Am 17.11.2022 um 23:34 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Die Wahl des Threads „Zufall und Notwendigkeit“ schien mir angebracht, weil sich zuletzt einige Beiträge explizit auf den Begriff Zufall ausgerichtet haben. Objektiver Zufall oder dessen übliche Interpretation als unerwartete Koinzidenz zweier/mehrerer Ereignisse wurde thematisiert. Parallel dazu kam mit Ingos Hinweis auf Ruth E. Kastner ein Thema auf, das mich von der Intra-Action These K. Barads in Verbindung mit Verschränkung, Nichtlokalität weg- und zur TI (Transaction Interpretation of QM) Theorie hinführte.

Moin Karl, 

ich hatte ja an Dialoge über „Zufall und Notwendigkeit“ zwischen Detlef, Hans-Peter und Friedrich gedacht. Sie werden vorerst liegen bleiben, aber eingeleitet werden könnten sie mit der Frage, ob die Entdeckung der magnetischen Wirkung des Stromes durch Oersted Zufall war, wie bspw. die Entdeckung der Röntgenstrahlen. Ich nehme das nicht an, da der romantische Naturphilosoph und dynamistische Physiker Oersted an den „Wirkungszusammenhang der Welt“ glaubte, wie es Tetrode 1922  formulierte. Oersted suchte nach dem Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus — und fand ihn. 

Die aufs Ganze gehenden Romantiker verbanden Naturphilosophie mit Experimentierkunst. Auf Oersted folgten die nicht minder erfolgreichen Faraday, der Oersted gleichsam umdrehte, und Mayer, der ja Mechanik, Elektrizität und Wärme im Energiesatz zusammenführte. Die mathematischen Physiker Gauss, Ampere, Maxwell, Lorentz bereiteten den Weg in die Relativitätstheorie. Heute sind differentiale Bewegungs- und integrale Erhaltungssätze ja nur noch zwei Seiten einer Medaille. 

Die transactional handshakes zwischen Möglichkeitswellen realer Wahrscheinlichkeiten sind mit Betzug auf Tetrode vom Wirkungszusammenhang der Welt her gedacht sicher der Romantik geschuldet. Dabei war der Mann ein Ausnahmetalent, der zurückgezogen in seinem Kämmerlein oder in der Bibliothek zumeist Selbststudium betrieb und sich souverän in die mathematische Physik seiner Zeit einarbeitete, so dass Wheeler/Feynman u.a. an ihn anknüpfen konnten. 

Seine Vorbehalte gegen die Mathematik teilte Oersted ja mit Goethe, der ebenfalls gerne experimentierend seinen Sinnen folgte. Dabei wäre der Handschlag ein weiterer Anknüpfungsaspekt an die Romantiker, die sich mit Fichte ja gerne auf das Tathandeln bezogen. Den Schimpansen folgend, werden Menschen wohl schon seit Jahrmillionen das Händeschütteln praktiziert haben. Die nächste Ebene wäre dann die der Datenpakete im Internet, die per handshake ausgetauscht werden. Und darunter dann die nicht mehr körperlichen Möglichkeitswellen, die wiederum der inneren Wirksamkeit oder Tätigkeit der Körper Geist verliehen, wenn wir uns auf Oersted bezögen. Ohne Mathematik und Technik bliebe die verallgemeinernde Auffassung vom Handschlag aber nur Metaphorik. 

Und natürlich nahm auch Einstein wieder auf Oersted Bezug in seiner einzigen experimentellen Arbeit mit de Haas 1915: „Experimenteller Nachweis der Ampereschen Molekularströme.“ Dazu merkte er an: „Über die physikalische Natur jener Molekularmagnete blieb man bisher im Ungewissen, wenn auch ein großer Teil der Theoretiker sich über sie eine bestimmte Meinung gebildet hatte, die zuerst von Ampère vertreten wurde. Nachdem nämlich von Oerstedt entdeckt worden war, dass magnetische Wirkungen nicht nur von Magneten, sondern auch von elektrischen Strömen ausgehen, schien es zunächst, dass diese beiden Entstehungsweisen [. . . ] magnetischer Felder prinzipiell verschieden seien. Diese Sachlage mußte für die nach Vereinheitlichung der Naturauffassung strebenden Physiker unbefriedigend sein.” 

In dem Gespräch über „das Geistige in dem Körperlichen“ lässt Oersted Alfred zu Sophie sagen: „Die Körper haben also eine Wirksamkeit in sich, wodurch sie ihren Raum ausfüllen.“ Diese Passage hatte Thomas aus „Der Geist in der Natur“ von 1850 bereits erwähnt. In der zweibändigen Ausgabe von 1854 wurde „Tätigkeit“ durch „Wirksamkeit“ ersetzt. Und was entgegnet Sophie? „Auf diese Weise wäre das Geistige dem Körperlichen näher verwandt, als man es sich vorzustellen pflegt." Mit seinen Wirks knüpft der naturphilosophierende Quanterfeldtheoretiker Hans-Peter offensichtlich wieder an die Romantiker an.   

IT