Lieber Karl,

und mein Dank an Dich: Deine Formulierungen treffen mein / unser Anliegen perfekt, und wenn ich darf, werde ich sie für künftige deutschsprachige Versionen zitieren: 

 Communication energy CE .. vorverarbeiteten Energieform

 

qualitativen strukturierenden (Vor-)Verarbeitung von roher zu geformter (per Information in Form gebrachte) Energie


Und wenn Du von „Anima unica forma corporis“  schreibst, greifst Du ja gezielt die aristotelische funktionale Seelenauffassung auf, die ich nicht explizit in unseren Beiträgen erwähne, die aber die treffende Alternative zum platonisch-descartschen Dualismus darstellt: „Anima forma corporis“ (https://epub.ub.uni-muenchen.de/10042/1/10042.pdf).


Zur aristotelischen Seelenauffassung finde ich das Buch von Hubertus Busche, Die Seele als System weiterführend, Zitat:

 eine neue Gesamtdeutung der Aristotelischen Psychologie und zeigt, dass Aristoteles weder Materialist noch Funktionalist noch Dualist ist, sondern die Seele als schöpferische funktionale Form des Leibes versteht. 


Um über den cartesischen Dualismus hinwegzukommen, sind Aristoteles und sein Interpret Thomas von Aquin die perfekte Wahl….


So viel auf die Schnelle, und vielen Dank noch einmal,

liebe Grüße in die Runde,

Thomas



Am 14.06.2022 um 16:43 schrieb Karl Janssen <janssen.kja@online.de>:

Gerade unterwegs sehe ich Deinen Beitrag, Thomas, für den ich mich sehr bedanke, da er (insbes. im Anhang) meine eher rudimentär angelegten Gedanken zu diesem Thema präzisiert. Einiges daraus (die prinzipiellen Grundgedanken des in Eurer Gruppe erarbeiteten Konzepts („concept of perspectival, process-bound, and meaning-transporting communication structures“),  konnte ich schon Deinen bisher hier eingestellten Beiträgen entnehmen. Von dieser Präzision (bezogen auf die o der Darstellung) eines hochkomplexen Themengebiets sind meine Denkansätze weit entfernt, zumal ich zum Bereich der Biologie leider einen völlig laienhaften Zugang habe. Doch glücklicherweise bist Du als Biologe ja auch in unserem Forum und kannst hier (wie eben geschehen) fundamental aus diesem Fachbereich beitragen.

Das kann dann zu diesem „Zusammendenken“ beitragen, das Ingo kürzlich hier vorgeschlagen hat.

Womöglich ist „Zusammendenken“ im Sinne auch eines „sich in die Denkweise anderer zu versetzen“ unentbehrlich, um nicht in den von Ingo angemahnten Fixierungen/Vorurteilen gefangen zu sein. 

Gefangen sein - gefangen in Emotionen, das scheint mir derzeit ohnehin das zentrale psychische Problem für all jene Menschen zu sein, die eigentlich gewöhnt sind, über die Dinge des Alltäglichen hinaus zu denken; sich gedanklich davon abzuheben, um dem Geheimnis dieses Daseins, dieses „in die Welt geworfen sein“ etwas näher zu kommen. 

Auch wenn Menschen keinen tieferen Sinn und Zweck ihres Lebens - von Leben schlechthin - erkennen können/wollen, werden sie die Sinnlosigkeit von Krieg und krimineller Gewalt zumeist erkennen. Diese Sinnlosigkeit zu erfahren, ihr nichts entgegensetzen zu können raubt Lebensenergie. 

Wir hatten hier immer wieder auch Energie zum Thema und diese (im Kontext von Psyche vs Physis) zuletzt eben in‘s Verhältnis zu Information gesetzt. Die Psyche erfasst und verbindet bewusste wie unbewusst ablaufende prozessuale Vorgänge im Körper und emotionales Erleben als zentrale Leistung des Gehirns/ZNS. 

Wollte/dürfte man den im u.a. Artikel Begriff der „communication energy“ (CE) auch (vlt. sogar insbesondere) auf psycho-physische Prozesse im Körper anwenden, so wäre m.E. eine Parallele zu der dort verfügbaren vorverarbeiteten Energieform insoweit gegeben als auch die Informationsverarbeitung im Gehirn auf einem Proto-Bewusstsein aufsetzt, das (quantenmechanisch gesehen) durch dessen genetisch eingeprägte Information (ähnlich der CE) vorverarbeitet ist.

Weiterhin sehe ich die in der CE verankerte Art der qualitativen strukturierenden (Vor-)Verarbeitung von roher zu geformter (per Information in Form gebrachte) Energie als das verwirkliche Prinzip des „Anima unica forma corporis“ umgesetzt.

