln" gebildet haben, weil uns so etwas in der Praxis nicht begegnet.
Anders als im Fall der Farbe oder der Melodie müssen wir keinen Schimmer von einem Baum haben, um ihn zu erkennen, wenn er uns begegnet. Man kann sich so etwas auch ausdenken wie ein Fabelwesen, anderen beschreiben und es wird verstanden.
Wie er uns begegnet, hängt allerdings auch davon ab, ob wir einen Schimmer von Farben haben und wenn wir die anderen Sinne dazunehmen, wird aus dem "wie" ein "ob".

Claus

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