Am 27.07.2023 um 14:15 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:Am 27.07.23 um 12:04 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
> Zunächst geht es bei dieser Frage um den Begriff von Intelligenz schlechthin. Er umfasst die Befähigung eines Lebewesens, sinnlich wahrgenommene Gegenständlichkeiten, Sachverhalte, Zusammenhänge, etc. kognitiv zu erkennen und entsprechend gedanklich ein- bzw. zuzuordnen und daraus assoziativ eine möglichst zutreffende Inferenz zu entwickeln. Dieses Vermögen ist Voraussetzung zur Lösung nahezu aller Probleme der Lebenswelt.
Wieder müsste Immanuel Kant etwas zu den von ihm gedachten Vermögen hinzu denken, die Inferenz. Dem zu Folge: Wo ist die Inferenz, wann tritt sie zum Vorschein, wann kommt es auf sie an? Was ist, wenn ich keine habe? Mit jedem neu gesagten Wort muss alles neu definiert werden, wer will das beginnen? Redundanz mit den Wörtern Fähigkeit, Intelligenz, kann diese einfach hingenommen werden, oder gibt es einen Klärungsbedarf?
Schließlich kann man alles im Sinne der Kontrafaktizität hinterfragen: Was wäre wenn …
Was wäre, wenn ich nicht auf dieser Welt sein würde. Kontrafaktische Fragen sind eigentlich sinnlos.
Erste Frage: Wo braucht es denn dieser Ich-Wahrnehmung, da schon Ernst Mach das Ich als unhaltbar ansah, und Gilbert Ryle als Homunkulus. Wenn dieses Ich nicht einmal bei lebendigen Wesen vorhanden sein sollte, warum sollte es dann bei künstlichen Wesen gesucht oder gedacht werden?
Ernst Mach wird sich vermutlich, eher doch sicher des Morgens gewaschen, gekämmt, Bartpflege betrieben und sich dabei im Spiegel betrachtet haben. Es würde mich wundern, wenn er sich dabei in der dritten Person und nicht als sein ureigenstes ICH wahrgenommen hat.
Sofern also der Mensch nicht psychisch krankhaft depersonalisiert ist und sich etwa durch Dissoziation nicht mehr als sein individuelles ICH erkennen kann, sollte ein eineindeutiger ICH-Bezug gegeben sein.
Naturlich kann man das ICH eines Menschen auf ein Nichts reduzieren, für mich ist das abstraktes, realitätsfernes Theoretisieren, wie das vornehmlich im radikalen Konstruktivismus geschieht.
Gleiches gilt für die Dekonstruktion von stehenden Begriffen, wie eben die Schlussfolgerung als solche zu sehen ist. Was ein Stück Papier mit dieser zu tun hat, ist mir ein Rätsel, sofern ich mir nicht einzelne Kriteren, Annahmen, Prämissen etc. eines zu durchdenkenden Sachverhalts darauf notieren will, um diese zunächst einzeln gedanklich zu verarbeiten und schließlich als Elemente für eine gesamtheitlich angelegte Konklusion dienen.
Gut, ich schaue mal nach bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schlussfolgerung
Inferenz: "Eine Schlussfolgerung ist erstens ein sprachliches Gebilde, das aus einer Reihe von wahrheitsfähigen Aussagen einerseits, den Prämissen oder Annahmen"
Also dazu genügt ein Stück Papier, es bedarf nicht einmal einer Person, keiner Instanz, und keines "m.E.".
"In einem zweiten Sinne bezeichnet man als Schlussfolgerung einen Teil des eben angesprochenen sprachlichen Gebildes, nämlich die Konklusion. "
Wie vor
"Als Schlussfolgerung bezeichnet man zum Dritten das Ergebnis des Nachdenkens, also das (meist schrittweise) Erkennen von Folgerungen, bzw. das Durchführen eines Beweises."
Wie vor, also insgesamt ist keine Instanz erforderlich, nur das Stück Papier, auf dem die Sache geschrieben steht. Das denke ich ernst so. Was vorher war, oder daneben, gehört nicht zur Sache. Und wenn, dann gehört die Schreibkraft dazu, wieder eine Instanz?
