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Mal soeben auf die Schnelle von unterwegs...

Am 19.07.2022 um 09:58 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


Hi Karl, 

begriffsgymnastisch bringt für mich Energie Materie in Form.

Wir müssen zusehen, das wir uns bei „Begriffsgymnastik“ nichts verrenken😊

Doch ohne mich zu verrenken frage ich Dich, wie „blinde“ Energie etwas zu formen vermag. 

Was ist da bei der Äquivalenz von e=mc^2 (also e und m als äquivalente physikalische Größen sowie c^2  als kinetische Energie einer relativistisch bewegten Masse) die formende und nicht nur „blind“ schiebende oder „stoßende“ Kraft? 

Abgesehen davon, dass ein mit 5G bewegter Körper eben durch Gravitationskraft „verformt“ wird, kann meine Frage nicht mit Büchners Darlegung beantwortet sein.

Was in Einsteins Formel „stößt“, ist in deren anderer Ableitung ein Impuls:

Newtons Impuls (als für unsere empirische Lebenswelt glücklicherweise physikalische Größe) ist bekanntlich als das Produkt von Masse und Geschwindigkeit definiert (p=m·v) und die Kraft als Ableitung des Impulses nach der Zeit (F=dp/dt). 

Zeit ist (wiederum das  entscheidende Faktum und damit erweist sich Büchners Darlegung als weitsichtig und gültig angelegte Definition, wenngleich er damit den philosophischen (und meinetwegen auch religiösen) Aspekt unberücksichtigt lässt. Jene, die sich damit jedoch beschäftigen muss man nicht unbedingt als fabulierende,  Hypothesen erfindende Artgenossen bezeichnen; es sei denn, man kann sich aus seiner pur positivistischen Weltsicht schlichtweg nicht lösen und muss daher notwendigerweise alles Immaterielle eben als fabulierte Spintisiererei werten.


Methodisch aber folge ich Büchner. Der einer Arztfamilie entstammende Ludwig Büchner hatte — wie sein früh verstorbener Bruder Georg — Medizin studiert. Darüber  hinaus belegte er philosophische und ästhetische Fächer und beteiligte sich an den damaligen Studentenverbindungen und Fortschrittsvereinigungen. 

Bereits in seiner medizinischen Dissertation verteidigte Büchner 1848 u.a. den materialistischen Satz: „Die persöhnliche Seele ist ohne ihr materielles Substrat undenkbar." 1850 besorgte Ludwig die Herausgabe der nachgelassenen Schriften seines Bruders Georg und geriet als fortschrittsorientierter Arzt natürlich schnell in den Bann Rudolf Virchows. Selbst wiederum zog er durch seine integrierende Betrachtung von Kraft und Stoff den jugendlichen Einstein in seinen Bann, der fortan vom religiösen Schwärmer zum philosophischen Freigeist avancierte. 

„Die Kraft ist kein stoßender Gott, kein von der stofflichen Grundlage getrenntes Wesen der Dinge, sie ist des Stoffes unzertrennliche, ihm von Ewigkeit innewohnende Eigenschaft.“ So leitet Büchner sein nüchtern materialistisches Werk „Kraft und Stoff“ ein, um abzuschließen mit dem Satz: „Die Hypothese kann behaupten, daß Sein und Denken einmal getrennt waren; die Empirie kennt nur ihre Unzertrennlichkeit.“ Ja, empirisch gibt es nichts Immaterielles,

Ja zum Glück leben wir -bestens und fein angestimmt - in einer von Materie getragenen aber eben nicht auf sie gründenden - Welt resp. Universum. Oder siehst Du etwa das Quantenvakuum als materielle Substanz und nicht als prinzipiell zeit- und damit masseloses Agens?

Bester Gruß! - Karl

nur hypothetisch lässt sich endlos darüber fabulieren.  

IT

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