wh: „das oben von dir verfasste ist vielleicht eine art jetzt-großer wurf für dein momentanes eigenes denken u weltbild, für mich indes ist es "kauder-deutsch" (abgesetzt von kauder-welsch), mit dem du dich gehörig ver-renst, ich mache das nichtmal an den einzelnen inhalten fest, sondern an dem worte-wust, den du hier auffahren musst, um die inhalte darzustellen
(sprache kann verräterisch sein + suche immer die sicherheit der einfachheit = etwas, das sich nur umständlich/schwer/ungenügend/"exotisch"/ formulieren lässt, taugt meist auch nichts)“

Nun möchte ich nochmal genauer auf diese Deine Einlassung eingehen, Waldemar – und Vorsicht! Es wird länglich und wortreich (wie nicht selten auch bei Dir, oder?).
Du musst das hier also nicht lesen, sondern kannst Dich zur Abwechslung dem science-blog zuwenden und Dich dort mit den üblichen Protagonosten im Getümmel der Wort- und Satzfetzen messen.
Die Wahl des Threads „Zufall und Notwendigkeit“ schien mir angebracht, weil sich zuletzt einige Beiträge explizit auf den Begriff Zufall ausgerichtet haben. Objektiver Zufall oder dessen übliche Interpretation als unerwartete Koinzidenz zweier/mehrerer Ereignisse wurde thematisiert. Parallel dazu kam mit Ingos Hinweis auf Ruth E. Kastner ein Thema auf, das mich von der Intra-Action These K. Barads in Verbindung mit Verschränkung, Nichtlokalität weg- und zur TI (Transaction Interpretation of QM) Theorie hinführte.
Mag sein, dass ich von letzterer schon irgendwann gehört oder gelesen, jedoch keinen Fokus darauf gelegt habe. Jedenfalls hat mir die Beschäftigung damit - nach Ingos Hinweis - gezeigt, dass Kastner und ihr Mitautor Andreas Schlatter eine Sichtweise auf die Interaktion zwischen Mikro- und Makrowelt entwickelt haben, die ziemlich genau das auszudrücken vermag, was meiner Vorstellung von Verbindung zwischen Geist und Materie (um es so auszudrücken) entspricht. Und diese lehnt sich an Aristoteles' Actus et Potentia“ an; Transaktion, als eben der Entwicklung von Aktualität (Realität) in der Sphäre von Potenzialität („wirkliche Wirklichkeit“). Diese Sicht entspricht philosophisch gesehen dem Begriff von Entelechie, als einer den Dingen innewohnenden Zielgerichtetheit, dem Telos.
Man muss nicht bis Aristoteles zurückgehen, um das Prinzip von „Potenz und Akt“ zu begreifen. Leibniz sprach von dieser Zielgerichtetheit (Entelecheia) als eine „lebendige Kraft“ (vis vida), einem den Dingen innewohnenden „Bewegungspotential, wofür man heute den Begriff von „Energie“ hat. Leibniz erkannte, dass im Ggs. zum Aristotelischen Ansatz, der jedem Ding seine eigene Motivation zu spezifischer Bewegung resp. Veränderung zuschrieb, die den Dingen innewohnende Bewegungskraft sich anderen, auch verschiedenen Dingen mitteilen kann. Es kommt zu einer Art Übertragung unter Erhalt der dafür aufgebrachten Energie (Energieerhaltungssatz). Somit prägte Leibniz eine moderne Ausdeutung von Entelechie, die m.E. von Witheheads Begriff der Potentialität gestützt wird, indem er dieses philosophische Prinzip in eine „Prozess-Philosophie“ überführte und damit die Grundlage für ein grundlegendes Verständnis lebensweltlicher Existenz geschaffen hat.
Und hier kommen wir zu des Pudels Kern:
Während ich zutiefst von diesem Telos hinter allem Weltgeschehen überzeugt bin, kannst (und daher willst) Du dieser Sichtweise einer Zielgerichtetheit allen Weltgeschehens deshalb nichts abgewinnen, weil Du in Deiner nahezu hermetischen Abgeschlossenheit im Sinne von Selbstreferenz und Autopoiesis blind sein musst resp. sein willst, gegenüber einem Hinausdenken aus Deinem eigenen in das eigentlich unfassbare Universum, in das Unbekannte, das Numinöse.
