Dass man zu einer Theorie nicht nur durch Verallgemeinerung, sondern auch durch Intuition kommt, kann ja sein. Aber bei den Beobachtungen, die die Ausgangspunkte der Theorien sind - z.B. das Michelson-Morley-Experiment oder das Doppelspaltexperiment - geht man doch nach eingehender Prüfung ganz induktiv davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. So wie es ja auch der Lebenspraxis entspricht und entsprechen muss.
Der Schluss vom Besonderen aufs Allgemeine und dann vom Rauch aufs Feuer und umgekehrt ist zwar nicht zwingend (das ist wohl der Punkt, um den es Hume ging), aber unverzichtbar, wenn man sich im Alltag zurechtfinden will, von der Lösung von Kriminalfällen ganz zu schweigen. Durch deduktive Schlüsse erfährt man ja nichts über seine eigenen Voraussetzungen hinaus.
Moin Claus,
Beobachtungen sind Ausgangspunkte der unzähligen speziellen konstruktiven Theorien der Experimentatoren. Interessanter sowie weitreichend gültiger und genauer sind die Prinziptheorien der Theoretiker. In seiner Arbeit „Zur Elektrodynamik bewegter Körper“ ging Einstein 1905 nicht vom Michelson-Morley-Experiment aus, sondern reformulierte die Elektrodynamik aus dem Relativitätsprinzip heraus. Das von Young 1802 durchgeführte Doppelspaltexperiment diente nicht als Ausgang, sondern als Bestätigung der Wellentheorie des Lichts. Und Kirchhoff fand 1859 aufgrund thermodynamischer Prinzipien, dass die Strahlungsleistung eines schwarzen Körpers allein von der Frequenz und der absoluten Temperatur abhänge und wies bereits darauf hin, dass die genaue Messung des Zusammenhangs von fundamentaler Bedeutung wäre.
„Der Schluss vom Besonderen aufs Allgemeine und dann vom Rauch aufs Feuer und umgekehrt“ ist alltäglich und ich zähle ihn (mit Hume) zu den Gewohnheiten oder Vorurteilen, die es in der Wissenschaft zu überwinden gilt. „Durch deduktive Schlüsse erfährt man ja nichts über seine eigenen Voraussetzungen hinaus.“ Das gilt für die wenigen angenommenen Prinzipien, nicht aber für die unzähligen Folgerungen, die als Neuerungen echte Wissensfortschritte darstellen, wie bspw. die Proportionalität von Energie und Frequenz eines Lichtkomplexes, die Energie-Massen-Äquivalenz, Zeitdilatation und Längenkontraktion in der Relat. Theorie oder Antimaterie, Verschränkung, Quantenkryptographie, Quantencomputing in der Quantentheorie.
In der Entwicklung der Elektro- und Thermodynamik wäre es interessant, einmal die Bedeutung der Romantik hinsichtlich des Energiesatzes und des Zusammenhangs der elektrischen und magnetischen Phänomene herauszuarbeiten. Die Einbeziehung des Energiesatzes ermöglichte Maxwell ihre Vereinigung mit der Folge des Nachweises, dass Licht eine elmag. Welle sein müsse. Auch Heisenberg gelang der Durchbruch zur Matrizenmechanik erst durch Anwendung des Energiesatzes auf die Zustandsänderungen. Und Pauli wies hinsichtlich des Energieerhalts im radioaktiven Zerfall das Neutrino nach. Das ahnungsweise prinzipiengeleitete Streben nach Vereinigung der Theorien hält bis heute an. Welche faszinierenden Konsequenzen mag es haben, wenn die Vereinigung von Quanten- und Gravitationstheorie gelingen sollte?
Über Humes Regularitätstheorie der Kausalität hatten wie uns ja schon wiederholt ergebnislos ausgetauscht. Unter den weiteren Theorien der Kausalität favorisiere ich eine Synthese von Nomologischer-, Transfer- und Probabilistischer Theorie:
Dabei knüpft die Transfertheorie an den Energiesatz an und ließe sich bis hinunter zur lückenlosen Abfolge von Energiequanten in der Zeit bzw. von Wirkungsquanten spezialisieren. Das bleibt vorerst meine Ahnung. Ausgearbeitete Synthesen im Anschluss an Hume haben bspw. die analytischen Philosophen Spon und Chen vorgelegt
CHANCE AND NECESSITY: FROM HUMEAN SUPERVENIENCE TO HUMEAN PROJECTION, by Wolfgang Spohn. Abstract: "This paper attempts to develop a projectivistic understanding of chance or objective probability or partial determination. It does so by critically examining David Lewis’ philosophy of probability and his defense of Humean Supervenience, building thereupon the constructive projectivistic alternative, which will basically be a suitable reinterpretation of de Finetti’s position. Any treatment of the topic must show how it extends to natural necessity or deterministic laws or full determination in perfect parallel. The paper indicates at the end how this demand can be met.“
"In sum, we have here all the ingredients for telling exactly the parallel story about necessitation or full determination as we have told about partial determina- tion. Deterministic laws are, in the way explained, projections of ranking functions, i.e., of subjective states representing beliefs and their dynamics.“ Ahnungen bzw. „subjektive Zustände repräsentierter Vermutungen“ bilden deterministische Gesetze, aus denen dann ggf. interessante Einsichten deduziert werden können.
Über den anfänglichen Quanten-Zustand des Universum konnte sich Hume noch keine Gedanken machen, aber Eddy Keming Chen in: "Quantum Mechanics in a Time-Asymmetric Universe: On the Nature of the Initial Quantum State:
Humean Supervenience: "Recall that according to Humean supervenience (HS), the ”vast mosaic of local matters of particular fact” is a supervenience base for everything else in the world, the metaphysical ground floor on which everything else depends. On this view, laws of physics are nothing over and above the “mosaic.” They are just the axioms in the simplest and most informative summaries of the local matters of particular fact.“ Ob Ahnungen oder Axiome, physikalische Gesetze ordnen die Fakten in möglichst einfacher und informativer Weise. Empirisch dabei bleiben aber die gemessenen Quantitäten.
Conclusion: "I have introduced a new package of views: Density Matrix Realism, the Initial Projection Hypothesis, and the Nomological Thesis. In the first two steps, we introduced a new class of quantum theories. In the final step, we argue that it is a theory in which the initial quantum state can be given a nomological interpretation“, die natürlich im Anschluss an Bohm gelingt. Eine dimensionsreduzierende Projektion auf den Anfangszustand des Universums nimmt auch Penrose hinsichtlich seiner "Cycles of Time“ vor, um das Problem der Annahme geringer Entropie am Anfang zu vermeiden.
IT