Am 17.03.2025 um 20:33 schrieb waldemar hammel über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
* ist jeder philosoph, der früh verstirbt, eigentlich ein segen oder ein fluch für die menschheit ?,
denn philosophie verletzt eines der grundprinzipien der natur: sie evolutioniert nicht, sondern dreht sich immer nur um ihren eigenen bauchnabel ...
Erst seit der Neuzeit haben sich Teile der Philosophie (solchermassen als genuin erste Wissenschaft) zu den Naturwissenschaften, i.W. zu Physik und Chemie verselbstständigt und sich im weiteren Verlauf zu verschiedenen Geistes- und Sozialwissenschaftsdisziplinen fortentwickelt.
Inwieweit sich Philosophie derzeit als sog. Leitwissenschaft begreifen lässt, hängt m.E. von der jeweiligen Betrachtungsweise ab. Naturwissenschaftler werden diesen Anspruch vermutlich ablehnen und so muss schließlich jeder selbst für sich definieren, was ihm als genuine Wissenschaft gilt.
Für mich gilt diesbezüglich in Anlehnung an den von mir kürzlich hier zitierten Ausspruch Einsteins: Philosophie ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit wäre blind, d.h. im Wesentlichen der Anspruch auf Begründbarkeit, die jedoch i.Ggs. zu Naturwissenschaften vornehmlich im Dialog, also der geistigen Auseinandersetzung verankert sein muss.
Davon unterscheidet sich selbstredend der argumentative Austausch zu Themen, resp. Fragen, die keine rationale Antwort auf Basis empirischer Erfahrung haben können, damit dem überempirischen Bereich der Philosophie, resp. der Metaphysik zugeordnet sind.
So sind notwendigerweise dort vertretene Auffassungen, Lehrmeinungen, Denkmuster als sich bisweilen diametral entgegengesetzte Positionen in der Philosophie sowohl im Empirismus vs. Rationalismus, als auch im Realismus vs. Idealismus verankert.
So geht es i.W. im diesbezüglichen Diskurs um die geistige Auseinandersetzung, also den Austausch von Argumenten, das Hinterfragen eigener Denkmuster, das Abwägen von Gründen und Gegengründen, um auf diese Weise subjektiv wie auch intersubjetiv die konsensual bestmögliche Antwort auf bestimmte Fragen herauszufinden.
Also da geht es definitiv nicht um den „eigenen Bauchnabel“, sondern schlichtweg um vernünftig betriebenen philosophischen Diskurs, eben in dessen genuinem Sinn: Der Liebe zur Weisheit.
KJ