Dieses Hinausdenken steht einem blinden Glauben an religiöse Dogmen, sowie beliebigen anthropomorph fixierten Deutungen und ideologisierten Weltbildern entgegen; darüber hinausdenken sollte sich keinesfalls daran festmachen (mit Ausnahme der von mir erwähnten „Brücken“ zwischen antiker oder mittelalterlicher Metaphorik und zeitgemäßer Erkenntnis).
Zeitgemäße Erkenntnis muss natürlich nicht nur hochwissenschaftlich gewonnen sein. Was Potentialität anbelangt, drückt diese sich doch auch im Alltagsverständis aus: Man „sieht“ etwas kommen, ohne dass man es konkret sieht; man ahnt Wirklichkeit ohne sie bereits konkret als ausgeformte Realität vor Augen zu haben. Ruth Kastner beschreibt diese noch nicht eingetretene Wirklichkeit als den nicht sichtbaren Löwenanteil eines Eisbergs unter Wasser, die eingetretene Wirklichkeit hingegen als Realität, die sich als Spitze dessen über dem Wasser zeigt („Top of the Eisberg“).
Einen realistischen Blick auf aktuale Realität, wie auch einen „Blick unter das Wasser“ gewährt Ruth Kastners Denkmodell:
Die primäre (also von Menschen erkannte) Realität ist eine Kette von Emissions- und Absorptionsereignissen (prozessuale Ereignisse – causal sets - in der Raumzeit). Die unzweifelhaft wahrgenommene Intuition von Raum und Zeit schreibt man einer physisch erfahrenen Wirklichkeit zu und assoziiert diese lebenspraktisch mit den Newton'schen Parametern. Damit lässt sich gut leben und die äußere Welt gestalten. Die innere Welt sieht hingegen anders aus; dort findet ein Austausch von Photonen statt, der diese Ereignisse lokalisiert, in dem sich Emissionen und Absorptionen (per „Protokoll“) verbinden und damit ein sog. „spacetime null-intervall“ bilden.
Nebenbei gesagt: Wenn der Zufall einer Emission nicht die korrespondierende Absorption notwendig werden lässt, kommt keine abgeschlossene Transaktion zustande.
Die Gesamtmenge aller möglichen Ereignisse (causal sets) bilden mit ihrer metrischen Struktur und Distanz voneinander eine punktförmige vierdimensionale Mannigfaltigkeit aus. Daher schrieb ich hierzu bereits: Die Raumzeit wird so zu einer zusammenhängenden Menge von Emissions- und Absorptionspunkten, zwischen denen Raumzeit-Intervalle durch einen sog. Vierer-Impuls“ der Ereignisstrahlung erzeugt werden. Aus dieser idealisierten, kontinuierlichen aber in sich statischen Mannigfaltigkeit (als ein Modell möglicher Ereignisse) aktualisiert sich durch Transaktionen stufenweise eine „Galaxie“ aus/von Ereignissen.
Diese Zusammenhänge werden in den Arbeiten von Kastner/Schlatter natürlich konsequent mathematisch dargestellt, was entsprechende Kenntnisse voraussetzt, wollte man somit deren Theorie auf diese Weise begreifen. (s. Website der Autoren).
Ein anderer Weg ist zu versuchen, dieses Denkmodell in eigene Denkbilder aufzunehmen und diese entsprechend abzugleichen. Für mich waren Schriftgut und „Lectures“ von Sorkin/Dawker zur „Causal Set Theorie“ sowie von Gerald t'Hoft, Erik Verlinde und Susskind Grundlage, um mich vor allem wegen des holographischen Prinzips, tiefer in Kastners Theorie (TI) einzuarbeiten, ein für meine Begriffe elementares Denkmodell, das sie inzwischen durch „RTI“ neu interpretiert hat.
