Lieber Ingo, lieber Karl,

in natürlichen Vorgängen spielt selbstbestimmte, das heißt durch die jeweilige Identität mitbestimmte Zeit als von ihr angebotenes timing eine zentrale Rolle, was die „Zuordnung zwischen zwei Mengen“, etwa Vorgangsmengen angeht.

Die jeweiligen Eigenzeiten werden - oder besser das jeweilige Eigenzeiten wird nicht starr nebeneinandergestellt, sondern einander eine Zeit lang, das heißt im Verlauf einer Zeit und für eine gewisse Zeit absichtslos angeboten. Im Verlauf dieser Zeitspanne kann die Dynamik eines weiteren Vorgangs zu diesem Angebot passen oder nicht. Passt sie, kann man das als Übereinstimmung ansehen, die absichtslos erstellt wurde. Im Zuge dieses Übereinstimmens wurde der angebotene Rhythmus „wahrgenommen“ und sinngemäß in das eigene Vorgehen aufgenommen. Er wurde hierdurch „gedeutet“.

Was angeboten wird, sind teilbare, mitteilbare Aspekte. Insofern werden die Elemente der Vorgangsmengen gedanklich in mitteilbare und nicht mitteilbare Aspekte differenziert, die Elemente sind somit nicht homogen, sondern binnendifferenziert.

Vorgänge sind zeitlich, zeitbedürftig, eine Prozessontologie ist daher notwendig auf Zeit reflektierend.

Das nicht instantan additive, sondern auf wechselseitig zeitbedürftiges Mitteilen angewiesene schließliche Zusammengehen zu Aktionsgemeinschaften ist im Fall chemischer Vorgänge Teil von deren Kinetik. Hierzu gibt es ein neues Konzept darüber, wie ein sich selbst in einer Innen-Außen-Dynamik erhaltendes Innen im biologischen Sinn entstanden sein könnte: Pascal, Robert & Pross, Addy. (2022). On the Chemical Origin of Biological Cognition. Life. 12. 2016. 10.3390/life12122016. Available from: https://www.researchgate.net/publication/366011155_On_the_Chemical_Origin_of_Biological_Cognition [accessed Nov 09 2023].

Hier geht es um “dynamic kinetic systems“. Aus Sicht dieser Prozess-orientierten Beschreibung gibt ees die aus dem distinkten Vorgehen erwachsende Innen-Außen-Unterscheidung als im Handeln erzeugte Grenze. Das Ausdrücklich-Machen solcher impliziten Grenzen gelingt Lebewesen in Form von Membranen. Siehe hierzu: Observe that the ‘inside-outside’ relationship between the DKS system and its environment emerges without the need for a compartment or separation barrier. The relationship is ontological rather than structural. In fact, the usual structural manifestation of that ontological relationship—the cell membrane—can now be understood as coming about through an evolutionary process that leads to the functional requirements that arise from that ontological relationship. In other words, the physical emergence of the cell membrane in evolution could be understood as a material consequence of that ‘inside-outside’ ontological relationship rather than its cause. Observe also that through the ‘inside-outside’ description of a DKS system connected to its environment, the concepts of ‘self’ and ‘non-self’ in a life context appear naturally. Thus the biological concepts of autopoiesis and cognition, traditionally viewed from a biological perspective [72], are now addressed in physical/chemical terms.

So viel auf die Schnelle,

beste Grüße,

Thomas


Am 11.11.2023 um 02:07 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 10.11.2023 um 12:01 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


Hi RF, 

mich öden die ständigen Wiederholungen hier in der Liste an. Meinen Unmut wiederholte ich ebenfalls. Und jetzt beziehst Du Dich auf einen Text, den wir hier schon vor Jahrzehnten mehrfach thematisiert hatten, wobei Karl die Äquivalenzklassenbildung beim Abstrahieren bis heute ignoriert. Ich schrieb den Text 1996 für Jugendliche und er ist bloß als Anfang, lediglich als Einstieg ins Abstrahieren anzusehen. 


Warum sollte ich Äquivalenzrelationen, bzw. -klassenbildungen ignorieren, Ingo? Meine Neigung, insbesondere der hier im Kontext von Metaphysik diskutierten Themen bestimmte Zusammenhänge paraphrasierend darzulegen, geschieht in der Absicht, diese durch derart angelegte Abstraktion auf einfachere, lebenspraktische Weise auszudrücken. Paradoxerweise kann das gelegentlich zu mehr Verwirrung führen, als man diese durch diese Art des Abstrahierens vermeiden will.

Es ist Dir doch unbenommen, wie mit Sicherheit anerkennend zugestanden, schon vor Jahrzehnten, eine bemerkenswerte Einführung zum Thema Abstraktion verfasst zu haben, dabei insbes. die von Dir hier erwähnte Äquivalenzrelation in verständlicher Weise dargelegt hast, eine Relation also, wo bei der Zuordnung zwischen zwei Mengen ganz bestimmte Bedingungen exakt erfüllt sein müssen.

