Du unterstellst mir immer irgendwelche philosophischen Positionen, Joseph, während ich nur "im landläufigen Sinn" rede. Diese Positionen drücken für dich vielleicht ein genaueres, nicht oberflächliches, landläufiges Denken aus, vermute ich. Das sehe ich nicht so und sage ja auch von Fall zu Fall, inwiefern nicht.

Wenn man lernt, zu sprechen, praktiziert man keinen Nominalismus. (Auch keinen Begriffsrealismus.) Man lernt nur Gebrauchsanweisungen für Geräusche, Gekritzel, Symbole, die an sich nichtssagend sind und nicht von selbst zu einem sprechen.

Wenn einem ein Blumentopf auf den Kopf fällt, kann man doch sagen, dass da etwas auf einen eingewirkt hat, ohne zu behaupten, dass jetzt das innere Ding an sich eine Beule hätte oder auf dem Weg einer Wesensbetrachtung zu dieser Aussage zu gelangen.

Claus

Am 7. August 2022 15:33:03 MESZ schrieb "Joseph Hipp über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:
Am 31.07.22 um 20:21 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb:

Am 31.07.2022 um 18:32 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb:
Am 31.07.22 um 14:35 schrieb Claus Zimmermann:
Spricht das jetzt für oder gegen die Verwendbarkeit dieses Ausdrucks?

Unabhängig davon, welches "das" ist, das gegen die Verwendbarkeit des Ausdrucks spricht, antworte ich kurz. Die Wortwahl ist jedem überlassen. Das heißt jedem ist es erlaubt, die Wörter zu benutzen, die er gewohnt ist, zu benutzen, das fällt wohl unter die Meinungsfreiheit. Ich vergebe weder Freiheiten noch Rechte.


Jeder redet so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und dann kann es zu Missverständnissen kommen, die man dadurch ausräumt, dass man sich mit Hilfe von Ausdrücken, die man gemeinsam in der Schule gelernt hat (sie sind ja nicht angeboren oder vom Himmel gefallen) verständigt, was wie gemeint ist. Zur Umgangssprache gehören sowohl Standards - dass der eine nicht mit "Tisch" etwas völlig anderes meint als der andere, dann wäre keine Verständigung möglich - als auch eine gewisse Unschärfe, die Ingo Tessmann immer anprangert. Bei den Standards ist man aber nicht frei, wenn eine Verständigung möglich sein soll, und es geht hier auch nicht um Meinungen (die können erst mit Hilfe mehr oder weniger standardisierter Ausdrücke geäussert werden), sondern um Techniken der Darstellung, Aufforderung, des Fragens etc. etc.

Auch hier sehe ich ab von dem "das", und versuche die Antworten auf den letzten Absatz zu schreiben.

Jeder redet so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist

das stimmt.

und dann kann es zu Missverständnissen kommen,

das stimmt auch.

die man dadurch ausräumt, dass man sich mit Hilfe von Ausdrücken, die man gemeinsam in der Schule gelernt hat (sie sind ja nicht angeboren oder vom Himmel gefallen) verständigt, was wie gemeint ist.

Auf diesen Satz kann ich hier nicht korrekt antworten. Mein neuer Text gibt schon mal ein wenig Antwort auf diesen.

Es stimmt am Satz, dass "man die Ausdrücke ... gelernt hat", in etwa. Gelernt oder eher eingeübt hat man sozusagen den nominalistischen Bezug zwischen Ausdruck und Sache erinnert bzw. wiederholt sagen kann. Dann kommt die Wendung

verständigt, was wie gemeint ist.

Erst hier fangen meine Schwierigkeiten an. A denkt etwas, er sagt dazu den Ausdruck. Bis dahin habe ich kein Problem. Das Wort "verständigt" finde ich nicht erforderlich, es genügt, den nominalistischen Bezug zu erinnern, der "gemeinsam in der Schule" eingeübt wurde.

verständigt, was wie gemeint ist.

Das ist bei einem Gespräch dienlich, insbesondere, wenn beide wirklich in dieselbe Schule gingen. Dann kann die Erinnerungsarbeit einsetzen, und damit können dann die Missverständnisse ausgeräumt werden. Damit bin ich einverstanden.

In dem was du dann schriebst, ist viel vermischt. Woher kann ich wissen, was Ingo derzeit anprangerte? Nachwühlen in den Mails? Ich verstehe ein wenig von deinem Text, aber da müsste ich viel deuten, wobei ich viel falsch deuten würde, und entsprechend antworten würde.


