Lieber Ingo,

hier haben wir den Zusammenprall, mit einer von mir angenommenen möglichen sektoralen Blindheit: wenn nur das Philosophie wäre, was Argumente aus der Außenwelt bedächte, ja dann…  Zur Erweiterung des Philosophie-Horizonts empfehle ich einen Blick auf Heideggers Vortrag zum Thema der Identität-

https://www.researchgate.net/publication/381613945_Some_comments_on-_Marilyn_Stendera_2022_Heidegger_on_the_Calculability_of_Time

ebenso die Gedanken Dieter Henrichs zur Konstitution und ständig erforderlichen Rekonstitution eines Ich (z. B. in „Versuch über Kunst und Leben“) etc. - aber, um auf meinen Einwurf zurückzukommen: diese Denkrichtungen in der Philosophie bedeuten Dir vermutlich nichts und sind daher aus Deiner Perspektive - wieder vermutlich -  schlicht inexistent.

Dann ist aber kein Dialog möglich, weil es das Feld, auf das Naturwissenschaften und Philosophie konvergieren könnten aus Deiner die Philosophie auf den Zugang von Außen einschränkenden Sicht garnicht gibt…

Letzterer, als Möglichkeit eines Zugangs von Außen einschließlich Selbstreflexion und einschließlich beobachtend-messneder Verfahren ist übrigens, um weitere Philosophie zu zitieren Frucht der exzentrischen Positionalität - frei nach Helmuth Plessner, dem Biologen und Husserl-Schüler, aber das nur nebenbei….

Viele Grüße,

Thomas

PS: ganz im Sinn des dialogischen Zugangs entwerte ich Dein immenses Wissen in dem den Naturwissenschaften affinen Bereich der Philosophie nicht. Es geht um die Hereinnahme eines Teils eines Spektrums, welchen Du  - nun ja, in meinen Augen leider eben doch - kategorial entwertest.

Danke auch für den Hinweis auf die Schrift von Helmholtz - sehr interessant!

Und zum free energy principle: ich habe vor einiger Zeit an einem Video-Seminar mit Karl Friston teilgenommen - ein eindrucksvolles Denksystem.

Am 08.04.2025 um 15:51 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 08.04.2025 um 14:31 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich <dr.thomas.froehlich@t-online.de>:

Im hiesigen Fall prallt die Weltsicht einer unterstellten Binnenhomogenität der von Außen betrachtenden deskriptiven und messenden Naturwissenschaften auf die andere Weltsicht einer aus Innen heraus bestimmten und gestimmten Welt der Jeweiligkeit. Nur aus Letzterer ist ein Zugang zu und ein Verständnis von existenziellen Fragen möglich, weil nur hier ein genuines Innensein thematisiert und für alles weitere Fragen vorausgesetzt wird. Dieses Innensein lässt sich leben und erleben, auch in Worten, Gesten, Bewegungen umschreiben, es ist aber der Perspektive, die ausschließlich von außen darauf schaut (auch in der Selbstreflexion) nicht oder nicht gut zugänglich.


Moin Thomas, 

löblich Dein neutral anmutender, aber dennoch nicht vorurteilsfreier Kommentar; denn wir sind hier in philweb und nicht in psychoweb. In der Psychotherapie zählt vornehmlich die Selbstdarstellung aus der Innenwelt heraus, in der Philosophie kommt es hauptsächlich auf Argumente aus der Außenwelt an. Und wer sich denen konsequent verweigert, ja, was wäre dem zu empfehlen? 

Ich erinnere an das FEP: "The logical flow of the argument of the Free Energy Principle FEP from the initial formulation to the crucial approximate Bayesian inference lemma. We begin with a setting of a random langevin stochastic dynamical system, which possess a non-equilibrium-steady state. By applying the Ao decomposition, we can understand its dynamics in terms of a gradient descent upon the surprisal.“ 

Und die Ao-Decomposition  geht bis auf Helmholtz zurück; denn in seiner Arbeit von 1858 Über Integrale der hydrodynamischen Gleichungen, welche den Wirbelbewegungen entsprechen, hatte er erstmals bewiesen, unter welchen Bedingungen ein Fluss in einen quellen- und einen wirbelfreien Teil zerlegt werden könne: 


IT



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