Diese Bedingung ist für die Mathematik, bzw. in diesem Kontext erfolgendes Denken und Argumentieren unverzichtbar. 

Geht es in einem Dialog, resp. einem Diskurs um Themen, die nicht nach einem streng mathematisch angelegten Schema ablaufen können, da benannte Bedingungen als subjektiv ausgeformte Propositonen (individuelle Bedeutungsinhalte) so gut wie nie einer im streng mathematischen Sinn gegeben sind, läuft diese Forderung ins Leere. Damit kann nicht gesagt sein, dass Diskussionen ohne sprachliche Präzision geführt sein sollten, vor allem, wenn wir hier um einen ernsthaft geführten Austausch von Meinungen, Weltsichten etc. bemüht sind. 

Würden wir, wie bereits ebenso mehrfach wiederholt (sic!), hier jedoch mit Anspruch mathematischer Präzision im Sinne absolut gültiger Äquivalenzrelation zu diskutieren, wäre jeder Diskurs schon im Keim erstickt. Das geschieht immer dann wenn Du, Ingo, nach Deinen strikten Maßgaben in Diskussionen eingreifst, ohne Billigung von sprachlichem Spielraum, wie er sich vor allem umgangssprachlich darstellt. Die Ausgestaltung jeweiliger Propositionen, wenn man die Diskurse hier partout in Kategorien von gültigen Äquivalenzrelationen führen wollte, würde unsere Beiträge in der Art wissenschaftlicher Ausarbeitungen erfordern. So sei ebenfalls wiederholt: Wir befinden uns hier nicht in einem mathematischen Seminar oder Kolloguium und damit ist hier auch keine Zwang, jeden Diskurs nach derart strikten Vorgaben zu führen. 


Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl

PS: welche Wiederholungen öden Dich denn an, Ingo? Sind es am Ende diese, die auch Du jedesmal aufs Neue anstößt? Es liegt doch auch an Dir, wirklich neue Aspekte hier einzubringen und Dich nicht nur (wohl zurecht) über die Malaise des fossilen Imperiums zu ereifern. Wir hätten doch beliebige Ansätze jenseits (sic!) von Metaphysik, die Dich definitiv anödet :-)) 











In Peters Kommentaren von 2001 sind ja erweiternde Hinweise nachzulesen, auch auf abstraktive Prozesse: 


Aktuellere Arbeiten zum Abstrahieren beim Lernen und den Ausblick auf eine mathematische Theorie des Abstrahierens findest Du hier: 

"A Theory of Abstraction in Reinforcement Learning" by David Abel: 


TOWARDS A MATHEMATICAL THEORY OF ABSTRACTION by Beren Millidge:


Wie ich schon Thomas gegenüber erwähnte, bleibt im Kontext der philosophischen Anthropologie noch viel zu tun beim Zusammendenken der verschiedenen Ansätze. Peter ist leider zu früh verstorben und meine Restlebenszeit wird auch nicht mehr hinreichen, um meine vielfältigen philosophischen Visionen einigermaßen zusammenzubringen. Kennst Du vielleicht einen einfacheren Einstieg in die Mathematik?   

IT


Am 09.11.2023 um 23:30 schrieb Rat Frag <rat96frag@gmail.com>:

Am Do., 9. Nov. 2023 um 10:59 Uhr schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Deine Ignoranz bezog ich nicht auf die QM, sondern auf das Abstraktionsverfahren, das wir hier schon dutzende Male thematisiert haben: 


Nach kurzer Lektüre habe ich den Eindruck, dass du den Formalist oder "Axiomatist" falsch darstellst.
Der Axiomatiker ist doch nicht einfach ein Dogmatiker. (Sextus Empiricus macht so eine Bemerkung in den skeptischen Hypothesen, jedoch will ich ihn hier nicht folgen, da er über die Mathematiker seiner Zeit schrieb.)
Über den heutigen Axiomatiker habe ich ja schon geschrieben. Es mag alles falsch sein, inhaltlich bist du kaum darauf eingegangen.

Du schreibst, dass das Zählen vor der Logik kommt. Womit du möglicherweise recht hast, vielleicht aber auch nicht. Je nachdem, wie du das meinst:
1.) Entwicklungspsychologisch? Ich weiß es nicht.
2.) Historisch? Hier hast du womöglich recht, denke ich.
3.) "philosophisch" im Sinne einer Ordnung des Denkens? Nein. 
Indem man die Gesetze der natürlichen Zahlen auf Axiome reduzieren will und das teilweise auch erfolgreich tut, hat man meines Erachtens schon gezeigt, dass deine Behauptung da zumindest in Frage steht.

Auch sehe ich nicht, wie man durch das Abstraktionsverfahren von IN auf IR kommt. 

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