Nur kann es Personen geben, die jedes Wort ungläubige Thomasse sind, so wie ich. Das verhindert aber nicht, dass ich die Wörter auch landläufig benutze, eben im ungenauen Sinne, wie es auf dem Markt der "Ausdrücke" sowieso üblich ist.


Du hattest ja schon geschrieben:

"Sache1
Wenn eine Person vor einem Bild steht, es betrachtet, ist es sprachlich korrekt zu sagen, dass sie aufmerksam auf die Teile des Bildes schaut."

Bei Worten finde ich Originalität so wenig angebracht wie bei Verkehrszeichen. Man muss sich schon an die "landläufigen" Vereinbarungen halten, wenn es funktionieren soll. Andererseits ergeben sich dadurch ganz andere Ausdrucksmöglichkeiten als durch Mimik und Gestik.

Der "landläufige" Sinn ist weder genau noch ungenau. Davon kann man bei Darstellungen reden, aber nicht bei Techniken, abgesehen davon, dass in Zentimetern genauere Grössenangaben möglich sind als in Metern. Man kann allerdings Worte ungenau oder schief verwenden, nämlich anders als man es gelernt hat. Ich denke da z.B. an den vor vielleicht 20 Jahren in Mode gekommenen Ausdruck "nicht darstellbar". Unter darstellen verstand man ursprünglich irgendeine Form der Abbildung. Jetzt sagte plötzlich jeder aufstrebende Abteilungsleiter statt "das kriegen wir nicht hin" "das ist nicht darstellbar". Mittlerweile hat es sich eingebürgert, ist normal geworden und schmückt nicht mehr.


Ich verstehe viel von dem was vorhin steht, und einiges doch wieder nicht.

Das Wort Ausdruck ist durchaus bei mir fast dasselbe wie Wort. Immer Wort mit Wörter als Mehrzahl, nicht Worte, das wären schon fast Begriffe, von denen ich nicht begeistert bin. Hier kommt das Wort Geist vor, das durchaus auch ungenau verwende.

Also bei der Beschreibung des Waldemar und der Katze bzw. Maus ist das Wort Aufmerksamkeit verwendbar. Mit seiner Erklärung der Aufteilung in das eine und das andere hat er das Problem erkannt und beschrieben oder eher umschrieben. Ich habe jedoch "aufmerksam" darauf gemacht, dass ich nicht auf die tausend möglichen Geschehnisse, die mich aus der "Fassung" bringen könnten, von rechts, von links, aus mir selbst heraus, usw. auch vorher aufmerksam war.


Falls du meinst, dass man nicht alles im Blick haben kann, sondern auswählen muss, worauf man achtet und worauf nicht (oder vielleicht würdest du statt "achten auf" lieber "beachten" sagen, so wie du statt "denken an" lieber nur "denken" sagst, was aus meiner Sicht wie gesagt keine Rolle spielt), würde ich dem nicht widersprechen.


Es ist richtig, dass man nicht alles im Blick haben kann. Warum man auswählen "muss", ist eine andere Frage. In einem Fall bleibt man nicht lange bei der Sache, ein andermal fixiert man sie, man muss stehen bleiben, ein andermal ergründet man sie, also da kann viel mehr geschehen als auswählen, und du hast recht, es ist erst im Spezialfall zu sagen, wann das eine, wann das andere. Wenn allgemein gesprochen wird, bedarf es auch keines genauen Wortes, "es spielt keine Rolle".

Deswegen habe ich das ungenaue Wort "Störung" geschrieben, dessen Verwendbarkeit ebenfalls in Frage gestellt werden kann. Es geht schlussendlich um die Frage der Wirkung, der Kausalität, des Zufalls. Auf diese wird alles Denkbare zu Aufmerksamkeit umgelenkt, oder gehe ich da falsch?


Unter einem Zustand der Aufmerksamkeit würde ich oder, wenn ich mich nicht irre, man verstehen, dass die Sinne oder Gedanken auf einen bestimmten Gegenstand gerichtet sind. Das hängt auch, aber doch nicht nur davon ab, was auf mich einwirkt.

Richtig, nur vermischst du hier Aufmerksamkeit als Gedankenvorgang mit anderem: Wie kommt dazu die Richtung, die ja eine räumlich-mathematische-geometrische Sache ist? Wie kann ein Gedanke auf etwas gerichtet sein? Descartes würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das hören würde. Husserl würde sich über dich freuen. Und dann setzt du noch "einwirkt" ein, also du bemühst die Kausalität, Immanuel Kant würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das hören würde, obwohl er wahrscheinlich nicht schrieb, wie denn das Außen als Ursache bei Überschreitung der Körpergrenze innen mit dem Willen eventuell streitet. Es fehlt vielleicht bei ihm der Pförtner. Als "Ding an sich" konnte ihn nichts berühren, er überblickte eben alles nur. Ich kann mir nicht vorstellen, wie er mit Schmerzen umging. Bekämpfte er sie mit seinem Willen?

