Ein bisschen philologische Wortklauberei, um Mißverständnisse zu vermeiden: wovon redet Aristoteles überhaupt?
Mir ist beim Lesen aufgefallen, daß seine "causae" mit unseren Ursachen nicht verwechselt werden sollten. Ursachen und Wirkungen, so wie wir diese Ausdrücke verstehen, müssen unterscheidbar sein, sonst könnte das eine nicht mit dem anderen zusammenhängen. Das entspräche Aristoteles' "Wirkursache". Aber wie sollte man die "causa formalis" als Form des Gegenstands vom Gegenstand unterscheiden? Allenfalls, wenn man darunter z.B. die Formvorstellung eines Bildhauers versteht. (Das könnte man mit "Form" und "Akt" in Verbindung bringen.)
Ähnliches kann man von der "causa materialis" sagen. Wie soll man den Gegenstand vom Material unterscheiden, aus dem er besteht? Es ist ein Aspekt dieses Gegenstands, aber nicht ein anderer Gegenstand.
Vielleicht versteht Aristoteles unter "causae" alles, was den Gegenstand ausmacht?
Das träfe auch auf die "Zweckursache" zu. Zu einem Werkzeug gehört auch die Verwendung, nicht nur die Materialbeschaffenheit und die Form, sonst wäre es keins. Auf die "Wirkursache" trifft das aber nur dann zu, wenn man die Wirkung als notwendige Folge betrachtet, was nach Hume ja sehr begründungsbedürftig wäre.

Claus


Am 8. Oktober 2025 08:08:05 MESZ schrieb "Ingo Tessmann über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:


Am 07.10.2025 um 23:35 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Alles schon zigmal erörtert hier! Was mir zuletzt nun die ehrenhafte Bezeichnung eines „Metaphysikers“ einbrachte. Nicht verwunderlich eben von jenen, die über das Messbare, Abzählbare dieser Lebenswelt nicht hinaus zu denken vermögen. Ob nun Teilchen oder daraus konstituierte Felder als sog. Buildingblocks allen Seins zu sehen sind, es bedarf dem Akt und der Form (causa formalis) zum Werden der Welt und allen Lebens. 

Hi KJ, 

und wieder reagierst Du emotional auf meine neutral formulierten Fragen zu Deiner und RFs Wahrheitsauffassung. Mathematisch denke ich sehr „weit über das Messbare, Abzählbare dieser Lebenswelt“ hinaus, ergehe mich aber nicht in Begriffslyrik und verschreibe mich nicht philosophischen Traditionen. Was soll denn mit dem „Akt und der Form (causa formalis) zum Werden der Welt und allen Lebens“ gemeint sein? Warum soll die „causa formalis“ des Aristoteles nicht rational als Struktur aus sich selbst heraus verstanden werden können, wofür es ja unzählige mathematische und physikalische Selbskonsistenz-Modelle gibt? 

Was über die Physis dieser Welt hinausreicht, ist ursprünglich eben als „ta metà ta physiká“ und in nachfolgend lateinischer Tradition „Metaphysik“ benannt worden. Hier nun abschätzig als Metaphysiker bezeichnet zu werden, zeugt mir von eklatanter Deprivation bezüglich einer ganzheitlichen Weltsicht.

Ich hatte Dich nicht abschätzig sondern neutral als Metaphysiker bezeichnet, der Du offensichtlich auch bist, aber natürlich nicht nur, wie ich mit Verweis auf unsere geteilte MINT-Basis hervorhob. Eine ganzheitliche Weltsicht erschöpft sich nicht im ausufernden Lebensgefühl, ist vielmehr auch rational kosmologisch auszugestalten. 

IT