Am 02.09.2022 um 07:27 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Ich tue mal so, als wären deine Sätze hier losgelöst von dem, was ich fragte, oder schrieb. Deswegen zitiere ich nur deine Sätze und kommentiere sie. An der Wendung "kommentiere sie" ist ein großer Unterschied zu "thematisiere sie",oder "thematisiere das, was ich denken sollte, könnte, usw." Merkst du den Unterschied? Halte mal inne! Ich halte mich auch mal zurück, den Unterschied zu beschreiben. Du kennst schließlich wie fast alle den Unterschied, aber... Das Wort aber ist ja verpönt, auch bei mir.

Was wäre mein Schreiben hier ohne Deinen messerscharfen Blick auf die von mir gewählten Worte resp. mit diesen formulierte Sätze!? Dein untrügliches Gespür für Wortbegrifflichkeit, für den folgerichtigen Gebrauch von Worten schlechthin, würde jeden Gymnasiasten zur Verzweiflung bringen. Am Ende bist Du Deutschlehrer oder warst es und ich hätte bei Dir keine einzige Schulaufgabe mit besserer Note als unzureichend hinter mich gebracht :-)))

So will ich mir weiterhin Mühe geben um zumindest von Dir die Benotung „er war bemüht, doch seine Aufsätze sind und bleiben wohl Geschwafel…“ zu erreichen. So sind es hier schon drei Schreibende, die sich mit meinem Geschwafel herum schlagen müssen. Von den anderen ist diesbezüglich nichts zu vernehmen.

Ersthaft gesagt, wäre mir mehr geholfen, wenn nicht nur auf diesen Begriff reduzierte Kritik geübt, sondern mit etwas mehr Kontext versehene Gegenargumentation geführt wür





Mit Kant geht es mir ähnlich, vieles ist mir persönlich an seinem
Schriftgut abträglich. Doch Philosophie ohne Kant ist nahezu undenkbar,

Das möchte ich sehr bezweifeln. Immer wieder kommt jemand mit etwas, was vorher so nicht da war. Und dann wird er befolgt. Egal auf welchem Denk-Gebiet, ob in Wissenschaft, Religion, Politik, Wirtschaft, Kunst, persönlichem Lernfortschritt. Wäre dieser Jemand nicht da gewesen, wäre es ein anderer gewesen. Oder es wäre geblieben wie vorher. Nur gibt es Unterschiede je nach Denk-Gebiet. Ich denke da an die Unterschiede des Wissens und Lernens mit Blick auf deren Art Fortschritt. Ich denke zum Beispiel an das akkumulative Lernen, oder an das Lernen, nach dem das vorher Gelernte zerstört wird. Ohne den Blick auf diese Unterschiede kann nicht gesagt werden, dass es "undenkbar" ist, fiktiv eine bestimmte Person aus der Geschichte zu entfernen.


Das ist aus meiner Sicht nur dann eine zutreffende Argumentation soweit man ein „Denk-Gebiet“ als Ganzes betrachtet. Die Philosophie betreffend: Hätte es Kant nicht gegeben, wäre ein anderer Protagonist szenisch aufgetreten und hätte mit einiger Wahrscheinlichkeit ähnliches Gedankengut zur Philosophie beigetragen (um bei dieser Fachdisziplin zu bleiben). Schopenhauer etwa hat sich zunächst an Kant orientiert, sich später von dessen Denkmodellen emanzipiert und danach ein sehr eigenes in die Wissenswelt eingebracht. Hätte er das ohne Kant so vollbringen können? Sicherlich wäre Schopenhauers Werk dann anders ausgefallen, doch man kann nur erahnen, wie wir es heute vorgefunden (und vor allem empfunden) hätten. Schopenhauers zentrale Aussagen seiner Mitleidsethik fehlen m.W. nach gänzlich bei Kant, hingegen Erklärungen zu Charakteren des Menschen (angeborene, erworbene und vor allem intelligible) haben beide gegeben.

Auf spezifisch von Menschen in deren Kultur und Lebenswelt eingebrachte, sog. herausragende Leistungen bzw. Werke bezogen, ist die Annahme: „wenn der eine nicht, dann der andere“ unzulässig, entspricht schlichtweg lebensfremder Kontrafaktizität.

Hätte ein anderer Mensch die Musik eines J. Haydn, W.A. Mozart, Beethoven (Trias der Wiener Klassik), Schubert, Tschaikowsky (und viele weitere Komponisten mehr) komponieren können? Niemals - möchte ich behaupten! Aber Mozarts Musik war nicht allein von seinem musikalischen Ausnahmetalent, sondern auch von Zeitgenossen wie etwa Haydn (trotz großem Altersunterschied) geprägt (Mozart war inspiriert von Haydns Streichquartettent und widmete diesem sechs eigene Werke). Vielleicht kann uns Joachim Landkammer weitere Beispiele nennen und über spezifisch wesentliche Unterschiede von Komponisten berichten, dass die Annahme „wenn der eine nicht, dann der andere“ nicht zu halten ist. Soweit ich es erinnere, Joachim, hast Du die entsprechende Expertise.

