Am 29.06.23 um 02:30 schrieb Karl Janssen über PhilWeb


Am 23.06.2023 um 15:36 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Thomas Bach kann sich auch Olympische Spiele im Frühling vorstellen. (1)

Hipp: Thomas Bach denkt, dass es Olympische Spiele im Frühling geben könnte. (2)

(Übersetzung mit "vorstellen" zu "denken")



jh: Denken und Vorstellen sind nicht gleichbedeutend, nur kann mit einem der Wörter in etwa dasselbe gesagt werden. 


Damit ist ja eigentlich alles gesagt.

Auf Dein Beispiel mit Thomas Bach und seiner Vorstellung von Olympischen Spielen im Frühling bezogen, bringen beide Satzkonstrukte im Kern die grundsätzliche Möglichkeit zum Ausdruck, dass nach der Vorstellung von Thomas Bach die Spiele durchaus auch im Frühjahr stattfinden können.

Einverstanden. Mit der Wendung "im Kern" kommen mir Bedenken. Den Satz (1) hat der Computer der Uni Leipzig in den Medien gefunden, (2) war meine Übersetzung. Ebenso war es mit dem anderen Satz, den ich aus der Liste herauszog, und mit dem ich die umgekehrte Übersetzung machte. Wir sind uns einig, dass es verschiedene Satzkonstrukte sind. Wenn die Frage des Journalisten war, ob es ... geben wird, hätte die Antwort "Wahrscheinlich" oder "Meiner Voraussicht nach" dieselbe Information enthalten, also wenn ich "im Kern" so denke, bin ich einverstanden. Der Journalist wollte vielleicht mehr nicht wissen, etwa wie der Befragte vorher dachte, warum er das dachte, usw. Das war eine Möglichkeit, mehr nicht, obwohl Journalisten gerne "nachbohren".

> Dieser Vorstellung sollte jedoch ein auf Erfahrung basierendes Denken vorausgegangen sein, d.h. ohne ein vorheriges Nachdenken wird kaum eine genaue Vorstellung über den jahreszeitlichen Ablauf der Veranstaltung möglich sein. Kurzum: Wenn Th. Bach darüber nachgedacht hat, ob Olympische Spiele schon im Frühjahr durchführbar sind und dieses per Pressemitteilung äußerst, würden Medien vermutlich schreiben, Thomas Bach kann sich das Abhalten der Spiele im Frühjahr vorstellen.

1. Du Karl bohrst mit diesen Worten nach. Das ist zwar in Ordnung, es geht aber von der Sache ab.
2. Sogar die Juristen schauen nur auf den jeweils anzuwendenden Gesetzestext, nicht zusätzlich darauf, wie es dazu kam, was die Schreiber damit erreichen wollten, nur sekundär wird dies manchmal bedacht.
3. Noch extremer, nicht bei Texten, sondern z.B. bei einer Geschwindigkeitsübertretung. Dann wird das Paraphrasieren mit Entschuldigungen eher abgewehrt.
4. Es ist jedoch erlaubt, von der Sache abzukommen, nur kann man sich dessen bewusst werden.
5. Einem Reparateur geht es nur um das Ersetzen des nicht funktionierenden Teils, nicht um die Historie und die Frage, warum es kaputt ging.

6. Ich bin hier auch abgekommen, in Richtung Hermeneutik.

Es ging um die Frage, ob eine Person unterscheidet, oder gar genau unterscheidet, wann sie vorstellt, fühlt, denkt, vermutet, glaubt, schwafelt, phantasiert, meint, genervt ist usw. Dass mehr oder weniger Kraft bei einem Satz vorliegen kann, ist eine andere Frage, das ist manchmal sogar objektiv mit der Lautstärke feststellbar. Es spielen hier noch weitere Faktoren ein. Sie gehen aber von der Frage ab. Immer neue Wörter für etwas zu sagen, was geschieht, nutzt nicht viel. Es kann in dem Fall um die Rückbesinnung gehen, wenn sicher ist, dass etwas geschieht, an, in einer Sache und damit auch einer Person. Ein "Meiner Meinung nach ... " und ein Satz wie "es gibt einen Unterschied zwischen meinen und vermuten" (meinen und vermuten nur als Beispiel) bringt keine neue Information zur Frage, was in der Person denn geschieht. Und schon sind wir uns vermutlich einig darüber, dass "meines Erachtens" ungefähr dasselbe zum Ausdruck bringt wie "meiner Meinung nach", obwohl ein kleiner Unterschied vorliegt.

> Dieser Zusammenhang ist m.E. eindeutig und benötigt kein „Autoritätsargument“ zu seiner Erklärung.


Wenn jemand seine Meinung sagt, betont er diese und sich selbst. Je nach Autorität wird diese Meinung gehört oder gar befolgt. Wer meint, er wird überhört, hat keinen Grund, seine Meinung zu sagen. Es gibt auch Paraphrasierungen, mit denen eine Meinung sich auf einen höheren Stand zu bringen sucht oder gar bringt, diese aufzuzählen wäre interessant. "Ich weise darauf hin, dass das wichtig ist, was ich jetzt sage.", "Ich bin überzeugt, dass ..." oder in einem anderen Kontext "Wahrlich, ich sage euch." Hierbei gibt es vermutlich einen fließenden Übergang, unweigerlich in Richtung "Autoritätsargument". Ebenso verhält es sich mit dem wiederholten Zitieren von intelligenten anderen Personen, Politikern, den Bezug auf geistige Welten oder umgekehrt der Hinweis, doch mit den Füßen auf der Erde zu bleiben. Negativbezüge wie "Es kann doch wohl nicht sein, dass..." dürften in diesem Fall auch dazu gehören, oder "Darüber haben wir ja schon geschrieben." oder "Das ist Schwafelei, Science Fiction, Wiederholung".

