Daher nur die relativ leicht zu klärende Frage vorneweg: „Wann der Zufall, wann die Notwendigkeit, wann die Evolution?“
Zuerst der Zufall, er steht immer am Anfang einer Materialisierung resp. Verkörperung, doch das evoziert die (streitbare) Frage, was vor dem Anfang war.
Ein spontaner Symmetriebruch Im hochsymmetrischen „Nirvana“ von Quantenfluktuation als purer (objektiver) Zufall, aus dem sich ein Uratom generiert.
Von diesem Anfang ausgehend bis zur Bildung von materiellen Strukturen hatte ich kürzlich hier folgende „Entwicklungskette“ angeführt:
Quantenvakuum => Quantenschaum => Subatomare Teilchen => Atome => Moleküle => Strukturen (Zellen, Festkörper, Flüssigkeiten usw.) => kombinierte Strukturen (Körper, Sterne, Planeten usw.) => Höchste Ebene (Gaia, Gott oder vergleichbare Vorstellungen).
Es erscheint wie eine kontinuierlich verlaufende „Kette“, die jedoch in sich ein immer rekursiv verlaufendes Werden und temporäres Sein (mit unzähligen zeitgebundenen individuellen Weltlinien, gleichermaßen wie einzelne Perlen) ist.
Jedes noch so kleine Kettenglied, jede Perle, unterliegt dem Gesetz von Zufall und Notwendigkeit, wobei der Zufall immer nur sehr klein im Verhältnis zur Notwendigkeit sein darf, wie das die Mutation in der Evolution zeigt.
Was ist Notwendigkeit in diesem Zusammenhang? Wenn sich, entsprechend der gezeigten „Entwicklungskette“ aus dem Quantenschaum subatomare Teilchen als Quantensysteme bilden, unterliegen sie den Gesetzen der QM und damit dem sog. Quantendarwinismus. Das heißt nichts anderes, als sie nach zwingender Dekohärenz (Notwendigkeit!) in ihre jeweilige mesoskopische Umgebung passen müssen, um sich beispielsweise zu einem Molekül zusammenballen zu können. Für Moleküle, Zellen usf. folgt die nächste Notwendigkeit, nämlich sich nach evolutionären Gesetzen Darwin‘scher Selektion in der Mesosphäre zu behaupten.
Das ist ein gigantisch klug angelegtes, schöpferisches Unternehmen. Wer hat sich das nur ausgedacht?
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: immer noch kommt bei der Antwortfunktion nicht philweb ins Empfängerfeld sondern die des jeweiligen Absenders. Da muss ich nochmal an die Listserver-Einstellung ran ...
Am 19.07.22 um 09:58 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb:
Am 18.07.2022 um 19:24 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:
Im Kern gibt es nichts Neues in dieser Lebenswelt, was nicht schon in früher existierenden Universen bereits verkörperlicht war. Wo und wann sich Geist verwirklichen will, muss er sich materialisieren. Es ist und bleibt ein endloses Wechselspiel von Werden und Vergehen in der Synthese von Geist und Materie; nicht aber Materie erzeugt Geist, sondern dieser formt Materie nach den Gesetzen von Zufall und Notwendigkeit sowie der Evolution.
Hi Karl,
begriffsgymnastisch bringt für mich Energie Materie in Form. Methodisch aber folge ich Büchner. Der einer Arztfamilie entstammende Ludwig Büchner hatte — wie sein früh verstorbener Bruder Georg — Medizin studiert. Darüber hinaus belegte er philosophische und ästhetische Fächer und beteiligte sich an den damaligen Studentenverbindungen und Fortschrittsvereinigungen.
Karl: "nicht aber Materie erzeugt Geist, sondern dieser formt Materie nach den Gesetzen von Zufall und Notwendigkeit sowie der Evolution."
Wenn dem so wäre, schön wär's, vielleicht. Dann entsteht die Frage: Wann der Zufall, wann die Notwendigkeit, wann die Evolution? Ist es sinnvoll, die drei Sachen so zusammen in einem Satz zu sagen? Wenn es einmal die Nummer 1, in anderen Fällen die Nummer 2, usw. ist. Muss ich mich nicht vorher entscheiden, in alle drei Richtungen Sachen suchen, oder noch andere, oder nur mit einer beginnen? Wenn ich vor einem kaputten Apparat oder einer toten Pflanze stehe, oder umgekehrt vor einer neu werdenden Sache.
Was Ingo schriebt, ist so vieldeutig, dass ich nichts dazu sagen kann. Ich erinnere mich: Wenn errechnet wird, bei welcher Temperatur eine chemische Verbindung zu Stande kommt, gibt die größer werdende Entropie, mathematisch einfach errechnet, die Prognose ab, ob eine Reaktion geschieht oder nicht. Sogar wie stark sie ist. Demnach ist es nicht die Energie, die irgend etwas bewirkt. Energie ist eher etwas Statisches, in einer bestimmten Form. Nun gehe ich nicht so weit, zu sagen: Die immateriellen Gesetze, in diesem Fall die "Naturgesetze", begriffsgymnastich rundherum der Entropie wirken auf die Materie, so dass diese sich in eine andere Form bringt. Wäre das nicht auch fabuliert?
Nun ist bekannt, dass die molekular-atomarer Ebene weder Temperatur noch Entropie kennt, so dass dort andere "Naturgesetze" begriffsgymnastisch gedacht werden müssen. Dann müsste der Geist das auch wissen, und an der richtigen Stelle eingreifen, an der molekular-atomaren Ebene, oder eben der ohne Vergrößerungsgerät. Die "Gesetze" zu Entropie bräuchte er dort gar nicht zu kennen.
Hier im Forum gibt es Spezialisten, die sich besser noch in subatomaren Ebenen auskennen. Dort müssten wiederum andere "Naturgesetze" wirken. Obwohl die subatomaren Gesetze in die atomaren übersetzt werden können. Wenn die Kenner schreiben, lese ich staunend und enthalte mich des Kommentars. Gemäß Karl kämen die drei von ihm angegebenen Sachen wohl auf jeder Ebene zum Tragen, er müsste sie schließlich auch jeweils bedenken. Ich nicht. Wohlan, wenn er es kann. Mir jedoch ist das eindeutig zu viel des Guten. Ach ja, die Psyche habe ich nun im Eifer ganz vergessen, den Geist, die Seele, das erste Prinzip.
JH
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