Hinausdenken aus der eigenen Begrenztheit in das eigentlich unfassbare Universum, in das Unbekannte, das Numinöse. Nicht anderes als dieses Hinausdenken habe ich bei Ruth E. Kastners „Transactual Interpretation“ (of Quantum Mechanics) entdeckt. Trotz aller wissenschaftlichen Kompetenz und Klarheit ihres erklärenden Ausdrucks erhebt sie keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit ihres Denkmodells. Doch genau gesehen, könnte dieses Modell Grundlage für die gesuchte Verbindung von Relatitiviätstheorie (ART) und Quantenmechanik werden.
Man muss wirklich genau hinsehen, um die Qualität, den Wert dieser Theorie zu erkennen und was ich hier davon wiedergegeben habe, ist nur ein winziger Abriss dieses Denkmodells, obendrein in der Hoffnung, dieses auch wirklich hinreichend verstanden zu haben.
Für Dich mag das Geschriebene wiederum „kauder-deutsch“ sein, andere wird es gar nicht interessieren und ignorieren diesen Beitrag schlichtweg. Einige könnte es geben, die damit etwas anzufangen wissen und so sei es nicht in den Wind geschrieben. Damit komme ich (im übertragenen Sinne) nochmal auf Kastners „Emitter – Absorber - Prinzip“ zurück: Ich sende den Beitrag quasi als probabilistische „Offer-Wave“ (OW) an potentielle Absorber in einem Zustandsraum von 70 philweb-Teilnehmenden. Von diesen möglichen Absorbern (die potentiell reagieren können) kommen üblicherweise nur sehr wenige „Bestätigungswellen“ (CW) zu mir zurück, woraus ich schließen muss, dass auch dieser Beitrag, modulo der wenigen mit „CW“ bestätigten Transaktionen, größtenteils lediglich einer potentiellen Angebotswelle entspricht und somit keine wirkliche Transaktion mit allen möglichen Teilnehmenden stattgefunden hat.
Eines kann ich Dir, Waldemar, jedoch versichern: An dieser Theorie von Ruth E. Kastner, die ja i.W. auf der Absorbertheorie von Wheeler/Feynman (bezogen auf Zeitsymmetrie) sowie auf Cramer aufsetzt, werde ich mich nicht „ver-rennen“. Wie kommst Du eigentlich dazu, solches anzunehmen?
Ingos Hinweis und meine Beschäftigung mit dieser Theorie ist nichts anderes, als meiner Leidenschaft zu frönen, möglichst oft einen Blick hinter den Schleier der Natur (Goethe) zu erhaschen. Ein Blick allein schon reicht, um zu erkennen, dass das „Gesehene“ eben nicht mit der „Sicherheit von Einfachheit“ wiederzugeben ist.
Das haben eben genau nur jene vermocht, die Du stets angreifst: Menschen, die mit der Kunst der literarischen und bildlichen Verdichtung das auszudrücken vermögen, was wir schon immer als absolutes Wissen in uns tragen: Diese tatsächliche „wirkliche Wirklichkeit“, wie sie sich (nach Kastners Worten) als unter dem Wasser befindlicher Eisberg dem rational menschlichen Erkennen verbirgt.
Und es war ausgerechnet Goethe, der sich trotz seines dichterischen Talents dessen bewusst war, sich am Ende eines länglichen Briefes entschuldigte: Verzeih mir die Länge, zur Kürze fehlte mir die Zeit (sinngemäß).
Ach so – noch zur Einfachheit: Wer diesen Beitrag als zu abstrakt, zu theoretisch einfach zu kompliziert abgefasst wertet, schiebt diese Mail (als Worte-Wust) einfach in den Trash. So einfach ist das, oder etwa nicht? Doch selbst wenn nur eine Person hier in philweb Interesse an diesem Thema hat, könnte dieser Beitrag eben nicht in den Wind geschrieben sein.


Bester Gruß! - Karl
PS: Warum überhaupt Lernen, erkennen wollen? Warum hinter die sichtbaren Gegebenheiten blicken wollen? Womöglich waren es die Chinesen schon vor Jahrtausenden, die darauf eine Antwort hatten:
Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück.“