> Ob nun ein „Computer eine Denkkraft, eine Vorstellung, Angst, Vernunft“, eine ICH-Vorstellung hat oder nur „Informationsstelle“ ist, darüber haben wir ja schon geschrieben, wenngleich auf Künstliche Intelligenz bezogen, doch letztlich läuft ein KI-basiertes Programm eben auf einem Computer ab.

Dass innen etwas abläuft, aber unbekannt ist, was genau abläuft, sondern nur in groben Zügen, das ist eben das Interessante. Mit der KI-Programmen liegt eben eine neue schwarze Kiste vor, eine gemachte. Und deswegen ist das System, das mit dem Zauberlehrling angedeutet wird, vorhanden. Die KI-Hersteller lassen den Maschinen freien Lauf, so wie derzeit Gott, der den Menschen die Freiheit gab (wenn es so war). Ist das nicht eine Analogie?

Zu sagen:
"Wir wissen, was innen abläuft, hier sind die Gründe, der Programmcode usw."
ist nichts anderes als zu sagen
"Wir wissen, was innen abläuft, hier sind die Gründe, die Nervenströme, die Scannerbilder usw."
"Wir wissen, wie Leben sich von Nicht-Leben unterscheidet, hier sind die Gründe: Doppelhelix, Replikation usw."
"Wir wissen, was innen abläuft, es sind die Gefühle, die inneren Instanzen, unser Wille und unsere Absichten, kurzum unsere Introspektion gibt uns die Antwort."

Enthält diese Gleichsetzung "im Kern" einen Irrtum? Welchen? Oder aber die Antworten? Oder wie kann das besser geschrieben werden?

> Ich denke (sic!), dass man die Hardware eines Computers im übertragenen Sinne mit der Hardware eines Gehirns vergleichen kann (Interface, Speicher, Verdrahtung etc.) und gewisse Denkprozesse mit dem Ablauf von Programmcode.

Ja, gut geschrieben, mit dem berücksichtigten geschriebenen Vorbehalt ("im übertragenen Sinne").

> Sobald Denken jedoch durch unmittelbare Gefühle, wie Angst, Ekel, Scham, Überraschung, Freude, Liebe, Betrübnis, etc. beeinflusst wird, ist es kaum möglich, diese Gefühlswelt als solche authentisch durch einen Automaten zum Ausdruck zu bringen.

Das ist so, wenn der Automat darauf nicht programmiert ist, anderenfalls ist es eine offene Frage. Hierzu hatte ich schon geschrieben: Wenn ein Selbstüberlebenstrieb über den Umweg einer Größe im Programm einprogrammiert wird, etwa mit einer Bedingung: "Wenn jemand oft stößt, melde das deinem Schmerzbehälter, wenn er dich beleidigt, auch, und wenn der Schmerzbehälter genügend groß ist mit Bezug auf diese Person, dann überlege und tue etwas gegen sie." Und ebenso würden dem Apparat die anderen "Gefühle usw." primär einprogrammiert, nicht simuliert, getan als ob er diese hätte, was dann? Umgekehrt: Sind diese "Gefühlsmöglichkeiten", etwa Angst den Tieren und Menschen nicht auch einprogrammiert?

> In gewisser Annäherung wird das zwar machbar sein, wie man das beispielsweise mit dem Frage-/Antwort-Dialog des chatGPT durchspielen kann. Dieser Automat hat Gemeinsamkeiten mit dem Antwortverhalten von Menschen, von denen man auf eine sehr persönliche Mitteilung (z.B. Liebeserklärung) lediglich eine emotions- resp. teilnahmslose Antwort bekommt, selbst wenn sie in noch so charmanten Wörtern daher kommt.

Richtig, das wäre nur Simulation.

> Wer wollte sich denn von Maschinen bzw. Automaten lieben lassen?

Paro begeistert eine bestimmte Gruppe von Menschen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Paro_(Roboter)

Die Romanfigur Lord Ewald war voll zufrieden mit seiner 1886 vorgestellten und von Thomas Edison hergestellten Eve Future:

https://fr.wikipedia.org/wiki/L%27%C3%88ve_future (1886)

Daher sind derartige Vorstellungen müßig. Selbst "Siri, Alexa, Mercedes“ mit ihren einnehmenden Stimmen werden nicht dazu verleiten können, wenngleich mich letztere sehr charmant an alle möglichen Orte zu leiten versteht.

siehe vorhin.

> KI wird seinen „Siegeszug“ auf anderen Ebenen fortsetzen und tatsächlich bislang unvorstellbare Aufgaben lösen und obendrein völlig angstlos – das sollte uns zur rechten Zeit Angst machen, Zauberlehrling lässt grüßen!

Vermutlich.

Vielen Dank für deine Ausführungen, Dank gilt auch dem Ingo.

JH