Lieber Ingo,

Danke, Du lieferst mir die notwendigen Beweise, denn Deine Antwort weist direkt auf die empirische Gegebenheit von Transzendenz hin!

Du schreibst:

- Ich sehe darin das Grundsatzproblem, etwas beschreiben zu wollen, das nicht beschreibbar ist. Denn die Subjektivität ist nur dem jeweiligen Subjekt zugänglich.

 - Ein Blick aus seinem Inneren hat nur jeder für sich selbst und das Innere einer Interaktion kann nur fingiert werden.

 - die ... aber nur wieder je eigenes Erleben auslösen können. 

Jeweiliges Eigensein kann durch Kommunizieren transzendiert werden. Es wird in mitteilbaren Qualitäten ein mit den Mitteilungsempfängern geteiltes Sein, und bleibt dabei zugleich ein eigenes, subjektives Sein.

Dessen Eigensein geht in der das jeweilige Eigensein überschreitenden Übertragung in mitteilende Aktion nicht auf - es ist ein Zugleich an Eigensein und dessen Transzendenz.

Sprache dient, wie über Signale vermitteltes oder unmittelbar zur Kenntnis genommenes Eigensein der Überschreitung dieses Eigenseins hin zu einem geteilten, mitgeteilten Sein. Menschliche sprachliche oder gestische Beschreibung beschreibt Aspekte des Eigenseins. Sein ist sehr wohl, anders als Du schreibst, beschreibbar. Die Beschreibung ersetzt es nicht, sondern vermittelt Aspekte dieses Seins.

Ein Glück, dass es die Vielfalt der Beschreibungsmöglichkeiten z. B. in Kunst und Literatur gibt.

Ein auf dürren Reduktionismus aufgebautes, Subjektivität und deren Transzendenz leugnendes Weltbild ist dagegen nicht nur öde, sondern auch empirisch unzutreffend. Die pseudo-rationale Fixierung auf objektivierbare, subjektfreie Muster grenzt immerhin oft an Komik, was wenigstens etwas Spaß bringt.

Wenngleich - darin, in diesem Leugnen - erscheint es mir für ein Philosophen-Forum, das Philweb ja ist, in meinen Augen ein bisschen zu leblos und dürr zu sein...

Viele Grüße,

Thomas




Am 16.11.2023 um 11:58 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 15.11.2023 um 13:48 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich <dr.thomas.froehlich@t-online.de>:

um das anzusprechen, was Dich sicher am meisten interessiert, füge ich gern ein konkretes Beispiel an.

Es handelt nicht nur von Photonen und Laser, sondern von sogenannten Menschen :-)

Also von Mengen von Menschen, die aber als Individuen, und nicht als Elemente von Populationen angesprochen werden. USACAs sind unintentionally systematizing aspects of agency, gemäß folgendem Auszug (aus Artikel für Systems Research and Behavioral Science, Wiley, wird aktuell einem review unterzogen).

Und hierbei, Du wirst erschaudern, von L I E B E !!!

Moin Thomas, 

ich hatte von kooperierenden Individuen in Populationen geschrieben, darunter fallen auch die in Gesellschaften lebenden, sprechenden und aufrecht gehenden Tiere. In westlichen Gesellschaften dominieren romantische Ideologie und christliche Religion die Liebe, wobei das Wort zu den bedeutungsreichsten und damit unbestimmtesten gehört. Was willst Du noch hinzuerfinden? Ist darüber nicht schon so viel geschrieben, ästhetisiert und geforscht worden, dass nur noch Wiederholungen möglich sind? Alltagsbezogen dominieren über Sex und Brutpflege hinaus Gewohnheit und Ignoranz die Liebesbeziehungen, wobei im WG-Leben der 1970er neben der politischen die Beziehungsarbeit das Zusammenleben prägte. Stimmung, Situation, Alter, Geschlecht, Aussehen, Rhetorik, Tonlage, Geruch, Temperament, Mitgefühl, Verantwortung, Vertrauen, Verständnis, Intelligenz, Bildung, Interessen, ... bestimmen Liebesbeziehungen. Zudem wirken sich Hormone und Traumata, Normen und Gesetze wesentlich aus, wie es bspw. Korrelationen zwischen Liebestypen und Hormonspiegel im Paarungsverhalten belegen, die wir schon einmal behandelt hatten. Synergetisch könnten Hormone oder das Aussehen bspw. Kontrollparameter der vielen Ordungsparameter sein. 