> Sobald dem Wahrgenommenen emotionale Attribute anhaften, wird deren kollektive Rezeption notwendigerweise unterschiedlich ausfallen, d.h. jeder Mensch mit seinem individuellen ICH hat eine spezifisch emotionale Rezeption und wird daher unterschiedlich auf derartige Wahrnehmungen reagieren. Hier kommt dann die Sorge, als ein „besorgt sein“ um das ICH ins Spiel. Es ist dann wohl dieser „personale Selbstbezug“, wie es Heidegger benennt und daraus eines Modus der „Sorgestruktur“ ableitet. Heidegger definiert das ICH im Ic
> Typische Ausprägungen des menschlichen Selbsterhaltungstriebs, wie diese sich als angeborene Verhaltensweisen zur (Aufrecht-)Erhaltung des Lebens, wie sie wiederum in triebgebundenen Motiven wie Nahrungsaufnahme, Verteidigung, Eigenschutz, aber auch Aggression etc. darstellen, würden eine enorm komplexe Programmierung einer dementsprechenden KI erfordern.
nicht enorm komplex: Die vorhandenen Roboter, die schon laufen können, brauchen nur so programmiert zu werden: Wenn jemand dich berührt, stoße ihn um. Wenn ein Nahrungsmittel da ist, nehme es in die Hand, usw. Und was ist schon ein Hahnenkampf? Da denkt jeder: Der andere ist mein Feind, und den gilt es zu hacken. Ist da ein menschlicher Selbsterhaltungstrieb erforderlich? Gefühle? Geist?
Nun gut, Joseph, wenn ich das von Dir lese, glaube ich nicht, dass Du jemals nur eine einzige Zeile Programmcode entworfen hast. Damit ist eigentlich alles zu Deinem Statement gesagt.
Dieser „Schlussfolgerung“ fehlt schlichtweg die fachliche Erfahrung eines Programmierers. Wie sollen jemals echte Gefühle in einen Programmcode implementiert werden können. Lediglich das angenommene Ergebnis einer Gefühlsregung kann z.B. durch ChatGPT zum Ausdruck gebracht werden. Du sagst ihm, dass Du traurig bist, das Programm wird Dir antworten, dass es ihm leid tut, von Dir zu hören, dass Du traurig bist und Dir Hilfe in Form eines Zwiegesprächs anbieten. Tatsächlich könnte es eine Hilfe sein, daraus abgeleitete Gründe für Deine Traurigkeit genannt zu bekommen. Auf die tröstende Umarmung, verglichen mit der eines Dich liebenden Menschen, wirst Du dabei auf alle Zeit warten müssen.
> ChatGPT zeigt mittlerweile, welche Möglichkeiten KI bietet und dennoch bleibt intelligenten Menschen bei dieser artifiziellen Kommunikation der Eindruck von purer Nüchternheit, eine Art Gefühlslosigkeit, wie diese sich bisweilen auch im herkömmlichen, nonverbalen - also nicht unmittelbar verbalem Austausch zeigt, der solchermaßen emotional durch Para-Sprache (Mimik, Gestik etc.), „Face to Face“ ergänzt ist.
Na und? Zudem ist dieses Herabschauen üblich gegenüber anderen Lebewesen. Denke an den Affen Zarathustras. Es wird hier das weitere Vermögen "Gefühl" eingesetzt, vorgeschoben, wobei dessen Abwesenheit zwangsläufig als lächerlich angesehen werden kann. Mit jedem neuen Vermögen kann derjenige von oben gesehen werden, der es nicht hat. Wie der Vogel mit dem Fliegen.
> So liegt die Verantwortung beim Menschen und damit bleibt das Problem seiner Missbrauchsgeneigtheit wie bisher in Menschenhand.
Hier liegt eine Art Sprung vom Sein zum Sollen vor, bzw. eine Anwendung von Moral.
Und das zurecht, oder nicht?
Ich danke für alle Antworten, Fragen und auch das Gedicht. Mein Kopf geht bald kaputt, wenn ich alle Vermögen denken muss, und jedes Mal muss ich mir die Frage stellen: Habe ich es: Geist, Vernunft, Unbewusste, Inferenz, Wille, Religion, Abstraktion, Alter, Resilienz, Seele, Intelligenz, Verstand und Irrtum. Sogar Immanuel Kant hat sich zwar gegen die Hypostasierung gewandt, wurde dann jedoch selbst ihr Opfer, sozusagen als Zauberlehrling.
Warum stellst Du Dir solche Fragen, wo Du doch weisst, dass Du Geist, Intelligenz, Vernunft, ein Unbewusstes, ggf. Religion, ein gewisses Alter (vermöge hinreichender Resilienz), eine Seele hast und - wie wir alle - vielen Irrtümern des Lebens ausgesetzt warst und künftig noch sein wirst.
Opfer von Hypostasierung werden nur jene sein, die den Sinn von Metaphorik nicht verinnerlicht haben. „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, wer sie lesen und verstehen kann, ist im klaren Vorteil.
So geht es doch auch mit "Zarathustras Affe" als Nietzsches metaphorisch literarische Figur, die sinnbildlich für diesen Übermenschen steht, der den aus überzogener Selbsttranszendenz resultierenden Anforderungen letztlich nicht gewachsen ist.
Hier in Bayern heißt es: „Wer lang fragt, geht lang irr“. Das soll nicht das Fragen an sich infrage stellen, denn schließlich gilt: Man nimmt nichts ungefragt! Nur manche Menschen fragen sich zu Tode.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl