transmitted from iPad-Client

Am 11.03.2025 um 09:50 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich <dr.thomas.froehlich@t-online.de>:



Lieber Karl, lieber Waldemar,

angesichts des unfruchtbaren Kreisens um dasselbe Thema stelle ich das Kreisen in den Beghriffen meienr Zeitspiralen-Theorie dar:

Unbestreitbar ist es ein gemeinsames Kreisen um das allgmeeine Thema Glauben, Gott, Seele und einander und dem anderen zugeneigte Liebe, und das Schlechte dabei ist: es bildet sich keine zusätzliche einzeln-dialogische Spirale in dieser allgemeinen Spirale. Die entstünde erst, wenn zusätzlich zu dem bloßen, abstrakt-allgemeinen Bezug auf ein gemeinsames Thema erstens eine bis ins Detail wirksame Bezugnahme auf und Einarbeitung / Berücksichtigung von gegnerischen Argumenten erfolgte. Es müsste ein wechselseitiges Verstehen und Einarbeiten des Verstandenen in das künftige, um das Verstandene bereicherte Detail-Kreisen im großen Kreisen erfolgen. 


Die Spirale war mir von Jugend an ein Sinnbild moderaten Ansteigens, resp. Aufsteigens hin zu Höhen, die man im Direttissima als dem direkten Aufstieg nicht oder kaum zu bewältigen vermag. 


Schon meine ersten Bergtouren in meiner oberbayerischen Heimat gaben mir Gelegenheit, Vorteil und Notwendigkeit dieses Prinzips zu erkennen. Diesen Vorteil macht sich die Natur sehr oft zunutze, wie man es derzeit in Gärten und Grünanlagen bei Schnecken zum Schrecken der Gartenliebhaber sehen kann: Entlang einer Spirale wachsen sie um ihr Gehäuse herum, um mit jeder Spiralumdrehung mit konstantem Faktor größer zu werden und sich das Schneckenhaus in Form einer logarithmisch verlaufenden Spirale ausbildet. Vielleicht bauen Menschen künftig ihre Behausungen nach diesem Vorbild und man spart dabei enorme Material-Ressourcen.

Ein gänzlich anderer Zugang zum Prinzip der Spirale war meine kindliche Vorstellung, auf derartigem Wege in den Himmel zu gelangen, solchermaßen quasi mühelos aber zielsicher nach jeder Spiralsteigung schließlich dort anzukommen, was im Direttissima nur den Heiligen gelingen konnte. Welch drollige infantile Vorstellung! Und sogleich wieder Anlass und Motiv genug, um auf‘s Neue in das unfruchtbare Kreisen zum Themenkreis von Glauben, Gott und Seele zu geraten.

Jedem von uns hier, der seit Jahrzehnten diesbezügliche Diskussionen verfolgt hat, wird bewusst geworden sein, dass bei dieser Thematik kein konsensueller Diskurs zu erwarten, bzw. herzustellen ist. Das wäre vermutlich nicht mal beim wöchentlichen Kaffeekreis von Betschwestern möglich. 

So ist einzig - wenn überhaupt- der Vorteil solcher Auseinandersetzungen darin zu sehen, dass man sich mit diesem Thema grundlegend beschäftigt, eigene diesbezügliche Denkmuster kritisch hinterfragt und diese ggf. korrigieren muss. 

Was mein derzeit diesbezügliches Denken anbelangt, hat sich dieses unverkennbar mit den langjährigen Diskussionen hier geändert. Waldemar hat zuletzt erwähnt, dass er und ich religiös sozialisiert wurden, die Emanzipation davon sich jedoch im Verlauf unserer unterschiedlichen Lebensumfelder und -weisen offenbar auf sehr deutliche Weise anders verlaufen ist.

Waldemars vordergründig materialistische, positivistische und damit in aller Regel auch atheistische Weltsicht täuscht darüber hinweg, dass er im Innersten sehr wohl den Bezug zu einem  Noumenon nicht verloren hat, sich aber keiner üblichen Definition dieses sprachlich eigentlich nicht fassbaren Phänomens anschließen kann, schon gar nicht den auch damit verbundenen (nicht selten) obskuren Praktiken von Religionsausübung. 

So haben wir uns bekanntlich auf die Formel „god is a feeling“ geeinigt und er hat dafür die weitaus zutreffendere Beschreibung beigesteuert: Gott sei - resp. vermittle - das  Gefühl von Allgeborgenheit. 

So, das wäre nun doch eindeutig mehr als hinreichender Konsens. Doch das lässt ihn trotzdem nicht ruhen, irgendetwas treibt ihn um, vielleicht ist es das Dilemma der Theodizee, das ja besonders den Protestanten so oft zu schaffen macht. Katholiken kennen das „Sakrament“ der Vergebung. Darüber haben wir kürzlich hier geschrieben und in diesem Kontext das Vergessen erörtert. Wer nicht zu vergessen vermag, kann nicht vergeben, hatte ich geschrieben. Womöglich wäre es diesbezüglich hilfreicher zu sagen: Wer das zurückliegende erfahrende Ungemach nicht hinter sich lassen kann, wird niemals verzeihen können. Letzteres jedoch ist Voraussetzung für einen neuen Lebensanfang inmitten des Lebens.

Soweit für den Augenblick. Für so vieles noch Verbleibende zu diesem Thema würde es tausender Augenblicke bedürfen und schon sind wir wieder beim Strudel der Zeit angelangt, wie und wohin er auch immer uns zieht.

Bester Gruß an Dich und in die Runde!

Karl