Das Heinzelmännchen-Modell

Liebe philweb-Anreger, mir war das Bild der Schalen, Pfade, Möglichkeitswellen (Ausdruck von Ingo) noch nicht plastisch genug, und es vermochte noch nicht, etwas Wesentliches mit abzubilden: die Akteursqualität, die ich allen beteiligten Identitäten zuschreibe. Die Dellen im Horizont, die mögliche weitere Wege andeuten habe ich jetzt durch sich für weiteren Vortrieb anbietende Frontpartien im Bergbau ersetzt, und das, was ich „Prozesse“ nannte durch Bergleute als Akteure.

Jeder Bergmann (Bergfrauen gibt es selbst in Gender-Zeiten noch nicht, oder?) vereint mehrere berufliche Qualitäten in sich, unter deren Aspekt er angesprochen werden kann. Er ist Elektriker, Belüftungstechniker, Maschinenführer, Lokomotivführer (wie der Großvater meiner Frau, deren beide Großväter Bergleute waren, mein eigener Großvater väterlicherseits war an der Bergbauakademie und dann Steiger), unter Tage faktisch Vieles oder das Meiste in Einem. Da ich in unserem Modell alles als im Vorangehen begriffen auffasse, kann das Vorgehen des „Entlüftungsanlage Seins“ und „Entlüftens“ sich als Aspekt erweisen, unter dem der Bergmann seinen Aspekt des Belüftungstechnikers zur Geltung bringt, so dass schließlich – vermittelt über den von der Anlage gelieferten und den von ihm gelieferten Aspekt eine Aspekt-vermittelte, darin entsprechend (Potenzial) vorstrukturierte Interaktion erfolgt. Diese schafft dann das Innen zweier einander zuarbeitender Prozesse.

Der Bergmann kann auch von einem Kollegen angesprochen werden, der wie er auch Maschinenführer ist, und beide interagieren miteinander und mit der (wieder als tätig, als Prozess aufgefassten) Maschine, die nicht unter ihrem Aspekt der Schrottverwertung, sondern eben des maschinenmäßigen Funktionierens sich zeigt und angesprochen wird. Diese drei Vorgänge konvergieren auf das gemeinsame Werk, die Reparatur der Maschine, und ihr künftig ungestörtes funktionieren.

Nun sollen die Elemente in unserem Modell ja zugleich in mehreren Element-Mengen aktiv sein können. Wie soll das mit dem Bergmann gehen, der zwar mit der Menge der im Stollen präsenten Akteure in Interaktion treten kann, darin aber doch an seinen Ort, den Stollen gebunden ist? Hierzu lassen wir ihn telefonieren: er ist zeitgleich für Vorgänge in mehreren Stollen alias Vorgangsmengen zuständig und tätig, und außerdem noch für die Interaktionen im Taubenzüchterverein über Tage.

Mit wem oder welchem Vorgang er auch immer interagiert, immer zeigt sich der Vorgang unter einem Aspekt, und er selber wird unter einem Aspekt tätig. Hier, an dieser Ansichtigkeit setzt ein stillschweigendes, direkt aus dem dies und nicht anderes Tun erwachsendes und in diesem beinhaltetes Interpretieren an. Es wird von beiden Seiten das Angesprochenwerden unter dem Aspekt „verstanden“ und die Ansprache wird in das weitere, jetzt gemeinsame Vorgehen integriert. Diese Informationsverarbeitung und das jeweils gemeinschaftlich geformte Innen sind ein Interpretationskomplex, um mit Waldemar zu sprechen.

Dieser Interaktions- und Interpretationskomplex schält sich nun aus dem übrigen Geschehen als etwas Identifizierbares, Eigenes, abgegrenzt Vorgehendes heraus. Es wird eine dynamische und aus Beziehung und Bezogensein erwachsende Identität gebildet, die ihre Grenze zu anderen Identitäten und dem, was alle Identitäten als allen gemeinsame Aspekte in sich tragen (dass sie am Außen ihres jeweiligen Innen eine allgemeine, daher über-individuell metrisch zu skalierende Ansichtigkeit haben, die sich auf die allgemeine Zeit und den allgemeinen Raum beziehen) stillschweigend als in ihrem Tun enthalten leben.