Für den Bereich der Philosophie bleibe ich bei meiner Aussage, dass sie ohne Kant undenkbar ist. Das kann sich natürlich nur auf die Gegenwartsphilosophie bzw. die der Neuzeit beziehen, so wie diese an Bildungseinrichtungen gelehrt wird. Geht man zurück zur antiken Philosophie, hat diese Aussage keine Bedeutung; dies habe ich implizit vorausgesetzt, als ich schrieb: Philosophie ohne Kant ist nahezu undenkbar. Diese Unterscheidung muss man selbstverständlich vornehmen, ansonsten es tatsächlich „undenkbar ist, fiktiv eine bestimmte Person aus der Geschichte zu entfernen.“




glücklicherweise ist er nicht die einzige "Kapazität" auf diesem Gebiet.

Dem vorhin von mir Geschriebenen nach ist zu erkennen, dass ich nicht von "Kapazitäten" ausgehe. Ebenso gehe ich nicht von "Genies" aus, oder von Personen mit "Charisma", zum Beispiel. Wenn um einen Wissensbereich ein Sack genäht wird, und der Inhalt beschrieben und betont wird, kann ich nur zustimmen, dass der Sack einen Inhalt hat.


Diese Einstellung mag Dich mit Waldemars Abneigung gegenüber „autoridades” oder „auctoritates“ einen. Das ändert aber nichts daran, dass es Menschen mit der unverzichtbaren Fähigkeit zu Führung gibt und eben geben muss. Wie sonst sollte die (geradewegs hier oft beklagte) Schafherde-Mentalität der Gesellschaft überhaupt im unhintergehbaren Faktum eines Menschen-Kolletivs (sei es Familie, Kommune, Land, Staat) beherrschbar sein. Mit Revoluzzer-Mentalität und Eskapaden einer sich apokalyptisch zugrunde gehenden Generation von Klebe-Menschlein ist den Problemen dieser Zeit nicht abzuhelfen, sondern hier wäre erkennbare, echte Führungsqualität aus der gegenwärtigen Politikerriege erforderlich. Mit der Beteuerung von Erinnerungslücken ist es nicht getan.




So wie ich hier am Anfang schrieb, dass ich nur kommentiere, könnte oder müsste ich das Gegenteil dazu negieren.  Dann müsste ich vermutlich sagen: Ich diskutiere nicht, philosophiere nicht, trage meine Weltanschauung nicht vor, habe keine Thesen, keine verstaubten Bücher, nicht einmal eine Meinung.

Jetzt erlaube ich mir, begriffssprachlich zu denken: Ich meine hier eine bestimmte Art Kommentar, nicht die alltägliche, bei der gesagt wird: "Er gibt immer seinen Kommentar zur Sache ab, er hat immer das letzte Wort.", wobei "er" dann irgend etwas Beliebiges dazu sagt, was er auch schon, aber anders erlebt hat. Darf ich mich für diese negative Definition entschuldigen?

Das kannst Du aber musst es nicht – wofür denn, möchte ich fragen.




Angenommen ich denke auch an den persönlichen Fortschritt, und daran, Monist hierbei sein zu dürfen. Angenommen als Biologe oder als Astrologe würde ich Fortschritte suchen. Dann wären beliebige Meinungen zu den Sachen, die sowieso niemand verstehen würde, mir ein Hemmnis im Weg, oder etwa nicht?


Das klingt in meinen Ohren nahezu solipsitisch. Dabei sehe ich jedoch keinerlei Grund, nicht Deinem Wunsch entsprechend, Monist sein zu dürfen. Was den eher metaphysischen Aspekt dieser Position anbelangt, teile ich diesen sogar, da ich die (zuletzt hier insbesondere diskutierten) Phänomene des Lebens eben auch einzig auf ein Grundprinzip gegründet sehe



Selten, sehr selten geben können fremde Meinungen dazu einen Anstoß geben. Ich könnte mich sogar gegen die Meinungen anderer wehren, sie könnten mich langweilen, ich könnte auf meiner Meinung beharren. Der Biologe wird sich vielleicht freuen,

Auch Waldemar wird sich freuen, da er Dich dann als selbstreferenzielles Gebilde, nahezu wie Leibniz’ hermetisch abgeriegelte Monade erkennen und damit seine Thesen bestätigt sehen kann. Mit Gemeinschaftssinn und gesellschaftlichem Beitrag von Einzelnen hingegen hat das m.E. nichts mehr zu tun. 




wenn ich eher nichts sage, als meine Meinung. In dem Sinne ist das Schweigen manchmal besser, sogar im Philweb.

Dazu wurde philweb aber nicht konzipiert. Diese Liste ist ein Forum, auf dem Du Dich nach Lust und Laune (ob verstanden oder nicht) als reinkarnierter Demokrit (“der lachende Philosoph”) auslassen kannst und vor allem sollst.


Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! - Karl



PS:

Trotzdem schreibe ich, auch wenn niemand das versteht, was ich schreibe, oder in den Schreibereien Meinungen unter Meinungen erkennt oder gar meint, dass da ein Meinungsaustausch statt findet, anders als so, wie Schopenhauer ihn in etwa definierte: "Man hört die Meinung des anderen, streitet heftig mit ihm, dann beide nach Hause gehen jeder sagt: Der andere hatte recht. Dann hat wahrhaft ein Meinungsaustausch statt gefunden."


Dito


Hoffentlich werde ich jetzt nicht als schlimmster Gegner des Philweb angesehen, haha, Demokrit, der lachende Philosoph lässt vermutlich grüßen.


Wer sollte Dich als Gegner, denn als bedeutsam Beitragender dieser Liste sehen!? Ich sehr sicher nicht!



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