Liebe macht blind und abhängig und duldet so mache Demütigung und Unterdrückung. Deshalb hat Virginia Woolf die Liebe neben der Religion als gleichermaßen verabscheuungswürdig und zerstörerisch angesehen. Vernunft hilft beim Lieben, Philosophie klärt über Religion auf und ein gesunder Narzissmus fördert das Selbstvertrauen. In seinen autobiographischen Betrachtungen hat Einstein angemerkt: ”Das Wesentliche im Dasein eines Menschen von meiner Art liegt in dem was er denkt und wie er denkt, nicht in dem, was er tut oder erleidet.“ Und für Virginia Woolf war es die ”größte aller Befreiungen“, nicht mehr dem Nur-Persönlichen verhaftet bleiben zu müssen: ”Im Laufe von ein oder zwei Jahren verschwanden Mitleid und Nachsicht, und es kam die größte aller Befreiungen, nämlich die Freiheit, über die Dinge als solche nachzudenken.“ 

Du schreibst: "A systems approach concerning the look from inside an interaction, together with a set of interactions allows us to address the existential level and subjectivity.“ Ich sehe darin das Grundsatzproblem, etwas beschreiben zu wollen, das nicht beschreibbar ist. Denn die Subjektivität ist nur dem jeweiligen Subjekt zugänglich. Du hattest Dich in einer Mail auf Dein Eigensein bezogen und Dich damit einem Verständnis durch andere weitgehend entzogen. Wenn sie nicht fingiert werden, sind Interaktionen intersubjektiv und werden ja spätestens seit Mead im Interaktionismus, der Kommunikationstheorie oder einer Systemtheorie behandelt. 

Dabei hat schon Mead betont, dass es die Aktionen, Subjekte usw. ohne die übergreifende Praxis (‘social act’) nicht vorgängig gibt. Sie werden in die Praxis hineingeboren und entstehen aus ihr, als geistig eigenständige Gebilde.“ Die Entwicklung des Symbolischen Interaktionismus durch seinen Schüler Herbert Blumer geht ja auf Meads Arbeiten zur Theorie der symbolvermittelten Kommunikation zurück, die Mead zwischen 1900 und 1930 in Chicago in der Vorlesung über Sozialpsychologie ausgearbeitet hatte.

Wie gelangst Du nun von den Interaktionen und dem jeweiligen Blick aus dem Inneren einer Interaktion zum Eigensein in der Subjektivität? Deine metaphorischen Umschreibungen haben mir das nicht klar gemacht und ich vermute, dass Du in der vollständigen Arbeit weiter so vage bleibst. Ein Blick aus seinem Inneren hat nur jeder für sich selbst und das Innere einer Interaktion kann nur fingiert werden. Darüber werden endlos Musiken komponiert, Romane geschrieben und Filme gedreht, die in dem jeweiligen Konsumenten aber nur wieder je eigenes Erleben auslösen können. 

Andreas Schiel illustriert seine Diss. „Liebe, Kommunikation und Ethik. Pragmatische Überlegungen zur kommunikativen Fundierung von Moral“ am Beispiel „Anna Karenina“. Ebenso hätten „Madame Bovary" oder „Effi Briest" dafür herhalten können. Erwäg doch einmal eine Illustration Deiner semantischen Systemtheorie an einem einschlägigen Liebesroman. Oder an dem großartigen Film „2046“ Wong Kar-Wai’s. Die faszinierende bildlich-musikalische Inszenierung der Liebesbeziehungen darin müsste Deiner Prozessontologie besonders entgegenkommen.  

