Der Artikel liest sich wie eine Klage über den Verlust des Paradieses der Unmündigkeit oder Kindheit, in dem man nur Erwartungen entsprechen musste, die von aussen an einen herangetragen wurden bis man sie vielleicht in sein Innenleben integrierte statt sein eigener Gesetzgeber zu sein. Eigentlich ist man das ja ob man will oder nicht seit der Vertreibung aus dem Paradies, in das man bekanntlich nicht zurück kann. Oder unmetaphorisch ausgedrückt: seit man denken kann, muss man es auch und kann nicht so tun, als wäre man dazu nicht in der Lage, falls man nicht von den Umständen so in Atem gehalten wird, dass man nicht dazu kommt. Verirren kann man sich dabei auch. Man kann sich z.B. alles durchgehen lassen. Es kann eben auch schief gehen. Andererseits: hat man nicht eine höhere Stufe erreicht, wenn man nicht nur tut, was von einem erwartet wird, sondern was man für richtig hält? Möchte man lieber eine Marionette sein? Möchte man lieber Männchen machen, weil man dann gelobt wird? Möchte man lieber jemand anderem gehören, der angeblich höhere Einsichten hat als sich selbst?
Es sieht ja nicht so aus als ob diejenigen alten Griechen, die die Möglichkeiten zum Nachdenken und Erfinden hatten, es lieber gelassen haben. Dafür haben sie ein bisschen zu viel hinterlassen, das es vorher nicht gab. Schwer zu glauben, dass sie Rollenerwartungen ernst genommen hätten, die keine selbstgegebenen Gesetze waren.
Das muss und kann nicht jeder. Aber um Selbstbestimmung kommt man nicht herum, wenn für Selbsterhaltung gesorgt ist und sie kann auch darin bestehen, dass man andere über sich bestimmen lässt.
Pragmatisch betrachtet kommen manche Menschen vielleicht zumindest vorübergehend nicht ohne vorgegebene Strukturen aus, zu ihrem eigenen Besten und damit sie keinen Schaden anrichten (dünnes Eis, ich weiss). Aber das zur Liebe zu den Fesseln oder zum Gebieter (russische Variante) zu verklären, wäre doch ein Witz.
Claus
Am 13. Juli 2025 21:31:26 MESZ schrieb "Joseph Hipp über PhilWeb" <philweb@lists.philo.at>:
Zuerst hat IT mich zurück zum zitierten Artikel geführt, bravo. Dort habe ich dann den Text am dort zitierten Link gelesen. Hier ist er:
https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2025/07/trump-administration-supporters-good/683441/Der Autor zitiert wiederum einen Moralphilosophen und legt praktische Überlegungen dar.
Die dort vorgetragene Geschichtsbeschreibung seit den Griechen ist bemerkenswert, mitsamt den gemachten Vergleichen in Bezug auf Moral. Die Zeit, die für dieses Thema erforderlich wäre, übersteigt allerdings meine Möglichkeiten, dazu etwas beizutragen. Allein die Suche nach kausalen Zusammenhängen in der Geschichte oder in Personen ist überaus interessant.
CZ hat weitere Fragen aufgeworfen. All das übersteigt meine Fähigkeiten und ich frage wie der alte Mann: "Was kommt als Nächstes?"
JH
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