Das war auch mal ein wenig Schwadronieren!

Ob man im Fall der zuschlagenden Tür sagt, dass man auf sie aufmerksam wurde, weil sie nicht zu überhören war, oder ob man nicht von Aufmerksamkeit reden möchte, weil man sich ihr nicht zugewandt hat, sondern quasi überfallen wurde, ist sprachlich nicht eindeutig geregelt. Bei Bedarf kann man sich da ja einigen.


richtig, Sprache kann dazu kommen, und bei der Differenzierung helfen.

Und gerade dann fängt es an, interessant zu werden. Für den Unwissenden gibt es nur Zufälle. Wer blind umherläuft, für den ist es ein Zufall, wenn er mit einem anderen zusammenstößt. Aber derjenige, der die Sache beschreiben kann, der hat auch eine Prognose. Mit Wahrscheinlichkeit, oder wenn er den Lauf sieht, die Berechnungsmöglichkeit. Ist die Aufmerksamkeit auf das zufällige Geschehen dasselbe wie die Aufmerksamkeit im Arbeitsbereich? Wenn es zwei verschiedene Aufmerksamkeiten gibt, dann wird die übliche Verwendung fragwürdig.


Ein Wort kann verschiedene Bedeutungen haben und doch seinen Zweck erfüllen, wenn durch den Zusammenhang deutlich wird, in welcher man es gerade gebraucht. Aber vermutlich meinst du etwas anderes.  Vielleicht die deterministische Berechenbarkeit aller Lebensläufe unter der Voraussetzung der Kenntnis aller Lebensumstände oder so etwas. Ich kann dir da nicht folgen und verstehe den Gedanken an dieser Stelle nicht. Es kommt mir wie ein ganz anderes Thema vor.


So ist es eben, du siehst so wie ich, dass Verständigung eine schwierige Sache ist. Auch ich verstehe nicht immer alles, aber fast - schön, wenn du es glaubst, ich bin da nicht so gläubig.


Vor meinem Gespräch zum Wort Aufmerksamkeit habe ich dieses nur aus dem umfangreichen Schreiben des Waldemar zufällig herausgenommen, als er die Aussagen zum Libet-Experiment kommentierte. Wenn ich alle Wörter so herausnehmen würde, gäbe es kein Ende für mich.

Noch einmal: Das Wort "Aufmerksamkeit" würde ich gerne gebrauchen, wenn ich eine unaufmerksame Katze neben einer aufmerksamen sehen würde, oder anderen einfachen Situationen, aber darüber hinaus hilft das Wort mir absolut nicht, und dort verwende ich es auch nicht.


Ich würde es auch nur in diesem alltäglichen Sinn verwenden. Ein anderer ist mir nicht bekannt.


Einverstanden und vielen Dank für deine Kommentare.

Noch was, ich habe mich sehr bemüht, und den neuen Text eingestellt, dort die zwei Denkweisen beschrieben, einerseits die übliche, auf die du korrekterweise hinweist, welche "die Sprache" als Primat ansieht. Ihr stelle ich dann die andere Denkweise gegenüber, die weniger oft gedacht wird, die ich überwiegend praktiziere. Jetzt gerade habe ich ihn fertig. Hoffentlich wird er hier nicht gänzlich verworfen:

https://weltordnung.de/Wort-Wirkung-Sollen.html

Obwohl ich die Frage in Erinnerung, und dass sie hier beantwortet wurde, frage ich höflich nach, wie die Antwort war, und in welcher Zeit sie bearbeitet und gelöst wurde, dann schaue ich nach. Die Frage lautet erst einmal unbefangen: Inwieweit sind Mathematik und Logik Sprachen? Sollten sie universal anwendbar sein, dann dürfte der Versuch des bekannten .... Erfolg haben, die Kinder würden schließlich dann mit Mathematik kommunizieren. Eine Sprache oder mehrere würden ihnen selbstverständlich gelehrt, damit sie am Leben bleiben, aber absolut keine Mathematik. Würden sie dann auf Mathematik kommen? Ich denke schon wieder an Helen Keller. Kam sie vielleicht sogar von Mathematik und Logik zur Sprache?

Gruß

JH
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