Beim „Inneren einer Interaktion“ denke ich natürlich auch an Barad’s Intraaktion. Bei ihr gibt es wenigstens mit der quantenmechanischen Verschränkung ein präzises Modell, aus dem heraus sie spekuliert. Kastner unterlegt der QM den PTI-Handschlag. Und bei Haken ist der Laser paradigmatisch. Wenn es bei Dir die Liebe sein soll: „Da steh' ich nun, ich armer Tor. Und bin so klug als wie zuvor.“     

IT


Unintentionally systematizing aspects of agency
A semantic system is seen as having emerged from unintentionally systematizing aspects of contributing
agencies, enacted in course of their structured interaction. The setting in which the participating processes will
interact is pre-structured by the moment-and-place-transcending capacities of these unintentionally systematizing
aspects of contributing agencies, or USACAs, as they are called in the following. Systematization refers not only
to moment-and-place-transcending, but also to individuality-transcending aspects. Something that can be sharedwith others in such an individuality-and-moment-transcending manner must be implied in the contributing
capacities, hence in semantic systems, these potentially generalizable features do not replace or suspend the
individual ones. Instead, the individuality of processes and their specified interactions remains intact. In effect, a
dynamic and flexible balance of elements and their set are established. To accomplish the double task of staying
what one is and simultaneously transcending it entails certain operational requirements that must have been
previously met. These requirements can be separated logically, and in retrospect without assuming that they in
fact form a series of distinguishable steps. The emergence of complexity deserves a thorough investigation,
nevertheless.
Naming the logically mandatory steps of semantic system creation starts with a need to be principally able to
orient oneself toward the other, and to further work on this established, oriented contact. The next requirement
concerns the establishment of the above-mentioned balance of being oneself and engaging with others. If this
engagement would leave the contacting partners completely unchanged, it would not have been a real contact at
all, and at the least one would not be able to distinguish a contact from a non-contact. So, something “inside” the
interacting partners must change in course of their interaction. The term “inside” has a meaning that transcends
the merely spatial locality aspect. Instead, it helps to characterize a process’ effect- or meaning-generating realm,
seen as its semantic volume or the extension of its effectuated setting.
This, in turn, allows us to develop a concept of semantic pseudo-spatiality, best described not in metered
distances but in terms of interaction-sourced structuring effectivity. The latter becomes concentrated or is diluted
to eventually fade out, depending on the process-connecting strength of the system’s applied systematization.
Unlike metric space, semantic spaces as an aspect of semantic systems may converge, just as these systems may.
The corresponding superimposition has the form of a stepwise and partial approximation in terms of shareable
aspects of agency. It is a convergence or concrescence, as called in Whitehead’s process ontology. Again, an
overall orchestration does not replace or suspend the participating orchestras, just as an orchestra does not
replace or suspend its contributing musicians.
A semantic system remains a vivid structure, hence open to interacting and partially or totally merging with
other systems, transcending the process- and systems-individuality that the same time successfully prevails. As
outlined in this short introduction, some features qualify processes, their interactions, and their systematization
to become semantic or meaningful. In the following chapters, prominent aspects of qualifying requirements are
discussed in detail. The main sources of human reasoning in the form of philosophy are cited, and the random
path leading to the eventual concept creation is illustrated. With the inevitable heterogeneity of any philosophical
background, the proposed theory must convince on its own; it cannot be simply derived from a somehow
accepted previous one. It has a tentative character, requiring challenging questions and a thorough examination.