 

Man kann, unabhängig ob es diese Grenzfläche als eigenständige gibt das, was in einem Innen geschieht auf diese, ggf. imaginäre Grenzfläche projizieren, und ebenso das, was man im Außen vermutet oder als Gegeben unterstellt.

Ist ein Anders-Sein ganz im fortlaufenden Eigen-Sein in der Interaktion / Kommunikation mit anderem Eigen-Sein einschließlich dessen Interpretation begründet und „nur“ aus diesem bestehend, gibt es keine zusätzlich über das Handeln hinausgehend erstellte Grenze, sie ist in das Handeln als dessen Eigen-Sein eingebunden, ihm immanent, in es stillschweigend impliziert. Dennoch ist die Projektion auf eine logisch erzeugte, imaginäre Grenze möglich und ggf. hilfreich.

Diese in das jeweilige Tun auch hinsichtlich allen Innen gemeinsamer Aspekte eingebundene „logische“ Grenze kann auch als als Grenze von Innen-Zeiten und Außen-Zeiten aufgefasst werden. Außen-Zeiten ist dann das Agieren, Vorangehen, Zeiten unter für jedwede Akteure geltenden, ihnen allen gemeinsamen Aspekten, und das sind die in Physik beschriebenen. Die Zeitgrenze trennt dann sinngemäß ein Innen-Zeiten von sowohl anderem als auch darin allgemeinem Zeiten. Sie ist die Umhüllung der strukturierten Interaktionen als jeweiligen Innen.

 

Zurück zum Stollen: jede getätigte Interaktion bildet die Quelle, das Potenzial einer möglichen nächsten Interaktion, so sie zustande kommt. Dieser strukturierende Ausgriff auf die Zukunft kann, wenn wir alles was in dem und mit dem Stollen geschieht als eine Interaktionsmenge, als ein die Akteure umgreifendes Innen auffassen als die mögliche Fortführung des Stollenausbaus aufgefasst werden. Hierzu bieten sich, quasi als „Dellen“ am Horizont der Zukunft bereits brüchig geworden Stellen der Stollenfront an, oder, wenn es um Abbau von Erz, Salz oder Kohle geht, aufscheinende Adern dieser Materialien. Die fernere Zukunft liegt im Dunkeln, Unsichtbaren, es ist keine lineare oder sonstige Fortschreibung des Innen-Zeitens in die Zukunft möglich, nur ein Reagieren auf eine Anbahnung, Anmutung, Vermutung, Einladung, Verlockung (Goldader….).

 

Das Bild der konkaven Schale, etwa als Taufschale, wie im Roman Zauberberg nach Ingos (IT) Beobachtung erwähnt entspricht hier der eine Konvergenz befördernden Fokussierung auf ein gemeinsames Werk, das Ergebnis und dynamische Sein im Fokus der Interaktion (Zitat Ingo Tessmann: „Dabei hat mich die Taufschale im Zauberberg wiederum an die „Schaligkeit" bei Thomas denken lassen.“).   

 

So viel zu tätig gebildeten sinngemäßen,  also „semantischen" Innen, dem Verhältnis von „semantischem" Innenraum und „semantischer" Innenzeit zu anderen Innenräumen und Innenzeiten und  - für alle diesbezüglichen Aspekte und deren Deutung geltend  - dem jeweiligen Verhältnis zum allgemeinen, Jeweiligkeits-transzendierenden Raum und der jedes Innen transzendierenden Zeit im physikalischen Sinn.

Wenn die Kumpel und ihre Maschinen und die Stollen und der Taubenzüchterverein zu Quantengröße schrumpfen, kann ich nur in hilflosem entanglement meine Arme überkreuzen – keine Ahnung, ob und wie auch auf diesem Größenniveau diese Veranschaulichung taugt – aber man könnte ja aus Plancklängen n-Ecke und daraus nette Zuckerwürfel backen, die dann eben auch eine implizite Grenzfläche der Außenseiten der Innenzeit darstellen…. (Waldemar: n-ecke aus plancklängen).

 

Viele Grüße,

nochmals Danke für die tolle Möglichkeit zu Gedankenspielen in diesem Forum,

 

Thomas

 

PS: ich konnte, als es sie noch gab, in der Grube Prosper-Ebel die Arbeit unter Tage beobachten, indem ich meinen Cousin, Dokumentarfilmer im Ruhrgebiet begleitet und Film-Beleuchtung getragen habe. (https://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=46459 )