Die damit verbundene Informationsverarbeitung im Gehirn/ZNS erfordert einen hohen Energieaufwand. Dabei wird man im Alltagsdenken diese Energie ausschließlich jener gleichsetzen, die man lebenspraktisch durch deren übliche Beschaffenheit (fossil, elektrisch, biochemisch etc.) beansprucht bzw. verbraucht. Ich beziehe mich hier eher auf psychische Energie als in ihrer intrinsischen Wirksamkeit gesehen. Salopp mit dem Beispiel verdeutlicht, dass man sich an gewissen Tagen hinreichend energiegeladen fühlt, um bestimmte Aufgaben in Angriff zu nehmen. Damit ist dieser im englischen Sprachbereich eingeführte Begriff von „downward causality“ verbunden, im übertragenen Sinn eine vom Gehirn auf den Körper abwärts gerichtete psycho-physische Wirksamkeit, deren physische Struktur (als biochemische Energie) Träger der eigentlich steuernden Information zur „mentalen Beeinflussung von Körperfunktionen ist. Diese Wirksamkeit ist durch Methoden wie autogenes Training, Meditation, Gebet etc. hinreichend bestätigt. 

Was Letzteres anbelangt, möchte man derzeit gerne dem Satz folgen: „Bittet und es wird euch gegeben werden!“ Von jenen, die diesem Aufruf folgen, werden nicht wenige am „Schweigen Gottes“ verzweifeln.

Nun das mag jetzt ein etwas verwegener Ausflug in die geheimnisvolle Welt zwischen Psyche und Physis gewesen sein. Allein dahin zu denken macht schon Freude, wiederum gemäß Wheelers Motto: Ein Tag ohne Erkenntnisgewinn ist ein verlorener Tag.

Mit ebenso lieben Grüßen an Dich und in die Runde! - Karl


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Am 14.06.2022 um 11:57 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich <dr.thomas.froehlich@t-online.de>:

Lieber Karl,


Deine Aussagen  - zusammengefasst in Deinen Sätzen: 

Wheelers „Informationismus“, wie Du es nanntest, steht natürlich für ein weiter gespanntes Weltbild, was seinem Wesen als Unitarist entsprechen dürfte. Für ihn steht nicht Materie als „elementary Building Blocks of the Universe“ also nicht Materie resp. damit verknüpfte physikalische Gesetzmäßigkeit im Vordergrund, sondern dieser zugrunde liegende Informationsprozesse.

Sein Credo war: Leben beruht auf Information und deren hinreichende Bearbeitung bei allen Lebewesen. Das setzt Bewusstsein als Form von Bewusstwerdung resp. Wechselwirkung mit der Lebenswelt bzw. (quantenmechanisch) deren spezifische Beobachtung/Messung voraus. Für diese Wechselwirkungsprozesse ist ein jeweils gewisses Maß an Energie erforderlich, entscheidend dabei ist jedoch die Bedeutung/Qualität der Information.

Somit ist Bewusstsein/Bewusstwerdung als wirkende Realität zu sehen.


decken sich - mit unterschiedlicher Akzentuierung - mit dem in unserer Gruppe und später von mir als Biologen zusammengefassten Erarbeiteten. Die anders gesetzten Akzente sind unsere Betonung des Prozesscharakters interaktionaler „Bausteine“, was sich ja gut zum Vorgehen im Sinn des Informierens fügt. Dahinter stehen explizite Prozessontologien wie die von Whitehead. Die zeite etwas stärkere Gewichtung ist die auf Eigensein-in-der-Welt abhebende, gestürtzt auf das auch von Dir herangezogene Konzept Heideggers bezüglich des in-der-Welt-Seins einschließlich „Geworfenseins“ in die Welt hinein. Das ist in unserem Fall die Fortführung einer Denkrichtung, vermittelt über den Heidegger-Schüler Gadamer, in dessen Nachfolgers Büro wir uns als Gruppe austauschten.


Den energetischen Aspekt wiederum herauszuarbeiten war für mich am schwierigsten. 

Ih habe ich ein Kapitel in einem für ein englischspraciges Journal geschriebenen Artikel gewidmet. Parallel ist ein deutschsprachiger Artikel in Vorbereitung, aus dem ich ebenfalls zitiere, und schließlich füge ich noch einen Kommunikaktionsbeitrag zur qualitative systems theory an, über den wir uns kürzlich bei einer Sytemiker-Konferenz ausgetauscht haben. Er ist jetzt über www.researchgate.net verfügbar.


Sorry für den overload, um es in Neudeutsch zu sagen, aber die weitgehende Übereinstimmung Deiner Gedanken ist für mich faszinierend und entsprechend Anregung, das aktuell Geschriebene mit Dir und Euch zu teilen.

Liebe Grüße

Thomas


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