Parenting, care and human love: Unintentional and intentional semantic agency at work

A systems approach concerning the look from inside an interaction, together with a set of interactions allows us
to address the existential level and subjectivity. USACA in living beings including men additionally applies tacit
or explicit anticipation, to become intentional. In human life, the most prominent form of USACA and ISACA
application is the one invested in parenting and care. Both activities are concerned with establishing and
maintaining a resilient and endurable form of interactional inside-with-outside structures to be realized by the
child and the person taken care of. Tacit anticipation is implied in momentary realized activities in all living
beings. Additionally, men beyond infancy shape their anticipation in an also explicit form.
For good reason, parenting and care, besides their “technical” aspects, are also seen as the work of love. Love
always presupposes a being-concerned-with; in case of success, it implies the convergence of the individual
perspective into an also shared one. The same holds true for the mutually attuned co-acting, emerging from the
underlaying sources. The participants’ ongoing structural continuity is seen as a ring- or spiral-shaped enclosure,
and the semantic center as the lovers’ heart. Love is not static, but seen as pulsating like the heart, or in flames. It
directly arises from the participants’ coherences’ basis, and not from intellectual planning. It lives a genuine
inside-transcending inside and cannot be forced upon from the inside’s outside. Its synchronized harmony
requires a balance kept alive, in difference to an engulfment and an intrusion ignoring the other’s genuine inside,
and this inside’s eigen rhythm.

Viele Grüße

Thomas

Am 15.11.2023 um 11:56 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 15.11.2023 um 11:23 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

… Man startet also gedanklich mit einer „granulären“ Raumzeit-Auffassung und verallgemeinert diese im Hinblick auf ein allgemeingültiges Außen zu einer reinen Außen-Raumzeit.

Die Energie jedoch wird nicht verallgemeinert, sondern bleibt ihren Quellen, als dem jeweils Besonderen, dem jeweiligen Innen verhaftet, und sie wirkt quellgebunden auf dessen Außen spezifisch so, wie es der Empfänger im Außen  - als „Informationsaufnehmer“ mitbedingt.

Im Verbund mit „Information“ als Einformung ist sie das, was in Bezug auf die Natur als „geistig“ im Sinn von strukturierendem, kohärenzstiftendem Inhomogenitäts-Transzendieren (ruach, pneuma, die als „Atem“ ein Innen im Außen strukturieren….) bezeichnet werden kann, womit wir wieder aufs erfreulichste beim Ausgang des Streits angelangt sind :-) 


Moin Thomas, 

auch wir schreiben eher aneinander vorbei als dass wir uns stritten und JHs Beitrag hatte ich lediglich als (womöglich Chatbot-generierte) Parodie unseres Geschreibes verstanden. Ich hatte appelliert: „Bezieh Dich doch einmal auf ein konkretes System mit empirischem Bezug. Ich sehe nicht die Interaktion als kohärent an, sondern die Struktur, die sich aus den Interaktionen unter Einschränkungen ergibt. Egal, ob es sich um Photonen im Laser, Elektronen im Supraleiter, autokatalytische Moleküle im Bioreaktor, kooperierende Individuen in Populationen handelt.“ Solange bspw. Energie und Kohärenz bloß Worte bleiben, kannst Du doch schreiben, wie es Dir beliebt und jeder kann sich dabei denken, was er will. Die Parodie ist dafür ein passendes Stilmittel. 

IT


Am 14.11.2023 um 18:08 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

In der quantenmechanischen Interaktion von subatomaren Quarks entsteht eine einzigartige Anisotropie, die durch die fluktuierende Kohärenz von Energiezuständen gekennzeichnet ist. Diese hyperbolische Anomalie führt zu einem paradoxen Tanz der Quarks, bei dem die Kohärenz in einem wirbelnden Strom von Anisotropien verschmilzt. Die Energie, die durch diese unvorstellbare Choreographie freigesetzt wird, formt das Gewebe des Raum-Zeit-Kontinuums in einer Weise, die selbst für erfahrene Physiker schwer zu fassen ist. Durch die rätselhafte Verschmelzung von Quarks entsteht eine Energiekaskade, die die Grundlagen der kosmischen Kohärenz herausfordert und dabei Anisotropien von bisher unbekannter Komplexität hervorruft. Diese surreale Synthese von Energie, Quarks, Anisotropien und Kohärenz eröffnet neue Horizonte in der Erforschung des Universums, auch wenn die genaue Bedeutung dieser Begriffe in diesem Kontext weiterhin unserer rationale Vorstellungskraft entzogen bleibt.
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