Liebe Streitende,

naturgemäß bohren sich die Eigenwelten spiralisierend in die Zukunft, und es gibt nur dann eine allmähliche Konvergenz, wenn beide oder alle sich zunächst auf ein gemeinsam anzustrebendes Ziel verständigen können. Hier ist das Problem, dass die Bedeutungshorizonte oder genauer das, was ins Innen der Spiral-Bewegungen aufgenommen wird sich nur hinsichtlich der Innenbereiche, der positiven Existenz im gedeuteten und bedeutenden Sinn-Raum überlappen können. Was jenseits dieser jeweiligen Horizonte liegt, existiert nicht, auch nicht als Platzhalter im Sinn einer leeren Menge. Nein, es gibt es einfach nicht, und es kann auch nicht durch Zwang aus dem inexistenten Außen in den Horizont des Innen verpflanzt werden. Das sind dann Bereiche, in denen der eine sagen muss: das ist auszuklammern, hier ist kein Einigungshorizont sichtbar. Diplomatie besteht darin, vorab eine Einigung darüber zu finden, worauf man sich nicht wird einigen können. Das wird dann als bleibend streitig ausgegrenzt, und man kann sich mit den Inhalten beschäftigen, in denen eine Einigung denkbar ist. Im hiesigen Fall prallt die Weltsicht einer unterstellten Binnenhomogenität der von Außen betrachtenden deskriptiven und messenden Naturwissenschaften auf die andere Weltsicht einer aus Innen heraus bestimmten und gestimmten Welt der Jeweiligkeit. Nur aus Letzterer ist ein Zugang zu und ein Verständnis von existenziellen Fragen möglich, weil nur hier ein genuines Innensein thematisiert und für alles weitere Fragen vorausgesetzt wird. Dieses Innensein lässt sich leben und erleben, auch in Worten, Gesten, Bewegungen umschreiben, es ist aber der Perspektive, die ausschließlich von außen darauf schaut (auch in der Selbstreflexion) nicht oder nicht gut zugänglich.

So viel als Wort zum Dienstag,

viele Grüße in die Runde,

 

Thomas


Am 08.04.2025 um 10:10 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 08.04.2025 um 01:20 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
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