Lieber Karl, lieber Ingo M. und Ingo T.,

Karl: "Wie eben auch mit dem Imaginär-Teil einer komplexen Zahl der Potenzial-Anteil einer periodischen Kohärenz darstellbar, bzw. kennzeichenbar  ist."

Ingo M.: "This internal component should not be interpreted as a substance, representation, or symbol, but as a stability condition enabling coherence."

Problem / Frage: —> stability condition of what / concerning what?

In beiden Fällen wird das jeweilig Eigene als „Material“ der Periodik und ihres Interagierens, somit als das, was wiederholt und stabil Phasen erzeugt stillschweigend vorausgesetzt. Es selbst kommt nur in Betracht und zur Sprache, wenn und indem es interagiert, im Zuge seines Interagierens, nicht als nur von Außen, aus der Distanz Betrachtetes und Besprochenes.

Genau dieses „nur sichtbar, wenn aktiv“ kennzeichnet ja ein Potenzial. Auf dessen Inhalt wird geschlossen und dieses wird in der Richtung auf den vermuteten Inhalt erschlossen, ohne dass dieser Inhalt in seinem ein-Inhalt-Sein während des Besprechens direkt zu Tage tritt. 

Und das ist der Punkt: der Inhalt tritt zu Tage, indem er interagiert, aber ein Besprechen und Bedenken ist eine Form des Interagierens, die der Eigenheit des Besprochenen nicht direkt ausgesetzt ist, so dass diese im Besprechen nicht aufscheint. Sie erscheint nur indirekt über die „Richtung“ des auf sie gerichteten Fragens, als Vektor in einem „semantischen“, auf Inhalte gerichteten „Raumes“.

Und das ist ein völlig korrektes Vorgehen, was Inhalte angeht, die sich nicht selbst und als eigene Inhalte in eine Interaktion einbringen, sondern als angesprochene, intendierte, vermutete, als Möglichkeit unterstellte Inhalte von außen besprochen und angesprochen werden.

Dieses im Besprechen lediglich Intendierte zu einer angeblich direkt greifbaren und unmittelbar begriefbaren, erkennbaren Substanz oder Ding zu stilisieren ist die Ursünde Descartes: die Wahrnehmung, die angeblich unmittelbar das (aus der denkenden cogito-Distanz) Wahrgenommene als klar, abgegrenzt, eigen, gesondert, somit als res, als Ding aufzeige (perceptio clara et distincta).

So, jetzt zurück zu der in meinen Augen wirklich großartigen Bearbeitung der Planckschen Resonanz-Idee: Sie bezieht sich auf das Aufkeimen von Inhalt, Sinn und jeweiliger Zeit sowie jeweiligem Raum. Sie tut das, ohne Ersatz für Thermodynamik etc. sein zu wollen. Der Raum und die Zeit, die durch die nicht Resonanz-spezifischen Anteile der Potenzialverwirklichungen eingebracht wird, sie sind der allgemeine Raum und die allgemeine Zeit (meinetwegen nicht universal, sondern immer weiter auf, alledings sehr ausgedehnte Referenzsysteme bezogen).

Das Bild der in die allgemeine Zeit nach „vorne“ „ausrollenden“ Verwirklichung habe ich als Wirbel in einem allgemeinen, vorwärts gerichteten Strom dargestellt. Die Quellen dieses Ausrollens als interaktive, Resonanz-erzeugende jeweilige Verwirklichung des „Inhalts“ sind Potenziale, deren „Material“ sich nur in der - auch vom Interaktionspartner Potenzial- und Material-gestützten Interaktion, nicht aber in der aus der Distanz erfolgenden Beobachtung als mittelbarer Interaktion wirkt und über dieses Wirken in Erscheinung tritt. 

Die Materialität hat - wie Vorgehen überhaupt und sich-Positionieren-überhaupt - spezifische, aber auch wiederholt beobachtbare und verallgemeinerbare Aspekte, die dank Nicht-Beschränktheit auf den Einzelfall allgemein-qualitativen und größenmäßigen Kategorien zugeordnet werden können. So entsteht der „allgemeine“ Kategorien-, Zeit- und Raum-„Raum“.

Zusammengefasst: Das Eigen-Sein wird in der aus der Distanz erfolgenden Betrachtung richtigerweise in Klammern gesetzt und stillschweigend vorausgesetzt. Die Aussagen beschränken sich auf das, was Aussagbar ist. Die Benennung derart nicht besprochener „Substanzen“, jeweiliger Inhalte ist diesen nicht gleichwertig, die Benennung vertritt sie nicht, sondern verweist nur auf sie. 


Ich freue mich auf die Fortsetzung des Austauschs zu Resonanz, harmonischen Oszillatoren und der möglichen Darstellung von Potenzialität und Periodizität in komplexen Zahlenräumen (die den jeweiligen Inhalt und dessen vermutetes Eigensein jeweils nur intendieren, aber nicht zu enthalten behaupten).

Dankbare Grüße,

Thomas







 



Am 18.12.2025 um 03:00 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


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Am 17.12.2025 um 08:57 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Lieber Ingo, 

tolle Hinweise, Danke Dir!

Eine laienhafte Frage: könnte man mit Hilfe des Imaginär-Teils einer komplexen Zahl den Potenzial-Anteil einer periodischen Kohärenz alias einer parallel-sequenziellen Invarianz kennzeichnen?



Von wegen laienhaft, diese Frage! Sie kann in zweierlei Denkrichtungen weisen: zum einen die mathematische, wo es laienhaft tatsächlich schwierig ist, sich einen komplexen Zahlenraum, resp. einen Zahlenkörper vorzustellen, der nicht herkömmlich berechnet, resp. nicht konkret räumlich angeordnet werden kann. 

Wenn man kurz das Prinzip der komplexen Zahlen repetiert, so stellen die reellen Zahlen eines komplexen Zahlenraums geometrisch eine Zahlengerade dar, die komplexen Zahlen sind geometrisch bestimmt, indem man das Zahlenpaar (x, y)=(Re z, Im z) als Komponenten bzgl. eines kartesischen Koordinatensystems in der Euklidischen Ebene interpretiert. Dies  stellt dann die Gaußsche Zahlenebene dar, wobei |z| geometrisch die Länge des entsprechenden (den z darstellenden) Ortsvektors in der Gauss-Ebene ist. 

So denke ich, dass man einen komplexen Zahlenraum, resp. Vektorraums (etwa repräsentiert durch eine Ortskurvenschar) gesamtheitlich nur durch den gesamten Term  als Zahlenpaar (x, y)=(Re z,Im z) als Elemente eines kartesischen Koordinatensystems in der Euklidischen Ebene darstellen kann. Wie eben auch mit dem Imaginär-Teil einer komplexen Zahl der Potenzial-Anteil einer periodischen Kohärenz darstellbar, bzw. kennzeichenbar  ist. Ob man sich - solchermaßen isoliert - den Gesamtbereich eines Vektorraums hinsichtlich einer parallel-sequenziellen Invarianz bildlich vorstellen kann, bin ich mir nicht sicher.

Ebenso bin ich mir wahrhaftig nicht sicher, ob ich Deine Frage, lieber Thomas, überhaupt richtig verstanden habe. Hören wir doch mal, was unsere Mathe-Cracks hier beitragen werden.

Beste Grüße in die Runde!
Karl
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